Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel
das kleinste Duftmolekül, das möglicherweise noch im Raum schwebte, entgehen lassen. Dann ging sie endlich hinaus.
Magnolia machte sich bereit.
»Der Nächste bitte!«, rief ihre Tante in diesem Moment und Bilder eines voll besetzten Wartezimmers drängten sich vor Magnolias Augen auf.
»Arrrgh!« Ein verzweifeltes Würgen entrang sich Magnolias Kehle. Für einen kurzen Moment erwog sie, sich einfach aus dem Fenster zu stürzen. Da betrat Tante Linette wieder das Zimmer, gefolgt voneinem feinen Herrn im Nadelstreifenanzug, mit Gehstock und dünnem Schnurrbärtchen.
»Ah, der Herr Abteilungsleiter vom Schuhhaus Pantoffel und Pantine«, sagte sie. »Was kann ich für Sie tun?«
Ohne darauf zu antworten, stolzierte der feine Herr mitten ins Zimmer.
»Soso, hier praktizieren Sie also, Frau Kater. Ich habe schon eine Menge von Ihnen gehört.« Er rümpfte die Nase.
»Und sicher nur das Allerbeste«, erwiderte Tante Linette. »Was also macht meine Hilfe so unentbehrlich? Ich nehme doch an, Sie sind nicht gekommen, um meine Räumlichkeiten zu inspizieren und mir die Zeit zu stehlen?«
Irritiert sah der Mann sie an. »Nein, natürlich nicht«, versicherte er rasch.
»Ich habe in der Tat«, er hüstelte, »ein kleines Problem. Ein Problem, das äußerst vertraulich behandelt werden muss, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Tante Linette nickte ungeduldig. »Um welches Problem handelt es sich?«
»Nun ja«, begann der Mann umständlich.
»Setzen Sie sich.« Tante Linette deutete auf einen der Stühle.
»Das geht nicht«, sagte der feine Herr schnell. »Das ist gewissermaßen mein Problem, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
»Nicht ganz«, gab Tante Linette ehrlich zu.
Der feine Herr seufzte resigniert. »Am Wochenende haben wir einen Betriebsausflug gemacht. Wir sind auf den Rabenstuhl gestiegen, um dort ein Picknick zu veranstalten, wenn Sie verstehen, was ich meine.«
Tante Linette wippte nervös mit dem Fuß.
»Na ja, es gab reichlich zu essen und zu trinken und wir waren bereits seit etlichen Stunden unterwegs, da verspürte ich ein gewissesmenschliches Bedürfnis. Ähm, wenn Sie verstehen, was ich meine. Ich suchte also ein Gebüsch auf und offensichtlich war diese Wahl nicht besonders glücklich, denn dieses Gebüsch stach mich heftig in den … nun, Sie wissen sicher, was ich meine.«
»Die Schmerzen sollten Sie bis heute verwunden haben«, meinte Tante Linette trocken. »Ich verstehe ehrlich gesagt immer noch nicht, was Sie von mir wollen.«
»Natürlich habe ich den stechenden Schmerz des Augenblicks tapfer ertragen«, bemerkte der Mann mit gespitzten Lippen. »Das eigentliche Dilemma begann jedoch erst zwei Stunden später. Mein, nun ja, mein …«
Tante Linette zog fragend die Augenbrauen hoch. Der feine Herr gab sich einen Ruck. »Um es kurz zu machen, mein Hintern schlägt Blasen.«
Magnolia stopfte sich die Faust in den Mund, um nicht laut herauszuprusten. Das war die eingeschlafenen Beine wahrlich wert.
»Ich kann weder sitzen noch liegen, es schmerzt ungeheuerlich«, fuhr der feine Herr fort.
»Warum gehen Sie nicht zu Ihrem Arzt?«
»Unter keinen Umständen! Mein Hausarzt ist ein enger Freund und seinen Spott müsste ich bis an mein Lebensende ertragen. Deshalb komme ich zu Ihnen. Habe gehört, Sie wären so etwas wie eine … eine … Heilkundige.«
Tante Linette schaute ihn spöttisch an. »Dann zeigen Sie mal her.«
»Zeigen?«, der Mann wurde blass, »wie stellen Sie sich das vor?«
»Hosen runter«, sagte Tante Linette knapp, »ich muss schließlich sehen, um welche Art von Ausschlag es sich handelt.«
Widerwillig ließ der feine Herr die Hose fallen. Mit spitzen Fingern lupfte Tante Linette das lange Hemd und warf einen scharfen Blick auf den malträtierten Hintern.
»Stechender Mäusedorn«, sagte sie zufrieden. »Ruft in seltenen Fällen eine solche Blasenbildung hervor. Ich hoffe nur, Sie haben ihn mit Ihrem Hintern nicht beschädigt, er steht nämlich unter Naturschutz.«
»Sehr mitfühlend«, grunzte der feine Herr.
»Ich gebe Ihnen gegen die schmerzhaften Blasen meine Salbe aus Fledermausleber und Stechapfel«, sagte Tante Linette, während sie in einer der tausend Schrankschubladen wühlte. »Wo habe ich sie nur? Ah — da.« Sie reichte dem Mann einen kleinen Tiegel.
Erwartungsvoll schraubte er ihn auf. »Pah, diesen schwarzen, stinkenden Brei soll ich mir auf …«
Tante Linette nickte. »Macht 60 Euro«, sagte sie und hielt die Hand auf.
Nach dem feinen
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