Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
Vom Netzwerk:
Raum befand sich nichts mehr außer Abdeckplanen, Pinseln und ungeöffneten Farbdosen. Es gab keine Sitzgelegenheit, sie mussten stehen. »So: Wo bist du letzte Woche gewesen?«
    »Ich war weg. Im Urlaub.«
    »Ach ja? Allein?«
    »Nein. Mit meiner Freundin.«
    »Und wo wart ihr?«
    »Auf Teneriffa. Kanarische Inseln.«
    »Aha. Wann bist du zurückgekommen?«
    »Gestern. Wir haben heute Morgen hier angefangen.«
    Vigdís holte ihr Notizbuch hervor. »Gut. Ich möchte Name und Anschrift deiner Freundin, die genauen Daten des Flugs und den Namen des Hotels auf Teneriffa.«
    Gulli zuckte mit den Achseln und nannte ihr alles. »Um was geht’s denn?«
    »Wir untersuchen noch mal den Tod von Gabríel Örn Bergsson im Januar.«
    »Aber warum willst du dann wissen, wo ich letzte Woche war?«
    Vigdís überhörte die Frage. »Am 24. Januar war dein Bruder Björn also bei dir in Reykjavík?«

    »Genau. Er kam ungefähr gegen Mittag an. Wollte zu der Demonstration vor dem Parlament, deshalb bot ich ihm an, bei mir zu schlafen.«
    »Warst du auch auf der Demo?«
    »Nein.« Gulli schnaubte verächtlich. »Für so was interessiere ich mich nicht. Reine Zeitverschwendung. Was hat es denn genützt? Die eine Bande von Politikern sind wir losgeworden, jetzt sitzt die nächste da, genauso schlimm wie die erste.«
    »Hast du deinen Bruder an dem Tag gesehen?«
    »Ja. Ich hatte nichts zu tun, momentan ist es schwer, Arbeit zu finden. Ich habe ihn in die Wohnung gelassen. Wir haben zusammen Mittag gegessen. Ich gab ihm einen Schlüssel, dann ging er zur Demo.«
    »Und du?«
    »Ich bin zu Hause geblieben. Hab Fernsehen geguckt. Dann traf ich mich mit meiner Freundin. Ich war die ganze Nacht unterwegs und kam erst am nächsten Morgen zurück.«
    Vigdís notierte sich alles. »Und dann sahst du Björn?«
    »Ja. Mit Harpa. Sie hatte die Nacht bei ihm verbracht. Wollte gerade gehen.«
    »Hattest du sie vorher schon mal gesehen?«
    »Nein. Noch nie. Aber seitdem natürlich schon. Nicht oft, aber man kann Björn und sie wohl als Paar bezeichnen.«
    »Und Björn, was machte der anschließend?«
    »Fuhr am Vormittag zurück nach Grundarfjörður, denke ich. Ich ging los, Arbeit suchen. Weiß aber nicht mehr, ob ich was gefunden habe. Wahrscheinlich nicht. Aber das habe ich damals alles schon der Polizei erzählt.«
    Vigdís nickte. Hatte er tatsächlich. Und was er ihr gerade geschildert hatte, deckte sich ziemlich genau mit Árnis Aufzeichnungen.
    »Erzählte Björn am nächsten Morgen irgendwas von der Demo?«
    »Ja. Er berichtete alles haarklein.«
    »Wirkte er besorgt? Bedrückt?«

    Gulli runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf. »Nee. Weiß nicht. Mir ist nichts aufgefallen, und wenn doch, hab ich es vergessen. Können meine Jungs jetzt vielleicht weiterarbeiten?«
    Vigdís merkte, dass sie nichts Nützliches aus Gulli herausbekommen würde, solange sie ihn nicht gründlich auf dem Präsidium verhörte, und vielleicht nicht einmal dann. Wichtig war, dass er die Sache mit dem Urlaub bestätigt hatte.
    »Danke für deine Hilfe, Gulli, und dass du mir so viel von deiner kostbaren Zeit geopfert hast«, sagte sie übertrieben höflich.
    Vigdís eilte zurück zum Revier, um Icelandair anzurufen und Gullis Flüge zu überprüfen. Auf der Straße sah sie eine Politesse, die sie auf den Vorderreifen von Gullis Transporter hinwies. Die Einfahrt musste schließlich freigehalten werden.

    Magnus wanderte über den Radweg entlang der Bucht. Die Unterlagen zum Fall Benedikt Jóhannesson waren in seiner Aktentasche. Eine frische Brise vom Wasser brachte seine Wangen zum Kribbeln. Der Himmel war von einem leichten Blassblau, der gewaltige Felswall von Esja leuchtete zart. Oben auf dem Grat des Berges lag ein wenig Schnee, der erste in diesem Jahr.
    Magnus brauchte frische Luft. Nachdem er das Büro des Polizeichefs verlassen hatte, war er quer über die Straße zurück zum Präsidium gegangen. Er hatte Vigdís erklärt, was geschehen war, und ihr das Versprechen abgenommen, ihn auf dem Laufenden zu halten, falls sie oder Árni etwas herausfanden. Die Nachricht, dass Magnus vom Fall abgezogen worden war, schien seine Kollegin nur noch entschlossener zu machen, ihn zu lösen. Magnus war beeindruckt.
    Wenn sie unauffällig weiterforschten, bestand seiner Meinung nach die Möglichkeit, dass Árni und Vigdís vorankamen. Falls Baldur sie nicht aufhielt.
    Magnus war sauer: auf den Polizeichef, auf Sharon Piper und – am schlimmsten für sein inneres

Weitere Kostenlose Bücher