Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
Vom Netzwerk:
entschlossen, als habe sie die letzten zwei Stunden intensiv über irgendetwas nachgedacht.
    »Wie meinen Sie das?«, fragte er. »Holmes, Cutler und die anderen sind doch bereits dabei, unsere Flucht zu ermöglichen.«
    »Ich spreche nicht von uns allen.« McKellens Enkelin hob den Kopf. Die dunklen Ringe unter ihren Augen verliehen ihrem hellhäutigen, von den roten Locken umgebenen Gesicht etwas leichenhaft Blasses, aber ihre Miene war die einer Frau, die für sich eine Entscheidung getroffen hatte und nun beabsichtigte, diese unbeirrt umzusetzen. »Ich spreche von uns beiden.«
    Jonathan hob neugierig die Augenbrauen. »Ich kann meine Frage von eben nur wiederholen.«
    »In der Ratshalle sagten Sie, dass Sie erst vor Kurzem mit der Magie in Berührung gekommen seien.«
    »Das stimmt. Genau genommen vor drei Tagen in der Gasse, in der ich Lordmagier Dunholm fand«, bestätigte Jonathan.
    »Sie sind also kein richtiger Magier.«
    »Ich bin weit davon entfernt, um ehrlich zu sein. Laut Mister Holmes wird die Magie in mir zwar immer stärker, aber ich beherrsche kaum die grundlegendsten Techniken. Selbst die Wahrsicht verschließt sich mir in den meisten Fällen noch.«
    »Genauso geht es mir auch«, sagte Kendra und sah ihn eindringlich an.
    »Tatsächlich?«, fragte Jonathan erstaunt. Er war irgendwie davon ausgegangen, dass Kendra mindestens über die gleichen Kräfte verfügte wie beispielsweise Cutler. Schließlich kannte ihr Großvater den ehemaligen Ersten Lordmagier Albert Dunholm – was, wie ihm jetzt aufging, genau genommen gar nichts bewies. »Sie haben auch erst kürzlich zur Magie gefunden?«, hakte er nach.
    »Nein. Ich habe meine Kräfte schon vor ungefähr eineinhalb Jahren entdeckt. Aber ich habe nie wirklich mehr getan, als mich in der Wahrsicht am Fadenwerk zu berauschen. Erst seit einigen Tagen erforsche und entwickle ich meine Gaben wirklich. Mein Großvater wollte mir dabei helfen, aber …« Sie stockte. »Nun, wer weiß, wann ich ihn wiedersehe.«
    Jonathan schenkte ihr einen mitfühlenden Blick. »Ich bin sicher, Holmes und die anderen geben ihr Bestes, um uns hier herauszubringen.«
    »Eben das ärgert mich«, sagte Kendra eindringlich. »Sie geben ihr Bestes. Wir können bloß herumsitzen und zuschauen, weil uns das Talent fehlt, mehr zu tun. Das muss sich ändern. Ich will nicht länger so hilflos sein!«
    Es muss etwas mit Wellington zu tun haben , durchzuckte es Jonathan. Der Magier hatte sie gedemütigt und dadurch ihren Zorn geweckt. Dieser Zorn mochte ihr ein kraftvoller Ansporn sein – aber er war auch gefährlich, denn er mochte sie dazu verleiten, ihr Leben durch irgendeine Dummheit in Gefahr zu bringen.
    »Ich stimme Ihnen zu«, sagte er dennoch. »Wir sollten an unseren Kräften arbeiten, und zwar so schnell es geht. Wer weiß, wie sich dieser Konflikt entwickelt. Vielleicht werden wir nicht immer Männer wie Holmes oder Drummond an unserer Seite haben, die uns schützen können. Was schlagen Sie vor? Sollen wir Blackwood oder diese Anwälte um Unterweisung bitten?«
    »Nein«, widersprach Kendra. »Je weniger Menschen wissen, was wir vermögen und was nicht, desto besser. Wir helfen uns gegenseitig.«
    Jonathan kam Dunholms Warnung in den Sinn. Vertraue niemandem … niemandem … nur Randolph … Cutler … Holmes … Vielleicht hatte Kendra wirklich recht. Jeder Magier, den er um Hilfe bat, würde zwangsläufig erfahren, dass Jonathan Dunholms Ring trug, ein Umstand den Holmes, Cutler und er bislang wohlweislich geheim gehalten hatten. Selbst wenn sich kein Verräter unter ihnen befand, war nie auszuschließen, dass Hyde-White mit seinen brutalen Befragungsmethoden mögliche Mitwisser zu brechen vermochte. »Also gut. Ich weiß zwar nicht, ob in diesem Fall zwei Einäugige einen Sehenden ersetzen, aber wir können es zumindest versuchen. Schließlich haben wir im Augenblick wahrhaft nichts Besseres zu tun.«
    Zum ersten Mal seit Stunden sah er Kendra wieder lächeln, und ein unüberhörbarer Tatendrang war in ihrer Stimme vernehmbar. »Womit sollen wir anfangen?«
    Jonathan erwiderte das Lächeln und richtete sich auf. »Helfen Sie mir mit diesem Wechseln in die Wahrsicht. Danach schauen wir weiter.«
    »In Ordnung. Es ist im Grunde gar nicht so schwer. Passen Sie auf …«
    22. April 1897, 05:32 Uhr GMT
England, London, Nightingale Lane
    Nur mit äußerster Mühe gelang es Sedgewick, die Augen offen zu halten. Er hatte in dieser Nacht kaum vier Stunden Schlaf bekommen und

Weitere Kostenlose Bücher