Magische Maschinen
Dorrin. »Ich muss die Sachen zum Hafen bringen, bevor es zu warm wird. Es ist nicht so einfach, die schweren Lasten durch den Schlamm zu befördern, und Korn und Mehl fangen an zu schimmeln, wenn sie feucht werden – falls das nicht sogar schon passiert ist.«
»Dann viel Erfolg«, sagt Dorrin.
Niedrige Büsche und Krüppelkiefern säumen die Klippe, hinter der das Land steil zum Nordmeer hin abfällt. Das Unterholz und die Bäume versperren den Blick auf den Strand.
»Warum hat er solche Angst vor dir?« fragt Liedral.
»Ich habe seinen Sohn geheilt.«
Sie folgen dem schlammigen Pfad, den ein halbes Dutzend Männer in die Böschung getrampelt haben, als sie sich zwischen niedrigen Büschen und den vom Seewind gedrückten kleinen Kiefern mühsam einen Weg suchen mussten. Der Rest des Hügels liegt, von grauem Schnee bedeckt, unter einem ebenso grauen Himmel. Als die Fässer an ihnen vorbeigeschleppt werden, sieht Liedral genau hin. Dorrin dagegen beobachtet Liedral.
»Was verraten sie dir?«
»Sie sagen mir, dass dein Schiff nicht unbedingt wasserdicht ist.«
»Dagegen kann ich etwas tun, wenn ich genug Zeit habe.«
»Manchmal denke ich, du glaubst fast immer und überall, du könntest etwas tun.« Sie lacht, und einer der Arbeiter grinst, bis er Dorrins Gesicht sieht.
Der Kiel der Harthagay liegt fest im Sand, aber das Heck scheint in der flachen Dünung beinahe frei zu schwimmen. Trotz der kalten Luft stinkt es am Strand nach entwurzeltem Tang und Seegras. Möwen und andere Seevögel picken in den Abfallhaufen herum, die sich an der Hochwasserlinie gebildet haben.
Varden steht neben den Planken, die als Laufsteg in den festgetretenen Sand gelegt wurden, und sieht zu, wie die Fässer vorbeigerollt werden. »Langsam da …« Er dreht sich zu den Neuankömmlingen um. »Wir bergen es im Auftrag des Rates.«
»Ich weiß. Ich bin Dorrin. Ich nehme an, Gylert hat Euch schon …«
»Ach, Ihr seid es. Nun ja … wir brauchen vielleicht noch einen Tag, bis wir sie entladen haben. Das gilt aber nur, wenn nicht noch ein Sturm aufkommt und wenn Honsards Wagen nicht im Schlamm stecken bleiben. Zu dumm, dass die Küstenstraße hier oben nicht gepflastert ist wie die Hauptstraße.«
»Macht es Euch etwas aus, wenn ich mir das Schiff ansehe?«
»Bei der Dunkelheit, natürlich nicht! Ihr seid wohl jetzt als der neue Eigentümer anzusehen.« Varden zwirbelt seinen Schnurrbart. »Vorsichtig da! Die Fässer brechen auf, wenn sie zusammenprallen! Eins nach dem anderen!«
Dorrin wartet, bis die Fässer entladen sind. »Wir haben vereinbart, dass die Bug- und Heckwinden auf dem Schiff bleiben.«
»Aye, das werden sie«, grinst Varden. »Das ist sogar in meinem Interesse. Gylert hat zehn zu eins gewettet, dass Ihr es nicht schafft, sie flottzumachen.« Der Vertreter des Rates blickt wieder zum Laufsteg. »Beim Licht, nun knallt doch nicht dauernd die Fässer aneinander!«
Dorrin klettert die Strickleiter hinauf, die von der Bergungsmannschaft angebracht wurde, und Liedral folgt ihm.
Soweit überhaupt noch Segel vorhanden sind, hängen sie in Fetzen am Mast. Zwischen Bugspriet und Mittschiff fehlt ein Stück Reling, und die helle Farbe des darunterliegenden Holzes verrät Dorrin, dass es erst vor kurzem entfernt wurde.
Sie weichen der offenen Luke aus, durch welche die Bergungsmannschaft Fässer mit einer Lederschlinge heraufbefördert. Der Mann, der über Seil und Flaschenzug befiehlt, nickt ihnen kurz zu.
Dorrin tritt auf das kurze Achterdeck und überprüft das Ruder, das sich zu seiner Überraschung mühelos bewegen lässt. Eine weitere Untersuchung zeigt aber, dass die Seile, die zum Ruder führen, gerissen sind. Entweder war dies eine Folge des Unglücks – oder sogar dessen Ursache. Dorrin kann dem in diesem Augenblick nicht nachgehen, aber das Problem muss auf jeden Fall behoben werden, ehe die Harthagay freigeschleppt wird.
»Was denkst du?« fragt er Liedral.
»Du wirst damit eine Menge Arbeit haben. Nicht, um sie frei zu bekommen. So fest sitzt sie nicht. Aber du musst viel hineinstecken, um etwas aus ihr zu machen. Das Schiff wurde nicht sehr gut gepflegt.«
Dorrin blickt zum grauen Meer und den kreisenden und kreischenden Möwen, die hin und wieder landen und im Seegras herumpicken, das der Sturm auf den Strand geworfen hat. »Es wird ein arbeitsreicher Winter.«
»Ich kann nicht sagen, dass ich mich auf den Frühling freue.« Liedral nimmt einen Moment seine Hand, dann lässt sie sie wieder
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