Magnolia Steel - Städing, S: Magnolia Steel
erst einmal ein Gespür für diese Wesen bekommen, wird es dir immer leichter fallen, sie zu sehen und mit ihnen in Kontakt zu treten. Hier zum Beispiel. Siehst du diesen prachtvollen roten Fingerhut? Er wird von einer winzigen Blumenelfe geschützt.« Linette winkte dem Fingerhut zu. Magnolia kniff die Augen zusammen. Es dauerte etwas, aber nach einer Weile sah sie die Elfe auch und winkte ebenfalls. Freundlich grüßte die Elfe zurück.
»Kennst du sie?«
»Nein, aber es sind freundliche Wesen, die niemandem etwas zuleide tun. Näheren Kontakt zu ihnen habe ich nur, wenn sie ins Dorf kommen, um eine Verletzung behandeln zu lassen.«
»Du meinst, sie kommen nach Rauschwald?«, fragte Magnolia verblüfft.
»Himmel, nein«, lachte Tante Linette. »Ich spreche von Hackpüffel, dem Dorf, in dem Jacko und seine Freunde leben.«
Jetzt wurde Magnolia munter. »Es gibt hier ein Dorf, in dem nur Zwerge leben?«
Linette nickte.
»Warum gehen wir nicht hin? Ich möchte es unbedingt sehen.«
»Das kann ich mir vorstellen, aber damit hat es noch Zeit. Schließlich möchte ich mich nicht mit dir blamieren. Es wäre mir schrecklich peinlich, wenn du manche Dorfbewohner einfach übersehen würdest.«
Magnolia seufzte. »Ich finde, du könntest im Unterricht ruhig einen Zahn zulegen. So ein paar Wassermädchen anzuschauen überfordert mich nicht gerade. Wie wäre es, wenn du mir nebenbei schon mal ein paar nette Zaubersprüche beibringst?«
Unwillig krauste Linette die Stirn. »Nebenbei?! Pah! Du weißt ja nicht, wovon du redest. Allerdings«, räumte sie ein, »ist die Zeit bis Samhain nicht mehr lang und es wäre schon schön, wenn du die Oberhexe nach deiner Aufnahme mit ein paar Zauberformeln beeindrucken könntest. Ich werde mir die Sache noch einmal durch den Kopf gehen lassen.«
Dreizehntes Kapitel
Die Schule beginnt
Die Tage vergingen. Magnolia übte sich beharrlich im Sehen und Tante Linette schwieg hartnäckig, was das Zaubern anbelangte.
Dann waren die Sommerferien vorbei und ein anderes Ereignis nahm Magnolia vollständig in Anspruch. Die Schule von Rauschwald öffnete ihre Pforten.
»Bei dem Tempo, das du vorlegst, werde ich kaum noch in der Lage sein, am Unterricht teilzunehmen!«, schrie Magnolia, kurz bevor sie die Schule erreichten. Es sollte witzig sein, denn Tante Linette brauchte nicht zu merken, wie aufgeregt sie in Wirklichkeit war. Sie hasste es, als »die Neue« in eine Klasse zu kommen, obwohl sie darin inzwischen reichlich Übung hatte. Während der letzten drei Jahre hatte sie viermal die Schulen gewechselt. Zum Glück wurden die siebten Klassen neu zusammengestellt und es war für alle ein Neubeginn.
Ohne auf Magnolias Einwand zu achten, radelte Linette weiter. Sie war mindestens so aufgeregt wie ihre Nichte. Schließlich war es das erste Mal, dass sie ein Kind einschulte.
Vor der Schule angekommen, schwang sie sich vom Rad und drängte, ohne sich nach Magnolia umzusehen, mit einem Pulk von Schülern durch das Haupttor des ehemaligen Klosters.
Magnolia reckte den Hals. Sie hatte ihre Tante vorübergehend aus den Augen verloren, ortete sie aber sogleich, als aus einer Schülergruppe Schmerzensschreie laut wurden.
»Aua!! Verdammt, können Sie mit Ihrem Rad nicht aufpassen!?«
»Genau in die Kniekehle.«
»Mir hat sie schon ihren Lenker in die Rippen gehauen.«
Automatisch blieb Magnolia zurück. Äußerst peinlich, damit in Verbindung gebracht zu werden.
»Magnolia, wo steckst du? Ich halte dir seit einer halben Stunde einen Fahrradständer frei. Du sollst doch immer schön in meiner Nähe bleiben!«, dröhnte die Stimme ihrer Tante gnadenlos über den Hof.
Tiefrot schob Magnolia ihr Rad durch die Gasse, die sich vor ihr auftat. Vorbei an mindestens fünfzig feixenden Augenpaaren.
»Ich werde als Erstes den Direktor dieser Schule aufsuchen.«
»Was willst du denn von ihm?«, fragte Magnolia erschrocken.
»Na, er muss doch erfahren, dass du hier bist.«
»So ein Quatsch, Tante Linette, wenn sich jeder neue Schüler bei ihm persönlich vorstellen würde, wäre er ja bis morgen früh beschäftigt. Wir treffen uns in der Aula. Steht jedenfalls in dem Brief, den ich von der Schule bekommen habe.«
Die Aula befand sich im ehemaligen Kirchenschiff des Klosters. Verstohlen warf Linette einen Blick auf das Standbild des heiligen Benedikt. Überlebensgroß stand er vor dem Portal und segnete die Eintretenden. Magnolia war beeindruckt. Prächtig bemalt und himmelhoch wölbte sich die
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