Magisches Erbe
ziemlich sicher, dass ich mir das weiter einreden konnte. Ein Teil von mir – beinahe so sarkastisch wie Adrian – schlug vor, dass ich das nächste Mal, wenn ich in der Ratgeberabteilung einer Buchhandlung war, ein Buch über Verleugnungsstrategien kaufen sollte.
»Noch eine Sackgasse«, bemerkte ich, als wir auf der Straße waren. Ich simste Ms Terwilliger: V. ist weg. Kein Handlungsbedarf. Ihre Antwort kam Minuten später: Wir versuchen es weiter. Ich konnte ihre Enttäuschung praktisch durch das Display meines Handys spüren. Sie war nicht die Einzige. Adrian wirkte während der Rückfahrt besonders bedrückt. Er antwortete auf alles, was ich sagte, aber es war klar, dass er unkonzentriert war.
Als er mich später am Abend in der Amberwood absetzte, war dort zum Glück alles ruhig. Keine Krisen, keine gefährlichen Missionen. Es kam mir vor wie eine Ewigkeit, seit ich einen Moment für mich allein gehabt hatte, und ich rollte mich auf dem Bett zusammen und fand in so normalen Tätigkeiten wie Hausaufgaben und Lektüre ein bisschen Trost. Mit dem Gesicht auf dem Mathebuch schlief ich schließlich ein.
Ich hatte einen dieser unsinnigen Träume, die jeder hat. Unser Familienkater konnte in diesem Traum reden, außerdem fuhr er Adrians Mustang. Er fragte mich, ob ich Lust auf eine Fahrt nach Birmingham habe. Ich antwortete ihm, dass ich zwar eine Menge Hausaufgaben hätte, aber darüber nachdenken wolle mitzukommen, wenn er nach Fargo fahre.
Wir waren gerade mitten in der Diskussion, wer das Benzin bezahlen würde, als sich der Traum plötzlich in Schwärze auflöste. Ein kalter Schauer lief mir über den Rücken und ein Gefühl des Grauens erfasste mich, das mich an den Tag erinnerte, an dem Adrian und ich in seiner Wohnung Strigoi gegenübergestanden hatten. Das Gelächter einer Frau ertönte, so widerwärtig und übelkeiterregend wie giftiger Rauch. Aus der Dunkelheit kam eine Stimme und hallte mir in den Ohren.
Sie hat dich gut versteckt, aber so kann es nicht für immer bleiben. Du kannst eine Macht wie deine nicht ewig verbergen. Ich habe deine Spur aufgenommen. Ich werde dich finden.
Plötzlich streckten sich Hände aus der Dunkelheit nach mir aus, schlangen sich um meine Kehle und schnürten mir die Luft ab. Ich schrie und erwachte in meinem Bett, von Büchern umgeben. Ich hatte das Licht angelassen, und es vertrieb einen Teil des Schreckens, den der Traum mit sich gebracht hatte. Aber nur einen Teil. Ich war schweißüberströmt, meine Bluse klebte mir am Leib. Ich befühlte meinen Hals, doch er war unversehrt. Der Granat hing dort, wo er hingehörte, aber nicht mein Kreuz.
Kein Grund, Angst vor einem Traum zu haben, dachte ich. Er war bedeutungslos, und bei allem, was in letzter Zeit los war, war es wirklich ein Wunder, dass ich nicht öfter Albträume hatte. Aber wenn ich darüber nachdachte, war ich mir nicht mehr so sicher. Dieser Traum hatte etwas so Schreckliches und Reales an sich gehabt, ein Grauen, das bis in meine Seele hineinzureichen schien.
Danach wollte ich nicht mehr schlafen, also machte ich mir eine Tasse Kaffee und versuchte wieder zu lesen. Eine Weile ging das auch gut, aber gegen vier Uhr konnte mein Körper es nicht mehr aushalten. Ich schlief wieder auf meinen Büchern ein, aber diesmal war mein Schlaf frei von Träumen.
Kapitel 16
Am nächsten Morgen erstattete ich Ms Terwilliger einen vollständigen Bericht über unsere Fahrt zu dem Gästehaus. Wir trafen uns bei
Spencer’s
, und Adrian, der sonst selten früh aufstand, gesellte sich dort zu uns. »Ich muss gleich zu einer Lerngruppe«, erklärte er. Seine Stimmung war erheblich besser, ohne jede Erwähnung der gestrigen … Indiskretion.
Obwohl es nicht viel zu erzählen gab, zeichneten Sorgenfalten Ms Terwilligers Gesicht, während sie sich unsere Geschichte anhörte. Die echte Panik kam allerdings erst, als ich meinen Traum erwähnte. Ms Terwilligers Augen wurden groß, und sie umklammerte ihre Kaffeetasse so fest, dass ich dachte, sie würde gleich zerbrechen.
»Sie hat es herausgefunden«, murmelte sie. »Ob durch dieses Mädchen, diese Alicia, oder auf eine andere Art, Veronica hat von Ihnen erfahren. Ich hätte Sie niemals dort hinschicken dürfen. Ich dachte, Sie würden ihrem Radar entgehen, wenn die anderen Mädchen verzaubert würden, aber ich habe mich geirrt. Ich war selbstsüchtig und naiv. Es wäre besser gewesen, wenn sie von Anfang an gewusst hätte, dass ich ihr auf der Spur war. Bist du sicher, dass
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