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Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Magierdämmerung 03 - In den Abgrund

Titel: Magierdämmerung 03 - In den Abgrund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernd Perplies
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Sie wünschte sich, etwas medizinischen Alkohol und eine saubere Leinenbinde zu haben, aber Onkel Callums Hausapotheke war Hunderte von Meilen entfernt. Seufzend ließ sie die Hand sinken. Morgen früh würde sie ihren Gastgeber fragen, ob er Verbandszeug an Bord hatte.
    Kendras Blick wanderte zu der engen Koje. Irgendwie zog es sie noch immer nicht dorthin zurück. Vielleicht sollte ich ein bisschen Laudanum zu mir nehmen , überlegte sie. Dann fällt es mir sicher leichter, zur Ruhe zu kommen. Nach einem Moment des Nachdenkens schüttelte sie allerdings den Kopf. Ihren Geist zu betäuben würde ihr nicht weiterhelfen, sondern sie nur tiefer in der Schwermut versinken lassen. Etwas frische Luft mochte dagegen genau das Richtige sein, um den Kopf wieder klar zu bekommen.
    Ja, ich werde an Deck gehen , beschloss Kendra. Nur für ein paar Minuten. Vielleicht geht es mir dann besser. Sie zog ihre Jacke vollständig an, hängte sich auch das Cape über, schlug die Kapuze hoch und verließ ihre Kabine.
    Draußen an Deck war es unangenehm kühl. Dafür sorgte nicht nur die späte Stunde, sondern auch die frische Brise, die hier auf See herrschte. Ein Geruch von Meersalz und Seetang lag in der Luft, und zu Kendras Erstaunen war der Nebel, der das fliegende Schiff stundenlang umgeben hatte, verschwunden. Verblüfft stieg sie die drei hölzernen Stufen von der Tür des Achterhauses zum Deck hinauf und sah sich um. Wie erwartet war keine Menschenseele zu sehen. Still und verlassen lag das Vorderdeck da. Ruhig blähten sich die Segel im Wind; nur das leise Knarren der Taue und Wanten war zu hören. Und irgendwo zu ihren Füßen rauschten gleichmäßig die Wellen des Ozeans.
    Langsam trat Kendra an die brusthohe hölzerne Reling und blickte über Bord. Auch unter dem Schiff war der Nebel verschwunden. Doch der Himmel war in dieser Nacht bewölkt, und die wenigen Sterne, die durch Löcher in der Wolkendecke blinkten, spendeten nur spärliches Licht. Daher war es ihr nicht möglich zu sagen, wie hoch sie gegenwärtig flogen. Dem Klang der Wellen nach konnten es nicht mehr als ein paar Schritt sein, aber als Kendra die mitgebrachte Öllaterne über die Reling hielt, vermochte sie dennoch nichts zu sehen.
    In dieser Finsternis merkt kein Mensch, dass wir fliegen, selbst wenn wir zufällig den Weg eines Schiffes kreuzen sollten , erkannte sie. Das dürfte der Grund dafür sein, warum sich der Nebel verflüchtigt hat. Der Holländer – oder das Schiff selbst – spart seine Kräfte. Dass der Nebel magischen Ursprungs war, hatten sie bereits bei ihrer ersten Begegnung mit dem Holländer auf den Klippen von Anvil Point herausgefunden. Dabei stellte sich ihr die faszinierende Frage, wie ihr Gastgeber es bewerkstelligte, sich und sein Gefährt in eine magische Wolke zu hüllen. Weder im Buch ihrer Mutter noch in den Notizen ihres Großvaters hatte Kendra irgendwelche Hinweise auf Wettermanipulationen durch Fadenmagie gefunden. Entweder war der Holländer ein ausgesprochen mächtiger Magier, oder er bediente sich eines Tricks, den keiner von ihnen durchschaute.
    Kendra verzog das Gesicht und schüttelte über sich selbst den Kopf. Ich befinde mich an Bord eines riesigen, fliegenden Segelschiffs und frage mich ernsthaft, wo der Nebel herkommt, der es tarnt? Hier gab es noch einige größere Geheimnisse, die sie allzu gern gelüftet hätte.
    »Können Sie auch nicht schlafen, Miss McKellen?«
    Die samtig dunkle Stimme erklang so unvermittelt hinter ihrem Rücken, dass Kendra unwillkürlich zusammenzuckte. Sie wandte den Kopf zur Seite und sah, wie die düstere Gestalt des Holländers neben ihr an die Reling trat. Sein Gesicht wirkte selbst im gelblichen Schein ihrer Laterne blass, aber seine Miene war nicht mehr ganz so brütend wie noch beim Abendessen. Wenn überhaupt, schien er von einer leichten Melancholie befallen zu sein. Kendra bedachte ihn mit einem vorwurfsvollen Blick. »Schleichen Sie sich immer so an andere Menschen heran, Mister Holländer?«, wollte sie wissen, ohne seine Frage zu beantworten.
    »Bitte verzeihen Sie«, sagte er. »Sie waren in Gedanken. Ich wollte Sie nicht erschrecken. Und nennen Sie mich nur Holländer. Ich habe keinen Namen mehr.«
    Kendra runzelte die Stirn. »Klingt das nicht vulgär in Ihren Ohren? Ich möchte nicht unhöflich sein.«
    Die Andeutung eines Lächelns umspielte seine Mundwinkel. »Das sind Sie nicht, keine Sorge.«
    »Wie Sie wünschen.« Sie zuckte mit den Achseln. »Und um Ihre Frage zu

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