Magnolia Steel - Hexenflüstern (German Edition)
versicherte Linette voller Mitgefühl. »Gibt es Hoffnung auf eine Entsteinerung?«
Oswald schüttelte unglücklich den Kopf. »Leider verfügen wir nicht über das nötige Wissen.«
»Wie ist der Brief dann zu uns gelangt, wenn der Bursche inzwischen ein Felsbrocken war?«, fragte Runa wenig feinfühlig.
»Reiner Zufall! Bei seiner Entdeckung durch die Gorgonen stand er direkt neben einem Brunnen. Mit klabautermännischer Willenskraft gelang es ihm, den Brief hineinzuwerfen, bevor er zu Stein erstarrte. Deshalb steht er jetzt auch etwas schief und wir mussten ihn anbinden, damit er nicht umfällt. Ein Brunnengeist hat den adressierten Brief gefunden und zu euch gebracht.«
»Eine selten dämliche Idee, unsere Namen und die Adresse darauf zu schreiben«, blubberte Runa.
»Das wissen wir inzwischen selber und deshalb bin ich hier. Vergessen Sie, was in dem Brief stand, denn wir können nicht mit Sicherheit ausschließen, dass die Gorgonen seinen Inhalt kennen.«
»Ich gebe zu, der Brief hat … uns einige Rätsel aufgegeben«, gestand Linette. »Haben Sie den selber verfasst?«
»Nein, nein … Wir haben Spezialisten dafür«, antwortete Oswald mit wichtiger Miene.
Linette verkniff sich die Bemerkung, dass solche Spezialisten genau so viel taugten wie benutztes Toilettenpapier. Besonders, wenn es um Leben und Tod ging.
»Gibt es einen neuen Übergabetermin, ohne chiffrierten Ort und Zeit? Damit wir wenigstens die Chance haben, pünktlich zu sein?«, wollte Runa wissen.
»Selbstverständlich«, erwiderte Oswald knapp. Dann sah er sich nach allen Richtungen um und senkte die Stimme. »Die Übergabe soll bereits morgen stattfinden. In Johanns alter Fischräucherei, einem Geschäft im historischen Teil der Stadt.«
»In einem Fischladen?«, fragten die beiden Hexen gleichzeitig. Dieser Ort kam ihnen nur wenig klüger gewählt vor als das Heimatmuseum.
»Natürlich nach Ladenschluss. In der Nacht«, sagte Oswald ungeduldig.
Dieser Hinweis war nicht wirklich beruhigend.
»Hören Sie, Oswald, ich halte ein Fischgeschäft als Ort der Übergabe für äußerst ungünstig«, versuchte es Linette. »Die Fischer fahren nachts zum Fischen hinaus und kommen in den frühen Morgenstunden wieder. Die Gefahr, dass die Übergabe gestört wird, ist einfach zu groß.«
Oswald hob abwehrend die Hände. »Die Idee stammt nicht von mir. Tut mir leid! Ich habe keinen Einfluss auf den Ort oder den Zeitpunkt der Übergabe. Wie ich Ihnen bereits gesagt habe, befindet sich der Beryll nicht mehr im Besitz der Klabauter. Wir haben ihn weitergegeben und es ist sein Wunsch, sich dort mit Ihnen zu treffen.«
Das alles gefiel den Hexen überhaupt nicht.
»Dann sagen Sie uns endlich, wer ER ist und woran wir ihn erkennen«, verlangte Runa. »An der Rose im Knopfloch oder hat er die Brille vielleicht sogar auf der Nase?«
Der Klabauter sah sie böse an. »Seien Sie unbesorgt, Frau Rickmoor. Sie können ihn nicht verfehlen. Er wartet auf Sie in dem Fass mit den sauren Gurken.«
»In einem Fass??« Sprachlos sahen die Hexen Oswald an.
»Es ist der Fischkönig persönlich.«
»Der Fischkönig? Wer zum Teufel ist das?« Die Hexen hatten noch nie etwas von einem Fischkönig gehört.
»Woran erkennen wir diesen, diesen … Fischkönig?«, wollte jetzt auch Linette wissen. Sie war ein bisschen neben der Spur.
»Das dürfte nicht besonders schwer sein. Er ist der einzige Fischkönig zwischen den Gurken«, antwortete der Klabauter bissig.
»Natürlich«, murmelte Linette.
»Damit Sie das Fischgeschäft auch ganz sicher finden, habe ich eine Skizze für Sie angefertigt. Der Laden liegt direkt gegenüber der Gründerkirche. Man kann ihn eigentlich nicht verfehlen. Ach ja, und ein Codewort gibt es übrigens auch. Es heißt Stützstrumpf.«
Nach diesen Worten erhob sich der Klabautermann und stapfte zu seinem Boot. »Mein Auftrag wäre damit erledigt. Ich drücke Ihnen die Daumen und wünsche mir, dass Sie ein Versteck für die Brille finden, das wirklich sicher ist«, rief er, während er das Boot zurück ins Wasser schob. Dann sprang er hinein und ein paar Ruderschläge später war er hinter einem Felsen verschwunden.
Die beiden Hexen sahen ihm noch eine Weile nach, bevor sie sich durch den Tunnel auf den Rückweg machten.
»Dann also morgen Abend«, sagte Runa.
Fünfzehntes Kapitel
Der Ball
Die Mädchen konnten es gar nicht abwarten, sich für den Ball fertig zu machen. Und dann war es endlich so weit.
Magnolia hatte für Jörna und
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