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Magische Insel

Titel: Magische Insel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: L. E. Modesitt
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hatten sich nicht verändert. Der Wind frischte auf – wie so oft nachmittags im Spätwinter.
    »Aaaah …« Justen bewegte den Kopf und richtete sich langsam und mühsam auf. Er schien starke Schmerzen zu haben.
    »Lerris …«, setzte er an, ohne den Satz zu beenden. Dann blickte er über die Schulter zurück. »Das dürfte das Ende von Frven sein.«
    »Frven?«
    »So hat man die Stadt am Ende genannt.«
    Ein eiskalter Schauder überfiel mich.
    Fairhaven … Frven … Ich hätte selbst den zweiten Namen vom ersten ableiten müssen. Die Stadt des Chaos-Rats – Opfer eines Feuerregens vor über zwei Jahrhunderten. Wieder schauderte es mich.
    »Ihr habt Frven … Fairhaven … gesehen, ehe es die Stadt der Chaos-Meister wurde?«
    Justen blickte immer noch zurück und nickte gedankenverloren. »Damals war ich jünger.«
    Ich bemühte mich, nicht ein drittes Mal zu schaudern. Justen wirkte ungefähr so alt wie mein Vater. Und er hatte vor zwei Jahrhunderten bereits gelebt?
    »Ihr habt geholfen, die Stadt zu vernichten?« Das war eine wilde Vermutung, aber alles war so seltsam.
    »Zwei Mei … Magier erschufen direkt über der Stadt eine zweite Sonne. Sie war so heiß, dass alles wie Wachs in einem Brennofen schmolz.« Justen blickte mich an. Ich bemerkte, dass die beiden Scheiden am Hals seines Pferds verschwunden waren. »Wir müssen etwas schneller reiten, sonst erreichen wir die Hauptstraße sehr spät.« Er schüttelte den Kopf, um klar zu werden. »Eigentlich sind wir bereits jetzt sehr spät dran.«
    »Wieso ist jetzt schon später Nachmittag?«
    »Das ist eine Eigenheit von Frven. Früher war es noch viel schlimmer.«
    Justen nahm die Feldflasche und trank sie beinahe ganz leer.
    Die Büsche und Bäume neben dem Pfad sahen wieder aus wie immer. Nur ab und zu entdeckte ich noch glatte weiße Stämme.
    »Lerris …«
    »Ja.«
    »Du hast ein Problem … ein echtes Problem.«
    Ich seufzte. Genau das brauchte ich in diesem Moment: jemanden, der mir sagte, ich hätte ein Problem – ein echtes Problem. Aber wie konnte ich einem Magier widersprechen?
    »Ja.«
    »Du hast in Frven zwei Fehler begangen und dich in einem Fall richtig verhalten. Du hast dieser Seele – ich glaube, es war Perditis – nicht genau genug zugehört und ihn fast real werden lassen. Das hätte sämtliche Magier in Candar gegen euch beide aufgebracht, weil Perditis deinen Körper und deine Seele übernommen hätte. Du hast dich mit dem Stab verteidigt. Das war richtig. Aber dann hast du deine Handschuhe verbrannt, um den Stab zu ergreifen.«
    »Warum war das ein Fehler? Ich meine die Handschuhe?«
    »Weil du Zerstörung benutzt hast, um etwas zu erhalten. Das hätte dich um ein Haar wieder deine Seele kosten können – so wäre es auch gekommen, wäre es mir nicht gelungen, dich abzuschirmen.«
    »Mich abzuschirmen?«
    Justen antwortete nicht sogleich, sondern holte ein Stück Brot und aß es so gierig, als wäre er kurz vorm Verhungern. Endlich hatte er den letzten Bissen hinuntergeschluckt. Das leise Rauschen des Windes und der Hufschlag der Pferde dämpften seine Stimme.
    »Ich hatte nicht vor, auf der zweiten Ebene so lange zu bleiben, aber da ich nun einmal dort war, beschloss ich, die meisten der übrig gebliebenen verlorenen Seelen abzuriegeln. Ich schätze, das hätte ich früher bereits tun sollen, aber es ist Schwerstarbeit und kostet viel Kraft.«
    Justen klang verdächtig wie meine Verwandten. Er gab mir nie eine klare Antwort auf eine Frage, legte mir jedoch stets die Schuld für Fehler zur Last, die ich begangen hatte. Andererseits hatte ich tatsächlich gespürt, wie der Heuler oder Dämon nach mir gegriffen und Mein! geschrien hatte. Außerdem: Wohin war der Tag verschwunden? Wir konnten unmöglich fünf oder sechs Stunden für eine ebene Strecke von knapp sieben Meilen brauchen, selbst wenn der Pfad schmal war.
    Ich seufzte und rutschte im Sattel hin und her. Ich hatte mich immer noch nicht ans Reiten gewöhnt, auch wenn meine Beine nicht mehr so weh taten wie am Anfang.
    »Na schön. Aber irgendwie scheine ich wieder einmal etwas verpasst zu haben.«
    »Junger Freund«, sagte Justen ruhig, »du scheinst eine Menge anderer Dinge ebenfalls vergessen zu haben. Du hast mir nicht erzählt, dass du ein Magistergeborener bist, dass du den Stab eines Magisters trägst und dass du deinen Weg nicht gewählt hast.«
    Mir fiel das Kinn auf die Brust. Ich war sprachlos. Magistergeboren? Den Weg nicht gewählt? Nur der Stab hatte mich

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