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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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senkrechten Wand des Turms zurücklegen musste, und auch wenn Lionida nicht zum ersten Mal an einer Hausfassade hing, war es ihr lieber, keine sechzig Meter oder mehr am Stück zurücklegen zu müssen.
    Unter Zuhilfenahme mehrerer Fadenbündel seilte die Magieragentin sich auf das von Türmchen und floralem Zierrat reich geschmückte Dach des Westminster-Palastes ab. Dort angekommen suchte sie sich eine geschützte Wandstelle zwischen den hohen gotischen Fenstern und überwand auch noch die letzten Meter bis zum Erdboden.
    Unten sank sie erschöpft und erleichtert gegen die helle Kalksteinfassade. Dort verharrte sie einige Minuten, bis sich ihr hämmernder Herzschlag wieder beruhigt hatte. Schließlich stieß sie sich von der Mauer ab, huschte hinter ein Gebüsch, ließ ihre Tarnung fallen, und kurz darauf spazierte sie – eine hübsche dunkelhaarige Frau in einem hochgeschlossenen grauschwarzen Kostüm – die Bridge Street hinab, und keiner der Vorbeilaufenden ahnte, dass eine soeben vom Himmel Gefallene unter ihnen weilte.
    23. April 1897, 19:30 Uhr GMT
England, London, Soho Street
    Elisabeth Holbrook saß gefesselt auf einem Sessel mit Löwenfüßen und fürchtete sich.
    Ihr Tag hatte so schön begonnen. Sie hatte sich mit Sarah getroffen, und die beiden hatten einen Spaziergang durch Kensington Gardens unternommen, um anschließend gemeinsam zu Mittag zu essen. Sie hatten über Männer gesprochen und die Sorgen, die man mit ihnen hatte. So hatte Sarah erzählt, dass ihr Vater sie am nächsten Wochenende auf einem Ball mit einem jungen Earl aus East Sussex bekannt machen wolle und sie nun nicht wisse, ob sie sich darauf freuen dürfe, da sie doch Mister Pennington auch gern habe. Elisabeth hatte ihrer Freundin daraufhin gebeichtet, dass sie ebenfalls zwischen zwei Männern stehe, die sie allerdings im Gegensatz zu Sarahs Verehrern beide gerade unglücklich machten. Trotz des ernsten Themas hatten die beiden Frauen viel gelacht und waren am Ende zu dem Schluss gekommen, dass es überhaupt noch viel zu früh sei, über Dinge wie eine Vermählung nachzudenken.
    Als Elisabeth nach Hause zurückgekehrt war, hatte der Albtraum begonnen. Sie hatte gerade an ihrem Schreibpult gesessen und darüber nachgedacht, ob sie Jonathan einen zweiten Brief schreiben sollte, da er ihre erste Antwort auf sein Entschuldigungsschreiben wohl entweder nicht erhalten oder aus verletzten Gefühlen fortgeworfen hatte, als plötzlich ein maskierter Mann wie aus dem Nichts in ihrem Zimmer aufgetaucht war. Bevor sie auch nur hatte schreien können, hatte er ihr ein feuchtes, süßlich riechendes Tuch vor den Mund gehalten, und gleich darauf war sie ohnmächtig geworden.
    Als sie an besagten Sessel gefesselt aufgewacht war, hatte sie sich in diesem Sündenpfuhl von einer Wohnung wiedergefunden. In der Mitte des Zimmers, in dem sie gefangen gehalten wurde, standen drei mit Samt bezogene Diwane um einen Tisch mit einer Wasserpfeife herum. Illustrationen spärlich bekleideter Damen, deren schierer Anblick Elisabeth die Schamesröte ins Gesicht trieben, hingen in Gold gerahmt an den Wänden, so als handele es sich um wertvolle Gemälde. Und auf einer Kommode grinste sie eine Fruchtbarkeitsstatue an, die afrikanischen Ursprungs sein musste und deren unmöglich üppiger Körper eine Beleidigung für das Auge jeder züchtigen Dame darstellte. Schwere rote Brokatgardinen vor den Fenstern hielten diese stummen Zeugnisse eines lasterhaften Lebens vor den neugierigen Blicken der Nachbarn fern.
    Eine Gruppe von Männern befand sich mit ihr im Raum, wobei zwei von ihnen ihr bereits begehrliche Blicke zugeworfen hatten. Einer hatte sogar versucht, sich ihr unsittlich zu nähern, aber er war von einem gepflegt wirkenden Mann mit strengem Gesicht und durchdringendem Blick, der in steifer, sein Missfallen über diese Lage ziemlich deutlich zum Ausdruck bringender Haltung auf einem der Diwane saß, barsch zurückgerufen und getadelt worden. »Verzeihen Sie Mister Whitbys schlechtes Benehmen, meine Dame«, hatte er sich anschließend entschuldigt. »Wir sind keine Barbaren, auch wenn die Umstände Ihnen ein anderes Gefühl geben möchten. Aber verzagen Sie nicht: Ihr Aufenthalt in unserer Obhut wird nur von kurzer Dauer sein. Sie werden schon sehen. Bald können Sie wieder nach Hause.« Diese Worte hatten Elisabeth zumindest ein wenig Mut gemacht. Sie betete, dass der Mann, der offenkundig der Anführer der Gruppe war, seine Gefolgsleute auch weiterhin so gut im

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