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Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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jetzt wusste, dass er unschuldig war, konnte sie wenigstens vernünftig mit ihm reden.
    In der Bäckerei war es ruhig. Harpa sagte zu Dísa, sie würde kurz nach draußen gehen, um zu telefonieren.
    Es war ein wunderbarer Morgen. Über der Stadt leuchtete der hellgraue Beton der Hallgrímskirkja fast weiß in der Gerüsthülle. Die Bucht glitzerte. Harpa holte tief Luft, wählte Björns Nummer und erzählte ihm, zu welchem Entschluss sie gekommen sei. Er war nicht gerade begeistert.
    »Glaubst du immer noch, dass ich nach London geflogen bin?«, fragte er.
    »Nein«, entgegnete Harpa. »Es tut mir leid, dass ich das vermutet habe. Ich glaube dir. Aber ich mache mir Sorgen, dass Sindri irgendwas mit der Sache zu tun hat.«
    »Du weißt aber, dass der Fall Gabríel Örn neu aufgerollt wird, wenn du zur Polizei gehst, oder?«
    »Ja, das weiß ich, daran habe ich auch schon gedacht.«
    »Gut. Hast du dann vor zu erzählen, was in jener Nacht tatsächlich passiert ist?«
    »Nein. Ich werde sagen, dass wir alle zusammen in Sindris Wohnung gegangen sind. Ich hätte Gabríel Örn angerufen, aber er wäre nicht gekommen.«
    »Die machen dich fertig«, sagte Björn. »Sobald du zugibst, gelogen zu haben, lassen die erst wieder locker, wenn sie dich gebrochen haben.«
    »Na, dann antworte ich eben gar nicht auf die Fragen«, meinte Harpa.

    »Die nehmen dich fest«, sagte Björn. »Du wanderst in den Knast.«
    »Ich hatte nicht die Absicht, Gabríel Örn zu töten«, sagte Harpa. »Vielleicht glaubt der Richter mir das. Und vielleicht gehöre ich ja wirklich ins Gefängnis.«
    »Aber Harpa, hier geht es um zwei Verbrechen. Einmal den Tod von Gabríel Örn. Wir wissen, dass es ein Unfall war, und vielleicht würde das auch ein Richter so sehen. Aber dann ist da noch die Vertuschung. Das haben wir mit Absicht gemacht: du, ich, Sindri, der Student, der Koch. Dafür bekommen sie uns dran. Uns alle.«
    Harpa seufzte. »Ich könnte ja auch einen anonymen Tipp geben. Auf irgendeine Art und Weise muss ich sie jedenfalls warnen.«
    »Hör mal«, sagte Björn, »ich fahre jetzt direkt nach Reykjavík, dann können wir besprechen, wie du das am besten machst.«
    »Ich lasse mir das aber nicht von dir ausreden.«
    »Verstehe. Aber warte so lange, bis ich da bin.«

28
    Das Geschäft gehörte zu den zahlreichen Läden auf der Laugavegur, die ein Til-Leigu -Schild im Schaufenster hatten: »zu vermieten«. Vigdís kannte es von früher: Dort war eine Edelboutique gewesen, deren Angebot ihre finanziellen Mittel bei weitem überstieg. Heutzutage wohl die aller Isländer, vermutete sie.
    Sie hatte den blauen VW-Transporter mit Gulli Helgasons Namen und Telefonnummer draußen entdeckt, er stand in einer Seitenstraße einige Meter entfernt, der Vorderreifen einen halben Meter außerhalb der markierten Parkbucht. Vigdís betrat das Ladenlokal. Drei Männer lösten grellorange Farbe von den Wänden. Im Radio lief laut Jay-Z.
    »Gulli?«
    Einer der drei Männer drehte sich zu ihr um. Er war älter als die anderen beiden, wahrscheinlich Anfang dreißig, hatte sehr kurz geschnittenes dunkles Haar und kräftige Arme mit Tätowierungen. Er wäre ganz attraktiv gewesen, hätte er im Maleroverall nicht so einen dicken Bauch gehabt.
    Überrascht hob er die Augenbrauen. »Ja?« »Ich bin Detective Vigdís von der Polizei Reykjavík. Ich habe eben angerufen. Ich würde dir gern ein paar Fragen stellen.«
    Der Mann lachte.
    »Was ist so witzig?«
    »Du bist nicht bei der Polizei.«
    »Und warum bitte nicht?«, fragte Vigdís.
    »Das ist doch logisch: Du bist eine Schwarze. Du kannst keine Polizistin sein. Also: Wer bist du wirklich?«
    Vigdís riss sich zusammen. Sie war es gewohnt, dass ihre Identität
angezweifelt wurde, doch selten so offenkundig. Sie holte ihren Ausweis hervor und hielt ihn Gulli vor die Nase. »Siehst du das? Ein schwarzes Gesicht. Mein Gesicht.«
    In gespielter Kapitulation hob Gulli die Hände, dann streckte er ihr die Arme hin, als wolle er sich Handschellen anlegen lassen. »Schon gut, schon gut. Ich folge dir unauffällig.«
    »Sehr komisch.« Vigdís wandte sich an die beiden jüngeren Maler, die mit einem Grinsen zuschauten. »Ihr zwei: nach draußen! Und macht vorher das Radio aus!«
    »Hey! Die haben zu tun!«, protestierte Gulli.
    »Raus, habe ich gesagt.«
    Die Männer sahen erst ihren Chef, dann Vigdís an. Sie zuckten mit den Schultern, stellten Jay-Z aus und schlenderten auf die Straße.
    Vigdís sah sich kurz um. In dem

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