Magie
trug, legte sie eine Hand auf die nackte Haut seiner Brust. Einmal mehr schloss sie die Augen und sandte ihren Geist aus. Sie sah sofort, dass die Situation sich verschlimmert hatte. Sein Herz musste harte Arbeit leisten, und er hatte zunehmend Mühe zu atmen.
Zuerst sollte ich so viel von dem Gift wie nur möglich aus seinem Körper schaffen, dachte sie. Aber nicht durch die Kehle, da ihm das Atmen ohnehin schon schwerfällt. Ich will ihn nicht ersticken. Sie sandte Magie aus, schuf eine flexible, wie eine Schöpfkelle geformte Barriere rund um den Inhalt seines Magens und schob diesen sanft durch seine Gedärme, wobei sie unterwegs alle Überreste sammelte. Als sie die Substanz aus seinem Körper bewegte, konnte sie eine gewisse ironische Erheiterung nicht ganz unterdrücken. Dies wird nicht besonders gut riechen.
Jetzt zu dem Gift, das in die Kanäle und Pfade eingedrungen ist. Sie überprüfte diese Wege mit großer Sorgfalt. Das gesamte Blut war von Gift durchsetzt. Selbst wenn sie alles entfernen konnte, ohne ihn zu töten, wie sollte sie das bewerkstelligen? Dies war offenkundig nicht die richtige Vorgehensweise.
Bevor sie sich auf eine andere Methode besinnen konnte, geriet das Herz des Mannes ins Stocken. Erschrocken sammelte sie Magie und griff danach. Sie konzentrierte sich mit aller Macht und begann zuzudrücken in einem Rhythmus, der für einen gesunden Körper in etwa richtig gewesen wäre.
Dann wurde ihr bewusst, dass auch seine Lungen zu arbeiten aufgehört hatten; sie hatten anscheinend jede Bewegung eingestellt. Sie griff nach weiterer Magie und zwang die Lungen sanft, sich auszudehnen, bevor sie ihnen erlaubte, sich wieder zu entspannen. Es kostete sie ihre ganze Konzentration, die Arbeit dieser beiden Organe aufrechtzuerhalten.
Ich kann nicht bis in alle Ewigkeit so weitermachen, dachte sie. Ich muss mir etwas anderes ausdenken.
Aber als es ihr gelang, wieder ein wenig Aufmerksamkeit für die unteren Systeme zu erübrigen, stellte sie fest, dass sie das Wirken einer vertrauten Energie spüren konnte. Magie
floss. Magie, die nicht ihre eigene war, sondern verankert im Körper des Magiers. Magie, die gegen die Wirkung des Giftes anarbeitete. Magie, die sich auf die Leber und die Nieren konzentrierte und half, das Blut zu reinigen und das Gift fortzuspülen.
Und sie begriff, dass es die ganze Zeit über funktioniert hatte. Es hatte nur nicht ausreichend schnell funktioniert, um gegen etwas so Machtvolles wie das Gift bestehen zu können. Jetzt, da sie das Herz und die Lungen unterstützte, gab sie dem Körper die Zeit, die er brauchte.
Ich brauche nur noch herauszufinden, wie man diesen natürlichen Strom der Magie unterstützen kann ...
Aber noch während sie darüber nachdachte, stellte sie fest, dass das nicht notwendig war. Das Herz des Magiers gewann seine Stärke zurück und lehnte sich plötzlich gegen ihre Magie auf, daher ließ sie es allein weiterpumpen. Die Lungen taten schon bald das Gleiche.
Ich habe ihn gerettet, dachte sie, und eine Woge der Erleichterung und des Triumphs schlug über ihr zusammen. Dank seiner eigenen Fähigkeit, sich mit Magie selbst zu heilen. Was bedeutete, dass sie niemals einen Nichtmagier vor diesem Gift würde retten können.
Sie zog sich aus dem Körper des Magiers zurück und öffnete die Augen. Der Mann schlief jetzt, und seine Atmung war tief und gleichmäßig.
»Ich denke, es wird ihm bald wieder gut gehen«, sagte sie.
»Ah!« Der König trat neben sie. »Seid Ihr Euch sicher? Wird er sich erholen?«
»Ja. Zumindest soweit ich es beurteilen kann«, fügte sie hinzu.
Der König nickte und klopfte ihr auf die Schulter. »Ihr seid eine bemerkenswerte junge Frau, Meisterschülerin Tessia. Wenn wir nach Imardin zurückkehren, müsst Ihr andere Eure Methoden lehren.«
Sie lächelte. »Ich bin noch nicht ganz fertig. Da ist noch ein...« Aber als sie sich zu dem anderen kranken Magier umdrehte, schwand ihre Hoffnung. Sein Gesicht war totenbleich,
und seine Lippen waren blau. Dakon stand neben ihm. Dann bemerkte sie den Schnitt auf dem Arm des Toten und die Klinge in Dakons Hand, und ihr Herz krampfte sich zusammen. Dakon hatte doch gewiss nicht...?
Die Erkenntnis dämmerte ihr, sobald ihr wieder einfiel, was Dakon sie zu Anfang ihrer Ausbildung gelehrt hatte. Wenn der Magier gestorben und die Magie noch in seinem Körper eingeschlossen gewesen wäre, hätte sie sich mit zerstörerischer Gewalt Bahn gebrochen. Sie, der König und der Mann, den sie
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