Magnolia Steel - Hexenflüstern (German Edition)
herausfielen, vielleicht waren sie auch einfach nur nicht besonders gesprächig.
»Ich habe ihnen übrigens schon allerhand von dir erzählt«, erklärte Jeppe.
Misstrauisch sah Linette ihn an. »Hoffentlich nur das Beste«, murrte sie.
»Selbstverständlich!« Jeppe zwinkerte ihr ungehörig zu.
Die Klabauter legten sich kräftig in die Riemen und wenig später kamen sie seitwärts an dem größten der Schiffe an. Bis hierhin war die Überfahrt recht komfortabel, die Strickleiter jedoch, die locker vom Schiff herabbaumelte und erklommen werden wollte, war Linette nicht geheuer.
Die Klabauter vertäuten das Boot und kletterten einer nach dem anderen die Leiter hinauf.
»Nehmen Sie meine Hand, Madame!«, sagte der Klabauter Oswald galant, ohne seine Pfeife aus dem Mund zu nehmen.
»Besten Dank!«, gab Linette zurück. »Wenn es Ihnen nichts ausmacht, nehme ich den Besen.« Und schwupps, stieg sie auf und schwebte hinauf bis auf das Deck. Dort sah sie sich aufmerksam um.
Klabautermänner waren bei der Arbeit. Sie schrubbten die Planken und flickten die Segel, während kleine rothaarige Kinder Fangen spielten. Die Klabauterfrauen standen zusammen in der Sonne und tauschten die eine oder andere Neuigkeit aus. Sie trugen genau wie ihre Männer Seemannshüte und Gummistiefel zu ihren Kleidern, was wirklich lustig aussah.
Als Linette auf ihrem Besen an Deck landete, verstummten die Gespräche und man sah sie neugierig an.
Sofort ergriff Oswald das Wort. Er schien bei den Klabautern das Sagen zu haben.
»Ich möchte euch Linette Kater vorstellen. Sie ist eine alte Freundin unseres Cousins 23. Grades, nicht wahr, Jeppe?« Jeppe nickte. »Und sie kommt wegen dieser Sache …« Oswald machte eine bedeutungsvolle Pause.
Natürlich ahnte Linette, was er mit dieser Sache meinte. Sie warallerdings entsetzt darüber, dass jeder andere an Bord es genauso zu wissen schien.
»Wenn Sie sich an Bord genug umgesehen haben, kommen Sie achtern in meine Kajüte. Es gibt da etwas, das ich Ihnen unbedingt zeigen möchte.« Oswald zog noch einmal an seiner Pfeife und schlurfte dann breitbeinig in seinen hohen Stiefeln davon.
»Warten Sie!«, rief Linette. Eine Besichtigungstour stand nun wirklich nicht auf ihrer Liste. Sie brannte darauf zu erfahren, was Oswald ihr zeigen wollte. Also nickte sie allen Anwesenden freundlich zu und marschierte entschlossen hinter dem Klabauter her.
Linette war schnell, trotzdem war von Oswald weit und breit nichts mehr zu sehen. Er war irgendwo im Bauch des Schiffes verschwunden.
»Ich bringe dich in seine Kajüte«, bot Jeppe an. Linette zuckte zusammen.
»Musst du dich immer so lautlos von hinten anschleichen?«, schimpfte sie empört und folgte dem Kobold ins Innere des Schiffes. Linettes feine Hexensinne versuchten, mögliche Gefahren zu erspüren. Sie schnüffelte und spitzte die Ohren. Kein Geruch und kein noch so kleines Geräusch sollten ihr entgehen. Die Luft war rein.
»Weißt du, was Oswald mir zeigen will?«, fragte sie, während sie über eine steile Treppe weiter nach unten stiegen.
»Klar, die Klabauter haben mir von der Sache erzählt und wir waren uns einig, dass es dich interessieren würde«, gab Jeppe bereitwillig Auskunft.
Linette holte tief Luft. Sie hoffte inständig, dass mit der Sache nicht wirklich die Sache gemeint war, weshalb Runa und sie hier waren. Nicht auszudenken, wenn der geschwätzige Kobold und ein paar Dutzend Klabauterkinder dieses Geheimnis kannten.
»Welche Sache meinst du?«, fragte sie deshalb vorsichtig.
»Na, die Sache mit der magischen Brille, dem Beryll«, antwortete Jeppe arglos.
»Psssst!!!« Zischend stieß Linette die Luft aus und sah sich ängstlich nach allen Seiten um. Jeppe wusste also tatsächlich Bescheid. Hastig zog sie ihn unter die nächste Treppe.
»Hör zu!«, sagte sie beschwörend. » Die Sache, von der hier anscheinend das ganze Schiff weiß, ist gefährlicher als ein Funken in einem Pulverfass. Ein falsches Wort in die falschen Ohren und unsere Tage sind gezählt. Verstanden?«
Jeppe starrte sie mit offenem Mund an. Dann schluckte er. »Verstanden! Und gerade deshalb solltest du dir das hier ansehen.«
Er trat unter der Treppe heraus und öffnete die gegenüberliegende Tür, hinter der sich die Kapitänskajüte befand. Unter anderen Umständen wäre Linette sicher die Schönheit des Raums aufgefallen. Die alten Seekarten, das glänzende Messing und das dunkle, blanke Holz der Balken. Doch jetzt hatte Linette nur Augen für
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