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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Augen, die Kendra prüfend entgegenblickten. Überraschenderweise verzogen sich seine schmalen Lippen nach einem Moment zu einem schmalen Lächeln.
    »Guten Abend, Miss McKellen«, sagte er, kam auf sie zu und ergriff ihre Hand. In Erwartung irgendeiner Teufelei zog sich Kendras Magen zusammen, aber Wellington deutete nur einen Handkuss an, der in diesem Augenblick befremdlicher nicht hätte wirken können, bevor er sie wieder losließ. »Ich freue mich, Sie kennenzulernen. Möchten Sie etwas trinken? Einen Brandy vielleicht?« Er schlenderte zu einem kostbar wirkenden Globus in der gegenüberliegenden Ecke des Raumes, öffnete ihn und deutete auf einige Flaschen mit klarer bis goldbrauner Flüssigkeit, die sich zusammen mit ein paar Gläsern darin verbargen.
    »Nein, danke«, sagte Kendra unsicher. Alkohol war wirklich das Letzte, was sie in ihrem gegenwärtigen Zustand zu sich nehmen wollte. Abgesehen davon hatte sie auch nicht vor, sich der Illusion hinzugeben, sie wäre ein geschätzter Gast Wellingtons. Sie war eine Gefangene – und welches Spiel er trieb, würde sich schon bald genug zeigen. »Was wollen Sie von mir?«, fragte sie.
    »Ah, eine Frau, die gerne zur Sache kommt«, bemerkte Wellington. Er hob entschuldigend die Hand. »Einen Augenblick noch. Ich muss kurz mit Mister Carlyle sprechen, dann gehört meine ganze Aufmerksamkeit Ihnen.« Er wandte sich Kendras Begleiter zu, machte eine beiläufige Geste mit der Linken, und mit einem Mal war seine Stimme nicht mehr zu hören, obwohl er offensichtlich weiterhin sprach.
    Ein Schutzzauber , dachte Kendra. Nicht schlecht. Ihr Großvater beherrschte ähnliche Tricks, die dadurch funktionierten, dass man die eigenen Fäden auf ein bestimmtes Ziel lenkte, statt ihnen eine freie Ausbreitung im Raum zu erlauben.
    Während Wellington Carlyle irgendwelche Anweisungen gab, die dieser mit einem Nicken bestätigte, nahm Kendra den Raum in Augenschein. Er wirkte wie das Arbeitszimmer eines Aristokraten. Holzvertäfelte Wände, ein Regal mit dicken Büchern und ein großer Schreibtisch verliehen ihm einen Hauch von Alter und Schwere. Der wenige Zierrat – neben dem Globus eine an der Wand hängende Maske, die schamanischen Ursprungs zu sein schien, und die Steinbüste eines unbekannten Mannes, dessen von schütterem Haar bedecktes Haupt ein Lorbeerkranz schmückte – trug auch nicht unbedingt dazu bei, diesen Eindruck zu mindern. Alles wirkte penibel sauber und aufgeräumt. Selbst auf dem Schreibtisch fanden sich nicht mehr als einige sorgsam aufgereihte Schreibutensilien, wie Kendra enttäuscht feststellte. Sie hatte gehofft, einen Blick auf Wellingtons Pläne erhaschen zu können, aber so leicht schien sich der neue Erste Lordmagier nicht in die Karten blicken zu lassen.
    Neugierig trat Kendra auf das Bücherregal zu und ließ ihren Blick darübergleiten. Ihr fiel auf, dass nicht bloß Geschichtsbücher und Bände zur Magietheorie darin standen, sondern auch etliche Werke zur Anatomie und insbesondere der Gehirnforschung. Diese Vorliebe überraschte Kendra. Sie hätte Wellington im normalen Leben – und dass die meisten Magier ein normales Leben führten, war ihr durchaus bewusst – nicht für einen Arzt gehalten. Andererseits ließ sich das Wissen um den Menschen, wie letztendlich jedes Wissen, zum Guten wie zum Schlechten nutzen. Und als wahnsinnigen Wissenschaftler, der mit dem Leben selbst experimentierte, vermochte sich Kendra ihren hageren Kerkermeister nun wiederum höchst lebhaft vorzustellen.
    »Sehr schmeichelhaft«, sagte Wellington unvermittelt direkt neben ihrem Ohr.
    Kendra zuckte erschrocken zusammen. Sie hatte gar nicht bemerkt, dass er sein Gespräch mit Carlyle beendet hatte und zu ihr herübergekommen war. »Wie bitte?«, entfuhr es ihr, als sie sich zu ihm umwandte.
    »Ich finde es sehr schmeichelhaft, dass meine Büchersammlung Sie so interessiert«, sagte er lächelnd. »Ich bin sehr stolz darauf. Einige der Bände sind äußerst selten. Etwa dieser hier …« Er zog ein in dunkelrotes Leder gebundenes Buch hervor. »Die erste Auflage von Über die Auswirkungen der Magie auf den menschlichen Geist von Francis Sinclair. Es ist über fünfzig Jahre alt und gilt als ein Standardwerk der Magietheorie. Eine faszinierende Lektüre.« Der Lordmagier schob das Buch ins Regal zurück und holte ein anderes, schmaleres Werk hervor. »Dies hier ist ein besonderer Schatz.« Er hielt es Kendra hin.
    » Atlantis – Mythos und Wahrheit von Professor Petas

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