Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
Vom Netzwerk:
fühlte er sich darin nicht besonders wohl. Der Stoff saß auch nicht richtig. Magnus dachte an Colbys Freunde aus dem Investmentgeschäft und den Anwaltskanzleien in Boston. Sie würden einen weiten Bogen um diesen Mann schlagen. Doch Magnus wusste es besser, als dass er den Wert geduldiger, hartnäckiger Polizeiarbeit unterschätzt hätte. Es würde interessant sein zu sehen, wie es weiterging. Und er bewunderte die Isländer, dass sie für den Posten des Staatsanwalts eine so unorthodoxe Wahl getroffen hatten.
    »Wir haben eine Liste von Isländern zusammengestellt, die Gunnarsson unseres Wissens in den letzten Monaten in London traf.« Piper reichte dem Staatsanwalt das Papier. »Sagen Ihnen diese Namen etwas?«
    Durch seine Brille spähte er auf das Blatt. »Ja, ich kenne so gut wie alle. Geschäftsleute, Banker, Anwälte. Die isländische Wirtschaftselite.«
    »Wie geht die vor, die Wirtschaftselite?«, fragte Piper. »Schließen die sich alle zusammen, um sich zu schützen, oder gibt es Rivalität untereinander?«
    Der Staatsanwalt lachte. »Rivalität ist noch milde ausgedrückt. Einige von diesen Leuten hegen Feindschaften, die seit Jahrzehnten bestehen. Sehen Sie, ich gehöre nicht zu deren Welt, weshalb mir diese Aufgabe übertragen wurde, aber so langsam beginne ich diese Menschen zu verstehen.
    Es gibt die Familien aus dem alten Establishment, das auch ›Krake‹ genannt wird, weil es im zwanzigsten Jahrhundert so viele
Fangarme um isländische Unternehmen gewickelt hat. Diesen Familien gehörten Speditionen, Importfirmen und Einzelhändler. Sie sind einflussreich, aber dezent. Dann gibt es die jungen Leute, die sogenannten neuen Wikinger, die in den letzten zehn Jahren ein großes Netzwerk von Firmen aufgebaut haben. Das sind die Leute, die die ganzen Unternehmen in Großbritannien aufgekauft haben: Hamley’s, House of Fraser, Mothercare, die Supermarktkette Iceland, Moss Bros, selbst den Fußballverein West Ham United. Es gibt insgesamt drei Gruppen davon, und ihnen gehörten am Ende Anteile von drei der großen Banken. Und dann gibt es noch unseren ehemaligen Premierminister, Ólaf Tómasson. Einige dieser Geschäftsleute waren seine Freunde, andere seine Feinde, manche konnte er auf den Tod nicht ausstehen, wieder andere wurden von ihm bei Privatisierungen bevorzugt.«
    »Und was hat Óskar Gunnarsson mit all dem zu tun?«, fragte Magnus.
    »Er hatte den großen Vorteil, mit beinahe allen gut befreundet zu sein. Die Ódinsbanki war mit keiner der Gruppen näher verbandelt, sondern machte mit allen Geschäfte.«
    »Er hatte also keine speziellen Feinde?«
    Der Staatsanwalt schüttelte den Kopf. »Wissen Sie, manchmal ist von der isländischen Mafia die Rede. Es stimmt ja auch, dass sich hier alle einflussreichen Familien kennen. Aber es gibt keine Gewalt. Wir reden hier nicht über die italienische Mafia oder über die Russen. Ich denke, es ist immer möglich, dass eine Einzelperson gewalttätig oder zum Mörder wird – das kommt in jeder Gesellschaft vor. Aber als Gruppe bringen diese Typen andere nicht um.«
    »Und was ist mit den Russen? In London gibt es Gerüchte, dass die Isländer russisches Geld benutzten.«
    Der Staatsanwalt schüttelte abermals den Kopf. »Einige von den neuen Wikingern machten ihr Geld in den Neunzigern mit einer Abfüllanlage in St. Petersburg. Vielleicht kommen die Gerüchte daher. Wahrscheinlich haben sie bis heute Kontakte nach Russland. Aber was den Rest angeht: nein.«

    Piper seufzte. »Herzlichen Dank. Sagen Sie uns doch bitte Bescheid, wenn Sie über irgendeinen dieser Namen Näheres in Erfahrung bringen.«
    »Wir werden die Ódinsbanki genau im Blick behalten«, sagte der Staatsanwalt. »Und wenn so was wie ein Motiv für den Mord an Óskar auftaucht, melde ich mich bei Ihnen. Aber im Moment gibt es nichts.«
    »Noch eine letzte Frage«, sagte Magnus.
    Der Staatsanwalt hob fragend die Augenbrauen.
    »War Óskar ein Ganove?«
    Sein Gegenüber seufzte. »Er hat niemandem Geld gestohlen. Er hat niemanden körperlich versehrt, zumindest nicht dass ich wüsste. Aber wenn er mit seinen Kumpanen wirklich ein Netz von Unternehmen im Ausland aufgebaut hat, um heimlich gegenseitig in die Firmen zu investieren, dann hat er die Vorschriften verletzt. Und das ist nicht nur ein bloßer Formfehler, das ist von Belang. Es würde bedeuten, dass der isländische Boom auf Täuschung gebaut war.«
    Der Staatsanwalt lächelte verzagt. »Man kann allerdings auch nicht nur den

Weitere Kostenlose Bücher