Magnus Jonson 02 - Wut
wichtig!«
»Langsam, Magnus, immer mit der Ruhe! Es gibt Neuigkeiten aus der Normandie.«
»Ach ja?«
»Ein Mädchen in einer Bäckerei bediente einen Kunden am Morgen vor dem Anschlag. Das Dorf liegt nur wenige Kilometer von der Stelle entfernt, wo auf Lister geschossen wurde. Der Kunde trug eine hellblaue Jacke und fuhr ein Motorrad mit holländischem Kennzeichen.«
»Derselbe Mann, den der Bauer sah?«
»Hört sich so an.«
»Konnte sie ihn näher beschreiben?«
»Ja. Das wirklich Interessante ist aber die Münze, mit der er bezahlen wollte. Zuerst dachte sie, es wären zwanzig Euro-Cent, doch dann entpuppte sie sich als etwas anderes.«
»Lass mich raten: isländische Kronen?«
»Genau. Ein Fünfzig-Kronen-Stück.«
»Verdammt! Und wie lautet die Beschreibung?«
»Gutaussehender Mann, dunkles Haar, unrasiert. Blaue Augen. Schlank, aber kräftig. Um die dreißig, fünfunddreißig. Ziemlich groß, vielleicht eins fünfundachtzig. Das sind sechs Fuß eins.«
»Ich weiß.«
»Ísak ist es nicht«, sagte Sharon. »Könnte es Harpas Freund Björn sein?«
»Ohne weiteres«, sagte Magnus. »Die Beschreibung passt.«
»Gut, das werde ich an SO 15 weitergeben.«
»SO 15?«
»Die Anti-Terror-Einheit. Hier gibt’s eine Menge Leute, die jetzt ganz nervös werden. Ich tippe, ihr werdet schon bald von uns hören.
Oder von den Franzosen. Kannst du ein Foto von Björn rüberschicken?«
»Doch. Denke schon.« Magnus überlegte. »Praktisch bin ich vom Fall abgezogen und momentan nicht auf der Dienststelle. Für die Isländer wird das eine sehr heikle Angelegenheit werden. Grenzübergreifende Zusammenarbeit kann überaus kompliziert sein, sobald es politisch wird.«
Ein Jahr zuvor hatte Magnus in Boston an einem Fall gearbeitet, bei dem es auch um einen Kanadier aus Montreal ging. Die kanadische Polizei war längst nicht so hilfsbereit gewesen wie sonst. Sie hatte in einem anderen Fall Anstoß an der informellen Hilfe genommen, was dazu führte, dass ein Terrorismusverdächtiger verhaftet und nach Guantánamo abgeschoben wurde. Seitdem hatte alles offizielle Wege nehmen müssen. Nervig, aber Magnus konnte es durchaus verstehen.
»Dein Vorgesetzter darf damit rechnen, in Kürze von uns zu hören«, sagte Sharon.
»Danke dir.«
Björn war also in die Normandie gefahren. Wahrscheinlich über Amsterdam. Hatte sich dort ein Motorrad gemietet oder gestohlen. Oder von jemandem geliehen. Besorgte sich ein Gewehr. Fuhr in die Normandie und vergrub es dort.
Und Ísak war derjenige gewesen, der ähnliche Vorarbeit in London geleistet hatte. Óskars Adresse ausfindig machen. Vielleicht die Waffe und das Motorrad besorgen.
Doch für wen? Die beiden hatten niemanden erschossen. Sindri ebenso wenig: Er war die ganze Zeit in Island gewesen. Es gab noch jemand anders. Eine Person, die mit einer Waffe umgehen konnte, die keine Hemmungen hatte zu töten, jedoch nicht selbst die Vorbereitungen treffen konnte. Vielleicht kam sie unterwegs nicht gut zurecht. Vielleicht sprach sie kein Englisch.
Wer sollte das sein? Magnus hatte keinen Schimmer.
Allerdings dürfte es kein Problem darstellen, zu überprüfen, ob Björn in der vergangenen Woche nach Amsterdam geflogen war.
Magnus musste sofort mit Baldur sprechen. Eilig verließ er das Café und hastete zum Polizeipräsidium.
»Wo ist Baldur?«, fragte er Vigdís.
»Beim Polizeichef. Ich glaube, Þorkell ist auch dabei. Sie beraten, ob sie Björn und Sindri festnehmen sollen.«
»Ich muss mit ihm reden.«
»Ich weiß nicht, wie lange die noch brauchen.«
»Dann muss ich sie unterbrechen. Árni, überprüf mal, ob Björn letzten Donnerstag oder Freitag nach Amsterdam geflogen ist und ob er am Samstag nach Reykjavík zurückkam.«
»Was ist denn passiert?«
»Er ist der Typ, den der Bauer einen Tag vor dem Anschlag auf Lister sah. Der vermeintliche Holländer. Der keiner war, er hatte nämlich isländisches Geld in der Tasche. Vigdís, komm mit! Vielleicht brauche ich deine Hilfe.«
Magnus entdeckte eine schmale Akte auf seinem Schreibtisch. Er warf einen kurzen Blick darauf: der Obduktionsbericht von Benedikt Jóhannesson. Magnus ließ ihn liegen und steuerte auf die Tür zu.
Das Büro des Polizeichefs war nur wenige hundert Meter weiter an einer vielbefahrenen Kreuzung in einem modernen Gebäude untergebracht, von dem man auf die Bucht schauen konnte. Auf dem Weg berichtete Magnus Vigdís von Sharons Anruf.
Sie wichen den Fahrzeugen aus. Magnus’ Handy vibrierte: Er
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