Magierdämmerung 01. Für die Krone - Perplies, B: Magierdämmerung 01 Krone
Unwillen über ihr ungebetenes Auftauchen und die Neugierde, den Grund dafür zu erfahren, stritten unübersehbar um die Vorherrschaft in seinem Inneren. »Ich muss fort«, brummte er schließlich. »Verreisen.«
»Hat es nicht noch eine Stunde Zeit?«, fragte Kendra.
Giles blickte auf den Schlüssel, der in seiner Hand ruhte. »Ich weiß es nicht. Möglicherweise nicht«, gestand er, und es lagen eine Unruhe und eine Sorge in seiner Stimme, die Kendra aufhorchen ließen.
»Hat es mit dem Vorfall von gestern zu tun?«, fragte sie.
»Welchem Vorfall? Deinem Versuch, dich im See zu ertränken?«
»Nein. Dem Grund, weswegen du wirklich zum Waldsee gekommen bist. Dem Ausbruch der Magie.«
Es war ein Schuss ins Blaue, aber keiner, über den Kendra nicht während der letzten Nacht bereits ausführlich nachgedacht hätte. Am Ufer des Sees war ihr Geist noch zu sehr von den Ereignissen abgelenkt gewesen, um die feinen Zeichen zu erkennen. Aber als sie das Erlebte vor ihrem geistigen Auge noch einmal hatte Revue passieren lassen, waren ihr einige Kleinigkeiten aufgefallen, die den Schluss zuließen, dass sie nicht die Einzige war, die etwas über das Wirken der Magie im Glen Coe wusste.
Nicht nur hatte ihr Großvater sehr rasch erkannt, was es mit ihren magischen Utensilien auf sich hatte, er hatte sie auch aus dem Wasser gezogen, obwohl sie, wenn sie sich recht erinnerte, mehr als ein Dutzend Schritte vom Ufer des Sees entfernt gewesen sein musste! Darüber hinaus erinnerten einige der Gesten, die er in der Nacht ihr gegenüber ausgeführt hatte, an ihre eigenen Manipulationen magischer Ströme. Und zu guter Letzt war Giles McKellen der Vater von Kendras Mutter gewesen, und von irgendwoher musste diese schließlich den Anreiz bekommen haben, das Buch zu schreiben, das sich jetzt in Kendras Besitz befand. All das zusammengenommen besaß sie zwar noch immer keine hieb- und stichfesten Beweise für ihre Vermutung, aber sie war sich ziemlich sicher, dass ihr Großvater mehr wusste, als er zugab.
Giles schien hinsichtlich seiner Enkelin ähnlicher Ansicht zu sein, denn er musterte sie eindringlich. »Was weißt du darüber?«, fragte er.
»Wohin musst du verreisen?«, antwortete sie ihm mit einer Gegenfrage.
»Ich glaube, das weißt du«, sagte er mit leichtem Missmut.
Kendra runzelte die Stirn, doch dann nickte sie verstehend. »Dunholm … London.«
Ihr Großvater neigte den Kopf, sagte aber nichts.
»Nimm mich mit«, bat Kendra.
»Nein.«
»Warum nicht?«
»Es ist zu gefährlich. Das alles hier … ist zu gefährlich für dich. Hör auf damit. Geh zum alten Callum zurück und vergiss, was gestern geschehen ist. Besser noch: Such dir irgendeinen jungen Mann in einer der umliegenden Siedlungen und hör auf …« Er brach ab.
»Womit soll ich aufhören?«, hakte Kendra in herausforderndem Ton nach.
»Nichts«, brummte er. Deiner Mutter nachzueifern , dachte er.
Kendra zuckte ganz leicht zusammen, als sie den Gedanken empfing, aber sie versuchte, es zu überspielen, indem sie von einem Bein auf das andere trat und eine trotzige Miene aufsetzte. Sie wollte nicht, dass ihr Großvater merkte, dass sie wieder seine innere Stimme in ihrem Kopf gehört hatte. »Ich gehe nicht nach A’Charnaich zurück, und ich suche mir auch keinen Mann!«, widersprach sie mit blitzenden Augen. »Mein Leben hier ist vorbei. Ich gehe fort, und du kannst mich nicht umstimmen. Ich würde lieber mit dir nach London reisen, aber ich gehe auch alleine nach Glasgow oder Edinburgh, wenn du mich abweist.«
Das Gesicht ihres Großvaters verdüsterte sich, und es sah aus, als würde er am liebsten wütend lospoltern. Sie musste die Worte nicht in ihrem Kopf hören, um zu wissen, was er in diesem Augenblick dachte: Leichtfertiges, dummes, eigensinniges Mädchen!
Eine Weile blickten sie sich stumm an. Schließlich knurrte Giles: »Du magst Callum auf der Nase herumgetanzt haben und diesen Dörflern unten am Loch Leven. Aber wenn du dich mir anschließt, wirst du tun, was ich dir sage, hast du mich verstanden?«
Kendras Miene hellte sich auf, und sie musste an sich halten, um nicht vor Erleichterung und Freude laut zu jauchzen. »Ja, Großvater«, sagte sie, und ein breites Grinsen trat auf ihre Züge.
»Das meine ich ernst«, warnte Giles mit erhobenem Zeigefinger. »Du bist da in eine Sache hineingeraten, die viel größer und gefährlicher ist, als du es dir auszumalen vermagst. Ich muss mich auf dich verlassen können, sonst mag es mit uns
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