Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel

Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel

Titel: Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sabine Städing
Vom Netzwerk:
sie heute begegnet war, kamen ihr wieder in den Sinn. Sie wollte gerade ihr Rad fallen lassen und wie ein Hase davonrennen, als ein mächtiger weißer Hirsch aus dem Schatten der Eiche trat. Er schaute Magnolia aus traurigen, schönen Augen an, scharrte mit dem Vorderhuf und trabte auf dem Weg zu ihrer Rechten davon. Sofort hatten die Schatten des Waldes ihn verschluckt.
    Ohne darüber nachzudenken, schlug Magnolia denselben Weg ein. »Du Nuss«, sagte sie laut. »Ein Hirsch im Wald und du machst dir vor Angst beinah ins Hemd.«
    Wenig später sah sie ein Licht. Gelb und freundlich leuchtete es ihr zwischen den dunklen Bäumen entgegen. Tante Linettes Haus! Mit weichen Knien stieg Magnolia wieder auf ihr Rad und fuhr dem Licht entgegen.
    Jetzt, wo sie die Schrecken des Waldes überstanden hatte, wurde Magnolia langsam ärgerlich. Was fiel Tante Linette überhaupt ein, sie wegen ein paar dämlichen Pilzen im Wald zurückzulassen? Da drängten sich einem doch direkt Parallelen zu Hänsel und Gretel auf. Und überhaupt, warum war sie auf diesem beknackten Rad eigentlich so schnell, während sie selber ihre Beine kaum noch spürte?
    Als Magnolia wenig später die Gartenpforte erreichte, war sie sogar richtig wütend. Achtlos stieß sie ihr Rad in die Brombeerhecke.
    »Warum hast du das gemacht!?«, schrie sie und fegte ins Haus.
    Ihre Tante stand in der Küche und es duftete außerordentlich angenehm. Doch Magnolia schenkte dem keine Beachtung.
    »Los, raus mit der Sprache!«, rief sie streitlustig. »Warum setzt du mich nachts allein im Wald aus, hä!? Wäre der weiße Hirsch nicht gewesen, würde ich jetzt noch dort herumirren! Und wieso kannstdu in deinem Alter überhaupt so schnell Rad fahren!? Noch dazu ohne zu treten!?«
    »Du hast den weißen Hirsch gesehen? Er ist ein Peryton, er zeigt sich nur …«
    »Ist mir egal, was er ist! Kobolde, Baumgeister, das Rad und der ganze andere Firlefanz! Entweder versuchst du mich für dumm zu verkaufen oder etwas stimmt nicht mit dir. Bist du ’ne Hexe oder was!?« Jetzt war es raus.
    Linettes Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen. »Und was wäre, wenn?«, fragte sie lauernd.
    »Dann … dann … dann wünschte ich, ich wäre nie hierhergekommen«, rief Magnolia verzweifelt, machte auf dem Absatz kehrt und rannte hinauf in ihren Turm. Oh, wenn sie doch bloß bei ihrer Mutter in Amerika wäre! Tränen liefen ihr über die Wangen. Ohne Licht zu machen, setzte sie sich ans offene Fenster. Sie war böse auf Tante Linette. Trotzdem hoffte sie, sie würde ihr folgen, um sich für die ausgestandenen Schrecken zu entschuldigen. Doch die Zeit verstrich und Tante Linette kam nicht.
    Einzig die Sommerwärme hielt sich tröstend im Zimmer und aus dem Garten duftete es nach Rosmarin und Lavendel. Allmählich beruhigten sich Magnolias Nerven. Nachdenklich schaute sie in den dunklen Garten. Sie liebte diesen Platz am Fenster.
    Der Mond stand als volle Scheibe über dem Kirchturm, aber in seinem Schein zeigten sich bereits dunkle Wolken, die ein Gewitter ankündigten. Schon war aus der Ferne leises Grollen zu hören.
    Magnolia packte eine kribbelnde Erregung, wie immer, wenn ein Gewittersturm heranzog. Wo andere ängstlich unter die Bettdecke krochen, genoss sie das atemberaubende Schauspiel der Natur. Die zuckenden Blitze, die Paukenschläge des Donners und die Urgewalt des Sturms, der nach einem Moment der Stille zusammen mit dem Regen einsetzte. In solchen Momenten fühlte sie pure Freude in sich.
    Immer mehr Wolken schoben sich vor den Mond, bis auch der letzte Rest seines fahlen Lichts verschwand. Drohend zogen die schweren Gewitterwolken heran. Die ersten Ausläufer des kommenden Sturms fuhren Magnolia in die Haare.
    Sie spürte eine so unbändige Freude in sich, dass sie am liebsten in das Gewitter hinausgestürzt wäre. Im Regen tanzend, gegen den Sturm anbrüllend, Teil dieser Naturgewalt. Tief atmete sie diese besondere Luft ein.
    Mach das Fenster zu, Magnolia, oder willst du am Ende einen Kugelblitz hereinlassen?, drängte sich die Stimme ihrer Mutter nörgelnd in ihre Gedanken. Bedauernd warf sie einen letzten langen Blick hinaus. Sie stutzte. Glomm da zwischen den Gräbern nicht wieder ein Licht und dort noch eins? Es wurden immer mehr. Wie beim ersten Mal wanderten die Lichter ziellos umher und überwanden dann die Friedhofsmauer. Gebannt beobachtete Magnolia, wie sie den Hang heraufkamen.
    Da zuckte der erste Blitz und in seinem Schein erkannte Magnolia Gestalten hinter

Weitere Kostenlose Bücher