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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Mannes.
    Achselzuckend ging Jonathan ihm nach, Kendra folgte und Robert bildete den Abschluss.
    Vom Eingang her drang ein klägliches Quäken an seine Ohren. Jonathan hielt inne und verdrehte die Augen. »Rupert! Entschuldigt mich kurz.« Er drängte sich an Kendra und seinem Freund vorbei, und schon sah er den Minialligator, der am oberen Ende der Steinstufen saß, obwohl er ihn eigentlich bei Nevermore in der Kutsche zurückgelassen hatte. »Du kannst nicht mitkommen. Das ist zu gefährlich.« Noch während er die Worte aussprach, merkte er, wie lahm sie klangen. Er hatte keine Ahnung, ob dort unten wirklich Gefahr drohte. Tatsache war, dass er den Minialligator nicht hatte mitnehmen wollen. Ein Anflug von schlechtem Gewissen meldete sich in ihm. »Ach, verdammt, komm her!«, lud er die Echse ein, auf seinen Arm zu klettern.
    »Alles in Ordnung?«, erkundigte Robert sich mit einem vielsagenden Grinsen, als Jonathan zu den beiden zurückkehrte.
    »Er hat sogar seine Tasche mitgebracht«, knurrte Jonathan und hielt zum Beweis die Umhängetasche hoch, die der Minialligator apportiert hatte, als sei er ein Hund. Das Glucksen seines Freundes im Ohr, nahm Jonathan den Abstieg in die Tiefe wieder auf.
    McKellen sollte recht behalten. Es dauerte nicht lange, da wurde es vor ihnen plötzlich heller. Es war ein seltsam vielfarbiges Licht, wie von einem facettierten Kristall, der gegen die Sonne gehalten und dabei hin und her gedreht wurde.
    Mit einem Mal endeten die Stufen, und sie erreichten eine Höhle, die ein gutes Dutzend Schritt durchmaß und von kunstvoller Hand so behauen worden war, dass sie einen antiken Tempel nachbildete. Dicke Säulen zogen sich vom Boden bis zur gewölbten Decke, die sich ungefähr zehn Schritt über ihnen spannte. In der Mitte des Raumes lag eine große kreisrunde Steinplatte, in die jemand eine Art Pentagramm, umgeben von allerlei magischen Symbolen, gemeißelt hatte.
    All das nahmen Jonathan, Robert und Kendra jedoch nur beiläufig wahr, denn all ihre Aufmerksamkeit wurde von dem unfassbaren Ausblick eingenommen, der sich ihnen jenseits der Säulen bot. Der unterirdische Ritualplatz war auf drei von vier Seiten offen, und jenseits des beruhigend festen Gesteins tobte das Chaos.
    Es schien keinen Himmel und keine Erde zu geben, kein Oben und kein Unten, nur einen endlosen Abgrund, der sich in alle Richtungen erstreckte. Wolkenmassive von unvorstellbarer Ausdehnung füllten die Leere. Ein diffus bläuliches, rötliches und gelbliches Licht drang aus ihren Tiefen, als verhüllten sie dampfende Sonnen. Dabei waren sie in ständiger Bewegung begriffen, türmten sich in einer Geschwindigkeit, als habe die Zeit an diesem Ort keine Bedeutung, zu riesigen Gebirgen auf und fielen wieder in sich zusammen, während sie, von unsichtbaren und allem Anschein nach gegenläufigen Winden getrieben, in weitläufigen Dunstbänken dahinzogen. Meilenlange, vielfarbige Blitze zuckten mit metallischem Krachen und Klirren zwischen den Wolkenformationen umher, und ein ferner Donner erschütterte die ganze Sphäre wie der Widerhall einstürzender Himmelsgewölbe.
    »Mein Gott«, murmelte Jonathan und legte erschüttert die Hand an den Mund. »Ist es das, was ich denke?«
    »Ja«, sagte McKellen, der seinen Koffer neben dem Steinkreis abgestellt hatte und mit geistesabwesendem Nicken in das Toben der Elemente blickte. »Das ist die Sphäre der Magie. Und wenn ich Ihnen einen Rat geben darf: Wechseln Sie nicht in die Wahrsicht, während Sie in dieses Schauspiel blicken. Es könnte sie überwältigen.«
    »Aber wie können wir hier stehen, ohne von der Magie verschlungen zu werden?«, fragte Jonathan, während er mit unsicheren Schritten an die Seite des alten Magiers trat. »Was ist das für ein Ort?«
    »Das hier ist die einzige beständige Magiespalte Englands«, verkündete Kendras Großvater. »Und wir können nur deshalb hier stehen, weil kundige Fadenmagier vor langer Zeit ein Schutznetz um diesen Ritualplatz gewoben haben, das ihn vor direkten Magieschlägen schützt. Gelegentlich muss man das Netz erneuern …« Er trat an eine der Säulen, aus der ein Stück Stein herausgesprengt worden war und an der eine ölig schillernde Flüssigkeit hinunterlief. »… aber solange es existiert, besteht keine wirkliche Gefahr. Außer der einen, an den Säulen vorbeizutreten und ins Nichts zu fallen.« Er hob den herausgeschlagenen Stein vom Boden auf, wog ihn kurz in der Hand und schleuderte ihn dann nach draußen.

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