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Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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war natürlich riskant, es war immer riskant, einen
Verdächtigen zu besuchen, ohne vorher anzurufen und sich zu vergewissern, dass er auch vor Ort war, aber Magnus ging dieses Risiko oft ein. Er überraschte die Leute gern. An dem Gesicht, das jemand machte, wenn er unerwartet der Polizei die Tür öffnete, konnte man viel ablesen.
    Magnus ging bei der örtlichen Polizeiwache vorbei, ein braunes Holzhaus direkt hinter dem Hafen. Dort traf er auf einen gutmütigen Constable namens Páll. Er war Mitte vierzig und hatte einen buschigen Schnauzbart. Noch eine Tasse Kaffee. Man merkte, dass Páll den Besuch von der Abteilung Gewaltverbrechen in Reykjavík aufregend fand, auch wenn er versuchte, sich nichts anmerken zu lassen. Natürlich kannte er Björn gut. Der Kollege kam zwar nicht gebürtig aus Grundarfjörður, war aber seit zehn Jahren dort tätig. Er mochte den Ort.
    Die Zeiten seien hart für Fischer, sowohl für die wenigen Selbständigen als auch für die Fischereigesellschaften mit ihren Fabriken. Zu hohe Kredite. Selbst hier, zweihundert Kilometer von Reykjavík entfernt, hätten sich die Leute zu viel Geld geliehen. Es läge an diesen verfluchten Bankern und an dem arroganten Schwein Ólaf Tómasson.
    Magnus hörte sich die übliche Litanei über die kreppa an, dann bat er ihn, in den folgenden Tagen ein Auge auf Björn zu haben. Er gab Páll seine Telefonnummer und erklärte ihm, dass er Björn in Verbindung mit dem Mord an Óskar Gunnarsson sprechen wollte.
    Nach einem späten Mittagessen in einem Café im Zentrum beschloss Magnus, einen kleinen Umweg nach Stykkishólmur zu machen. Vielleicht war Björn dort an Bord eines Bootes gegangen. Vielleicht auch nicht.
    Ohne einen Blick nach links auf den Bauernhof seines Großvaters zu werfen, brauste Magnus über das Berserkjahraun auf den nur siebzig Meter hohen Hügel zu, der Helgafell hieß, heiliger Berg. Von Bjarnarhöfn aus war er ein vertrauter Anblick. Einer der ersten Siedler in der Gegend, Þórólf Mostraskegg, war der Meinung gewesen, der kleine Berg sei in der Tat heilig, und er und seine
Gefolgsmänner würden von ihm verschluckt, wenn sie starben. Um die Heiligkeit des Ortes zu bewahren, ordnete er an, dass bei Todesstrafe kein Mann seinen »Elfenschreck« auf diesem Berg verrichten durfte. Natürlich taten seine Nachbarn genau das, sie erledigten ihre Notdurft sogar vor den Augen von Þórólfs Männern und lösten so die erste von zahllosen Fehden aus.
    In der Kirche unter dem Hügel, erinnerte sich Magnus, befand sich das Grab von Guðrún Ósvífrsdóttir, der Heldin einer anderen großen Saga, der Laxdæla.
    Vom Ufer eines kleinen Sees neben der Straße stieg ein Seeadler in die Luft empor und flog auf den kleinen Berg zu, die charakteristischen weißen Schwanzfedern weit ausgebreitet.
    Diese Landschaft, die sich in den letzten tausend Jahren nur so wenig verändert hatte, wurde in jenen Sagas lebendig, die Magnus zweitausend Meilen weiter unzählige Male gelesen hatte. Jeden der dort erwähnten Höfe gab es bis heute, alle wurden noch bewirtschaftet. Bjarnarhöfn, wo sein Großvater wohnte, war nach Björn aus dem Osten benannt, Styr hatte in Hraun gelebt, der Stammesführer Snorri in Helgafell und Arnkel in Bólstað auf der anderen Seite des Bergs. Damals beherbergten die Gehöfte mehr Menschen als heute. Normalerweise brachten ihre Bewohner, genau wie heute noch, die Schafe nach oben in die Berge, kümmerten sich um ihre Pferde, ernteten das Heu auf der Hauswiese. Nur dass die skandinavischen Bauern damals hin und wieder über die Lavaflächen stapften und sich mit Schwertern und Streitäxten gegenseitig den Garaus machten.
    Magnus’ Großeltern hatten ihm und seinem Bruder Óli einige von diesen Geschichten erzählt. Aber wenn sie das taten, lag ein düsterer Schatten darüber, der die Jungen zuerst elektrisiert und dann eingeschüchtert hatte.
    Magnus fuhr nach Stykkishólmur hinein, vorbei an seiner früheren Schule bis zum Hafen, umgeben von einem Durcheinander bunter wellblechverkleideter Häuser, von denen einige schon ziemlich alt aussahen. Auf den ersten Blick hatte sich die Stadt
nicht stark verändert. Das große weiße Krankenhaus und das Franziskanerkloster beherrschten die eine Seite des Hafens. Es war seltsam gewesen, die Nonnen in der Stadt zu sehen, viele von ihnen aus südeuropäischen Staaten. Island war ein ausgesprochen unkatholisches Land gewesen, so dass die Nonnen mit ihren fremden Sitten exotisch auf die Kinder

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