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Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit

Titel: Magierdämmerung 02 - Gegen die Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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unerlaubte Eindringen in die Gedanken eines anderen Lebewesens galt unter Magieanwendern eigentlich als schlimme Verletzung der Privatsphäre. Aber Lionida wäre keine Agentin der vatikanischen Magieabwehr geworden, wenn sie nicht schon vor langer Zeit den Grundsatz verinnerlicht hätte, dass im Zweifelsfall der Zweck alle Mittel heiligt.
    Ihr Versuch, sich in Scarcatores Kopf einzuschleichen und so vielleicht herauszufinden, was er zu verbergen suchte, wurde allerdings jäh gestört, als irgendeine unsichtbare Kraft auf einmal ihre mentalen Spürfäden packte und ihr Bewusstsein wuchtig zu Boden schleuderte. Sofort brach die Verbindung zur Wahrsicht ab, und Lionida zuckte überrascht zusammen. Blinzelnd berührte sie ihre Schläfen, hinter denen sich ihr Kopfschmerz nun noch verschlimmert hatte.
    »Ist alles in Ordnung?«, fragte ihr Begleiter.
    »Wer oder was sind Sie?«, stellte Lionida eine Gegenfrage, statt zu antworten.
    Scarcatore musterte sie kurz und seufzte danach leise. »Sie haben versucht, mich zu überprüfen, nicht wahr?«
    »Wie kommen Sie darauf?«
    Er schüttelte den Kopf. »Sie brauchen es nicht zu leugnen. Ich kenne diesen Gesichtsausdruck von Ihresgleichen bereits zur Genüge. Und es ist schon in Ordnung. Vermutlich hätte ich es ebenfalls getan, wenn ich dazu imstande wäre.«
    »Also schön«, gab Lionida zu. »Ja, es stimmt. Ich wollte wissen, was Sie verbergen.«
    »Und Sie wurden gewaltsam davon abgehalten«, vermutete der Gelehrte.
    »So kann man es sagen.« Lionida nahm ihre Brille wieder ab und blickte ihm forschend in die Augen. »Wie haben Sie das gemacht? Sie sind kein Berührter, das hätte ich gesehen.«
    »Sie haben recht«, bestätigte Scarcatore leise. »Ich bin das genaue Gegenteil.« Er blickte zur auf den Gang hinausführenden Kabinentür, als befürchte er dort irgendwelche heimlichen Lauscher.
    »Warten Sie einen Augenblick«, sagte Lionida, wechselte trotz ihres brummenden Schädels erneut in die Wahrsicht und wob mit raschen Handbewegungen ein Fadennetz, das den Türbereich sicherte und jedes unerwünschte Zuhören unmöglich machen sollte. »Jetzt können Sie sprechen.«
    Der Gelehrte rieb sich nervös mit zwei Fingern über die rechte Augenbraue und räusperte sich. »Haben Sie schon einmal davon gehört, dass jemand ein Deflector ist?«
    Lionida machte eine verneinende Geste.
    »Nun, es gibt Menschen – nur sehr wenige, wie es scheint, aber es gibt sie –, die mit der eigentümlichen Gabe geboren werden, vollkommen immun gegen Magie zu sein. Ihr Körper kann weder von Magie gesättigt, noch durch sie in irgendeiner Art und Weise berührt werden. Dabei ist es vollkommen gleichgültig, wie stark die Einflüsse sind. Es ist, als befände er sich in einer Art Faraday’schem Käfig, nur dass in diesem Fall keine Blitze abgeleitet werden, sondern Magieströme und magisch gelenkte Fadenstränge.«
    »Wie ist das möglich?«, fragte Lionida erstaunt.
    Scarcatore hob die Schultern und senkte sie wieder. »Es existieren verschiedene Erklärungsversuche vonseiten der Magietheoretiker, doch keiner von ihnen ist vollkommen zufriedenstellend. Tatsache bleibt, dass ich diese Gabe besitze. Ich vermag jede Art von Magie abzuleiten, ohne dass sie mir etwas anhaben kann. Und nicht nur das. Wenn ich direkten Kontakt zu einem magisch gesättigten Körper habe, vermag ich sogar – genug Zeit vorausgesetzt –, die Magie aus diesem Körper abzuführen, ihn sozusagen zu entladen.«
    Lionida spürte, wie sich ihre Nackenhärchen aufstellten. »Gelingt Ihnen das auch bei Menschen?«
    Der verdrossene Blick ihres Begleiters bestätigte ihre Vermutung. »Sie können sich vorstellen, dass mir das nicht viele Freunde unter Magieanwendern einbringt, obwohl ich – so seltsam das klingen mag – im normalen Umgang vollkommen ungefährlich bin. Aus diesem Grund spreche ich auch nur sehr ungern über meine Gabe. Selbst innerhalb des Officiums weiß nur eine Handvoll Menschen davon.« Auf seine Miene trat ein Ausdruck der Unsicherheit. »Ich hoffe, es belastet unsere Zusammenarbeit nicht, dass ich mich Ihnen anvertraut habe.«
    Die Magieragentin schenkte ihm ein Lächeln, das hoffentlich nicht so gezwungen wirkte, wie es sich anfühlte. »Machen Sie sich keine Sorgen. Ich habe schon ganz andere Dinge erlebt.« Innerlich hingegen überschlugen sich ihre Gedanken. Scarcatores Gabe war fantastisch und grauenvoll zugleich. Sie verstand nun, warum Castafiori ihn ihr zur Seite gestellt hatte. Es gab kaum

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