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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Körperkraft. Hyde-White war schon immer stark, seine Begabung als Magier aber eher mäßig. Das hat sich auch jetzt nicht geändert. Ihn zu täuschen, war ein Kinderspiel.« Er machte eine wegwerfende Geste, doch dann verblasste sein Lächeln. »Nichtsdestoweniger ist die Gefahr nicht gebannt, sondern nur aufgeschoben. Er wird sicher wiederkommen. Und dann sollten wir besser nicht mehr da sein.« Sein Blick wanderte zur Tür ihres Gefängnisses. »Also auf ein Neues …«
    21. April 1897, 23:05 Uhr GMT
England, London, Nightingale Lane
    An den St. Katharine Docks, der westlichsten der entlang der Themse bestehenden Hafenanlagen, die gemeinhin einfach als Dockland bezeichnet wurden, herrschte vormitternächtliche Ruhe. Die Mannschaften der Frachtschiffe, die mit Gewürzen, Kaffee, Portwein und Wolle an Bord um den halben Erdball gefahren waren, lagen unter Deck in ihren Kojen. Und die Hafenarbeiter, die tagein, tagaus damit beschäftigt waren, die Ladungen zu löschen und die Güter in den die Docks umgebenden Warenlagern unterzubringen, schliefen in ihren engen Wohnungen nördlich der St. George Street. Dichter Nebel hing über dem Wasser, füllte die leeren Straßen und Hinterhöfe, und außer dem leisen Knarren der Schiffwanten war nichts zu hören. Die Gegend wirkte wie ausgestorben.
    Niemand sah die schwarze Kutsche, die, von zwei Pferden gezogen, in die Nightingale Street zwischen den St. Katharine Docks und den London Docks einbog und langsam an den dunklen Lagerhallen vorbeifuhr. Schwarze Vorhänge verwehrten den Blick ins Innere, und ein wahrer Riese von einem Kutscher saß, gekleidet in einen unpassend wirkenden zweireihigen Gehrock, auf dem Kutschbock. Auf seinem kahlen Schädel thronte ein dunkler Zylinder, und wäre jemand in der Straße unterwegs gewesen, der dem Gefährt einen neugierigen Blick hätte zuwerfen können, hätte ihn die finstere Miene des Hünen rasch davon überzeugt, sich lieber um seine eigenen Angelegenheiten zu kümmern.
    Unter leisem Rattern und Klappern rollte die Kutsche in eine schmale Gasse zwischen zwei Lagerhallen aus rotbraunen Ziegelsteinen. Vor einem hölzernen Tor hielt sie an, und die Kabinentür wurde geöffnet. »Da wären wir«, sagte Randolph, während er ausstieg. Der ehemalige Kutscher Albert Dunholms zog seine Schiebermütze zurecht, unter der sich die kurzen Hörner seiner vor den Blicken Normalsterblicher sorgsam verborgenen Satyrgestalt verbargen.
    Hinter ihm kletterte Sedgewick mit unterdrücktem Ächzen aus der Kutsche. Fröstelnd zog er die Schultern hoch und sah sich unbehaglich um. »Wohin haben Sie uns bloß geführt, Mister Brown?«
    »In die Docklands«, erwiderte dieser. »Wir befinden uns knapp eine halbe Meile östlich des Towers.«
    »Ich war noch nie hier«, bekannte der schmächtige Magispector. »Wie kommen Sie ausgerechnet auf diesen Ort als Versteck?«
    »Genau deshalb: Für gewöhnlich verirren sich Magier nicht an diesen Ort«, sagte Randolph, während er sich an dem Schloss des Tors zu schaffen machte. »Außerdem habe ich früher hier gearbeitet. Vor meiner Zeit beim Orden. Mit einigen der Hafenarbeiter trinke ich noch immer gelegentlich das eine oder andere Ale. Daher weiß ich, dass zwischen diesen Hallen mitten in der Nacht nicht nur keine Magier, sondern auch sonst keine Menschenseele unterwegs ist. Und …« Ächzend öffnete er das Tor und forderte Grigori auf dem Kutschbock mit einem Wink auf, er solle in die Halle fahren. »… ich weiß, dass dieses Lager schon seit einigen Monaten nicht mehr genutzt wird, weil das Dach undicht ist und erst einmal repariert werden muss. Leider fehlte dazu bislang das Geld. Glück für uns. Wenn wir nicht gerade mit leeren Holzkisten um uns werfen, sollte niemand mitbekommen, dass wir uns dort verstecken.« Er folgte der Kutsche ins Innere, und Sedgewick schloss sich ihm an.
    Von mehreren herumliegenden Fässern und einigen im Raum verteilten Kistenstapeln mit kaum noch lesbaren Schriftzügen abgesehen war die Lagerhalle leer. Die nackten Ziegelsteinwände hatten schmale Fenster, die blind vor Schmutz waren, und in dem sich hoch über ihren Köpfen erstreckenden Schindeldach klafften mehrere Löcher, durch die Wasser herabtropfte. Der Anblick war trostlos, die Luft unangenehm kalt, aber als Versteck für eine Kutsche samt Insassen ließ sich wohl kaum ein besser geeigneter Ort in London finden.
    Nachdem sie das Tor wieder geschlossen und magisch verriegelt hatten, damit nicht irgendein Bettler oder

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