Magiermacht (Mithgar 05)
nicht überanstrengen wollten. Ab und zu stiegen sie ab und vertraten sich selbst die Beine. Manchmal legten sie auch eine kleine Pause ein, tränkten die Pferde und ruhten sich selbst aus. Doch schon nach kurzer Zeit saßen sie wieder im Sattel und ritten südwärts.
»Himmel, tut das gut, endlich wieder unterwegs zu sein«, meinte Beau bei einer Rast.
Tipperton schüttelte jedoch den Kopf. »Hätten wir gewusst, dass diese Kriegshorde den Pass blockiert, wären wir viel früher aufgebrochen und hätten bereits zehn Wochen Vorsprung.«
»Rückblickend sieht man die Dinge häufig viel klarer«, erklärte Phais.
»Bitte?«, fragte Tipperton.
»Rückblickend sieht man die Dinge häufig viel klarer«, wiederholte Phais. »Wir sehen nur selten alle Konsequenzen unseres Handelns voraus, und wir können nicht wissen, welche Folgen es hat, wenn wir etwas verzögern. Erst nachdem wir uns entschieden haben und dem einmal eingeschlagenen Weg folgen, können wir die Auswirkungen unserer Wahl erkennen … wenn auch nicht unbedingt alle. Denn viele Möglichkeiten liegen noch im Morgen verborgen, oder vielleicht sogar so weit in der Zukunft, dass niemand mehr sagen kann, welche Entscheidungen sie überhaupt ausgelöst haben. Gleichwohl, wir wissen nur das, was unser Rückblick uns gewährt. Hätten wir uns anders entschieden, wären wir tatsächlich schon seit Wochen unterwegs. Doch wir haben abgewartet, und jetzt folgen wir einem anderen Pfad, dessen Ende noch im Verborgenen liegt.«
Tipperton seufzte. »Ihr habt natürlich recht. Trotzdem wünschte ich, wir wären schon früher aufgebrochen.«
»Dieser Wunsch ist unerfüllbar«, erwiderte Phais. »Ihr solltet nicht darüber nachgrübeln. Was jetzt geschieht und was vor uns liegt, sollte Eure vordringliche Sorge sein.«
Bevor Tipperton antworten konnte, nahm Loric die Zügel seines Hengstes auf. »Reiten wir schneller!«
Sie durchquerten das bewaldete Tal in südlicher Richtung und wichen gelegentlich auf den Weg im Fels aus, wenn sie an eine Stelle kamen, wo der Fluss zu breit angeschwollen war.
Sie legten etwa dreißig Meilen zurück, bevor sie am Abend auf einer Anhöhe über dem Fluss ihr Lager aufschlugen.
Loric und Phais sattelten die Tiere vollkommen ab und gaben ihnen etwas Hafer, während sie ihnen das Fell abrieben und Mähne und Schweif von Kletten befreiten. Dann banden sie ihre Fesseln mit einem Seil zusammen, das sie um einen Baum wickelten. Tipperton und Beau errichteten einen Ring aus Steinen um ein kleines Feuer, über dem sie Tee aufbrühten und eine leichte Mahlzeit zubereiteten. Dann rollten sie ihre Schlafrollen neben dem Feuer aus.
Als das Wasser im Kessel kochte, meinte Loric: »Es ist zwar vermutlich sicher hier im Tal, aber sobald wir es verlassen haben, müssen wir Wachen aufstellen. Es spricht nichts dagegen, schon jetzt damit zu beginnen.« Er streckte eine Hand aus, in der er vier unterschiedlich lange Kiefernnadeln hielt. »Wer die Kürzeste zieht, wacht zuerst und dann geht es weiter der Reihe nach.«
Phais schüttelte jedoch ablehnend den Kopf. »Nay, Loric. Auch wenn Wurrlinge sich im Licht der Sterne und des Mondes gut zurecht finden, sehen Elfenaugen doch viel besser. Wir beide nehmen die Wachen in der Mitte der Nacht, und unsere Freunde die erste und letzte.«
Loric tippte sich an die Schläfe. »Du hast recht, Dara. Daran habe ich nicht gedacht.«
Beau war enttäuscht. »Ich würde trotzdem gern die Nadeln ziehen. Sehen wir, was passiert wäre.«
Loric schaute Phais an, die mit den Achseln zuckte. Also zogen alle eine Nadel, und als sie diese aneinanderhielten, stellte sich heraus, dass Tipperton die erste, Beau die letzte und die beiden Elfen die Wachen dazwischen hatten.
Loric grinste. »Wieder einmal vereinen sich Vernunft und Glück.«
Als Tipperton und Beau später am Abend zum Fluss gingen, um frisches Wasser zu holen, hockte sich der Heiler an den rauschenden Fluss. »Phais hat vorhin etwas gesagt, worüber ich so noch nie nachgedacht habe.«
»Und das wäre?«, fragte Tipperton.
»Dass die Entscheidungen, die wir treffen, Folgen haben können, die so weit in der Zukunft liegen, dass wir die Ursache nicht mehr wissen.«
»Zum Beispiel?«
»Mir fällt keins ein.« Beau kratzte sich am Kopf. »Warte, ich weiß eines. Wie hat dein Vater deine Mutter kennengelernt?«
Tippertons Miene wurde weich. »Er sagte, dass er sie in einem Karren vorbeifahren sah, als er einmal eine Ladung Mehl abgeliefert hat. Er war so
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