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Magnolia Steel – Hexennebel

Magnolia Steel – Hexennebel

Titel: Magnolia Steel – Hexennebel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Städing
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lagen.
    Magnolia fuhr wie der Blitz nach Hause. Sie musste Tante Linette unbedingt von ihrem Job erzählen und war gespannt, ob die Spinnerinnen den Flachs tatsächlich zu Gold spinnen konnten. Bereits auf dem holprigen Weg, der zu Tante Linettes Haus führte, hörte Magnolia das Murmeln vieler Stimmen. Hexen, Zwerge, Kobolde und allerlei andere magische Wesen standen geduldig Schlange und warteten darauf, endlich aufgerufen zu werden.
    Die drei Spinnerinnen gaben ihr Bestes. Sie saßen auf Schemeln vor ihren Wohnwagen, und das Spinnrad schnurrte, als gälte es, einen Preis zu gewinnen. Neugierig stieg Magnolia vom Rad. Eine zwirbelte die Fasern, die Zweite benetzte sie mit ihrer Spucke, und die Dritte trat unablässig das Pedal. Magnolia krauste die Stirn. Konnte das Daumen, Lippe und Fuß tatsächlich erklären? Was sie jedoch noch mehr faszinierte, war das Ergebnis der Spinnerei. Es war unglaublich mit anzusehen, wie sich die unscheinbaren Flachsfasern in glänzendes Goldgarn verwandelten. Manchmal wurde die Spindel nicht einmal halb voll. Bei anderen war die Ausbeute größer. Je nachdem, wie viele Stränge Flachs sie mitgebracht hatten. Magnolia schaute sich suchend um, konnte ihre Tante aber nirgendwo entdecken. Sie ging ins Haus und warf ihren Rucksack wie üblich hinter die Treppe. »Tante Linette!«, rief sie. Keine Antwort.
    Im Garten stieß sie auf Jeppe, der blitzschnell etwas in seiner Jackentasche verschwinden ließ.
    »Weshalb stürmst du um die Ecke wie eine wildgewordene Drude?«, beschwerte sich der Kobold und das schlechte Gewissen stand ihm buchstäblich ins Gesicht geschrieben.
    Magnolia schenkte dem keine Beachtung. »Hast du meine Tante gesehen?«, fragte sie und sah sich suchend um.
    »Ich vermute, sie sucht ein Versteck für ihren goldenen Schatz«, erklärte Jeppe.
    »Ihr goldener Schatz?« Magnolia traute ihren Ohren nicht. »Soll das heißen, sie hat unseren Flachs spinnen lassen, während ich in der Schule war?«
    »Jep!«
    »Du machst Witze. Tante Linette wusste doch, wie gerne ich dabei zugesehen hätte!«
    »Sicher vergräbt sie ihn im Wald«, meinte der Kobold unbeeindruckt.
    »Warum sollte sie ihn im Wald vergraben?«, fragte Magnolia.
    Jeppe zuckte mit den Schultern. »Wir Kobolde vergraben all unsere Goldtöpfe im Wald.« Er drängte sich an Magnolia vorbei. »Und nun lass mich durch. Die drei Ladys brauchen meine Hilfe.«
    »Du assistierst jetzt auch den drei Spinnerinnen?«, fragte Magnolia verblüfft.
    »So ist es!«
    »Umsonst?«
    »Jo!«
    »Das glaube ich nicht!«
    »Dann glaub es eben nicht!« Blitzschnell huschte Jeppe zum Garten hinaus, und Magnolia blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen. Sie war wirklich enttäuscht. Seufzend ließ sie sich auf einem Baumstumpf in der Nähe der drei Spinnerinnen nieder und wartete. Das Spinnrad quietschte, und die Spindel tanzte so unermüdlich, dass es eine Freude war zuzusehen. War der Flachs versponnen, wurde er an seinen Besitzer übergeben. Eine Aufgabe, die Jeppe nur zu gern übernahm, dennGold hatte auf Kobolde eine ganz ungeheure Wirkung. Magnolia beäugte ihn misstrauisch. Gerade überreichte ihm ein Nussweiblein einen prall gefüllten Sack. Jeppe schleppte ihn vor die Spinnerinnen und schüttete ihn vor ihnen aus. Ein ganzer Berg Haselnüsse rollte heraus. Columbina steckte sich prüfend eine Nuss in den Mund, und es krachte ganz abscheulich, als sie die harte Schale zerbiss. Dann breitete sich ein Lächeln auf ihrem Gesicht aus, und ihre Unterlippe wippte anerkennend. Das Tauschgeschäft war perfekt, und der Kobold konnte den Flachs entgegennehmen.
    »Dreh dich, Rädchen, spinne mir mein Fädchen«, summten die drei alten Frauen im Chor. »Dreh dich, Rädchen, ohne Ruh, dreh dich, dreh dich immerzu.«
    Nach und nach verwandelte sich der Flachs in glänzende Goldfasern. Als alles versponnen war, zog Jeppe das Garn von der Spindel und   … Magnolia kniff die Augen zusammen, um besser sehen zu können. Natürlich! Sie nickte grimmig. Genauso hatte sie es sich vorgestellt. Mit der Fingerfertigkeit eines Taschenspielers zupfte der Kobold einige Goldfasern heraus, knüllte sie zusammen und ließ sie blitzschnell in seiner Jackentasche verschwinden. Einen kurzen Moment spielte Magnolia mit dem Gedanken, aufzustehen und den Kobold vor aller Augen zur Rede zu stellen. Als sie dann jedoch in die grimmigen Gesichter der wartenden Zwerge und Hexen blickte, verwarf sie den Gedanken schnell wieder. Sie wollte kein Blutvergießen.

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