Magie
hoffe ich, dass er weiß, wie sehr ich ihn schätze. Er hob die Hand, um an die Tür zu klopfen, dann erstarrte er. Soll ich ihm sagen, was meiner Meinung nach zu Tessias spontanem Ausbruch von Magie geführt hat?
Nein, beschloss er. Ich kann mir nicht sicher sein, was sie und Takado getan haben. Ich bezweifle, dass es von Tessia ausgegangen ist oder dass es ihr auch nur willkommen gewesen wäre. Trotzdem sollte ich es Tessia überlassen zu entscheiden, wie viel irgendjemand über die Situation erfährt. Und ich könnte mich irren. Es ist durchaus möglich, wenn auch höchst unwahrscheinlich, dass sie den ersten Schritt getan hat.
Er klopfte, und nach kurzer Zeit wurde die Tür geöffnet. Tessias Mutter, Lasia, stand vor ihm. Sie hob eine kleine Lampe.
»Lord Dakon«, sagte sie. »Möchtet Ihr hereinkommen?«
»Ja, danke«, antwortete er. Er trat ein, blickte durch eine offene Tür auf der rechen Seite in eine gemütliche Küche mit frisch gespültem Geschirr auf dem Tisch. Die Tür gegenüber war geschlossen, aber von früheren Besuchen wusste er, dass dahinter Verans Arbeitszimmer lag. Berin hatte den Raum für denselben Zweck genutzt. Lasia klopfte an die Tür und rief
nach ihrem Mann. Aus dem Raum kam eine gedämpfte Antwort.
»Kommt doch ins Wohnzimmer, Lord Dakon«, drängte sie ihn und führte ihn zum Ende des kurzen Flurs.
Lasia öffnete eine weitere Tür und trat zurück, um ihn vorausgehen zu lassen. Er kam in einen kleinen, leicht modrig riechenden Raum, in dem mehrere alte Sessel standen, außerdem einige stabile Holztruhen und Tische. Lasia, die ihm gefolgt war, bot ihm einen Sessel an, dann entzündete sie eine weitere Lampe. Schritte im Flur kündigten Verans Erscheinen an.
»Ist Tessia hier?«, fragte er.
Lasia nickte. »Sie schläft. Ich habe vor dem Essen nach ihr gesehen, aber sie ist nicht aufgewacht. Sie ist offensichtlich sehr erschöpft.«
Dakon nickte. Soll ich sie bitten, sie zu wecken? Wenn ich es nicht tue, werde ich Tessia alles noch einmal erklären müssen. Aber wahrscheinlich brauchte sie den Schlaf nach all der Arbeit in der vergangenen Nacht und den Überraschungen des Tages.
»Tessia war heute im Herrenhaus«, begann Dakon.
»Ja. Dafür möchten wir uns entschuldigen«, unterbrach Lasia ihn. »Sie hätte auf ihren Vater warten sollen, aber wir haben geschlafen, und ich nehme an, sie dachte, sie tue Veran einen Gefallen. Manchmal denke ich, sie hat keine Ahnung von schicklichen Manieren oder schlimmer noch: Sie weiß es, zieht es aber vor...«
»Ich habe kein Problem damit, dass sie allein ins Herrenhaus kommt«, versicherte Dakon. »Das ist nicht der Grund, warum ich hier bin.«
Veran hatte während der Entschuldigung seiner Frau eine Hand auf ihren Arm gelegt. Jetzt sah er Dakon mit hochgezogenen Augenbrauen an.
»Geht es um den Sklaven? Hat sein Zustand sich verschlechtert?«
»Nein.« Dakon schüttelte den Kopf. »Er ist wach und hat es geschafft, ein wenig Suppe zu essen. Tessia meinte, seine Genesung mache gute Fortschritte.« Dakon hielt inne. »Es ist das,
was anschließend geschehen ist, worüber ich mit Euch reden muss.«
Die Eheleute tauschten einen Blick, dann sahen sie Dakon erwartungsvoll an.
»Als sie das Herrenhaus verlassen hat, wurde Tessia von meinem ehemaligen Gast... überrascht«, fuhr Dakon fort. »Von dem Sachakaner. Ich denke, er hat ihr Angst gemacht. Sie könnte daraufhin etwas ziemlich Außerordentliches getan haben, aber möglicherweise irre ich mich auch.«
Lasias Augen weiteten sich. Veran runzelte die Stirn. »Wovon sprecht Ihr?«
»Ich denke, sie hat Magie eingesetzt.«
Die beiden starrten ihn lange an, und als Veran die Bedeutung dieser Worte dämmerte, trat ein breites Grinsen in sein Gesicht. Lasia war bleich geworden, aber plötzlich stieg helle Röte in ihre Wangen, und ihre Augen leuchteten vor Aufregung. Mittlerweile hatte Veran sein Lächeln unterdrückt und war ernst geworden.
»Ihr seid Euch unsicher, nicht wahr?«, fragte er.
Dakon schüttelte den Kopf. »Nein. Es ist möglich, dass Takado den Anschein erwecken wollte, als habe sie Magie benutzt. Vielleicht sollte es ein eigenartiger Scherz sein. Aber...«
»Ich dachte, Ihr hättet das getan!« Alle zuckten vor Überraschung zusammen. Die Stimme, weiblich und voller Erstaunen, kam von der Tür des Raumes. Sie drehten sich um und sahen Tessia dort stehen. Das Mädchen starrte Lord Dakon an. »Dann war er es also?«
»Tessia!«, rief Lasia. »Benutze Lord Dakons Namen,
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