Magnus Jonson 02 - Wut
Romane, auch wenn sie nicht so bekannt sind.«
Sie lasen weiter. »Sieh mal da!«, rief Ingileif und wies auf den Abschnitt mit der Überschrift Tod .
Magnus war einige Zeilen hinter ihr; er übersprang ein bisschen, dann las er es auch. »O mein Gott.«
1985 wurde Benedikt Jóhannesson ermordet in seinem Haus in Reykjavík aufgefunden. Das Verbrechen wurde nie aufgeklärt; die Polizei ging von einem Einbruch aus.
»Bitte sehr, Mr. Detective«, sagte Ingileif. »Da dürfen Sie jetzt Ihre Zähne reinschlagen.«
18
August 1942
Mit schmerzendem Rücken rechte Hildur das Heu zusammen. Ihr Bruder Benedikt war zwanzig Meter entfernt, mit rhythmischen Schwüngen seiner Sense mähte er das hohe Gras. Hildur blickte hinauf zum Bjarnarhöfn-Berg. Schwarz zog es sich auf der anderen Seite des Berges zu, bald würde es losgehen. Sie hatten erst die Hälfte der Hauswiese abgeerntet. Die Zeit lief ihnen weg; wenn sie noch alles für den Winter hereinbekommen wollten, mussten sie sich beeilen. Das Gras zu mähen war die leichtere Aufgabe. Schwieriger war es, es zu trocknen und dann trocken zu halten. Eine Reihe von Heuhaufen hinter Hildur war der Beweis ihrer bisherigen Arbeit.
Sie erblickte eine Gestalt zu Pferde, die sich ihren Weg durch das Lavafeld über die Berserkjagata suchte. Hallgrím. Er war jetzt siebzehn Jahre alt, nicht sehr groß, ging dafür in die Breite. Einige der jüngeren Mädchen in der Gegend fanden ihn sogar attraktiv, was Hildur überhaupt nicht verstehen konnte. Sie wunderte sich, dass er neben ihrem jüngeren Bruder stehen blieb. Normalerweise ignorierten sich die beiden.
»Hallo, Benni!«
Benedikt hielt mit der Arbeit inne und richtete sich auf. »Hallo, Hallgrím.«
»Was macht ihr euch noch die Arbeit, das Heu einzubringen? Ich dachte, ihr hättet den Hof verkauft!«
»Der neue Besitzer wird seine Schafe im Winter auch füttern müssen, genau wie wir.«
»Hm. Er kommt aus Laxárdalur, nicht? Kann der nicht sein eigenes Heu mitbringen?«
Benedikt zuckte angesichts der dummen Bemerkung mit den Schultern und tat, als wolle er weiterarbeiten.
»Habe gehört, deine Mutter hat das Textilgeschäft in der Stadt gekauft?«, sagte Hallgrím.
»Stimmt.«
»Das heißt, du verkaufst bald Damenunterwäsche?«
»Ich werde nach Reykjavík zur Schule gehen. Zur Menntaskóli.«
»Das ist doch reine Zeitverschwendung, oder? Aber wahrscheinlich braucht dich deine Mutter zu Hause nicht mehr, wenn sie den Hof verkauft hat.«
»Wahrscheinlich nicht.«
»Tja«, sagte Hallgrím. »Wenn du nach Reykjavík gehst, vergiss nicht, was ich dir gesagt habe.« Er schaute hinüber zu Hildur, die den Kopf wegdrehte. »In der Kirche, als wir klein waren. Weißt du noch?«
»Ich weiß das noch«, sagte Benedikt. »Und zwar sehr gut.«
»Wirst du dein Wort halten?«
»Ich halte immer mein Wort.«
»Gut«, sagte Hallgrím. Er trieb sein Pferd an.
»Ach, Halli?«, sagte Benedikt.
Hallgrím blieb stehen. »Ja?«
»Weißt du auch noch, was ich in der Kirche gesagt habe?«
Hallgrím runzelte die Stirn. »Nein. Weiß ich nicht mehr.«
Benedikt lächelte und machte sich wieder ans Mähen.
Hallgrím zögerte, dann ritt er davon. Hildur ging zu ihrem Bruder. »Was war das denn gerade?«
»Ach, nichts.«
»Hatte es was mit Vater zu tun?«
»Wirklich, Hildur, das willst du nicht wissen.«
Hildur wollte es durchaus wissen, wusste aber aus Erfahrung, dass es sinnlos war, ihren Bruder zu bedrängen. Er konnte auf seine Art sehr stur sein.
»Ich bin froh, dass dieser Junge nicht mehr unser Nachbar ist«, sagte sie.
»Ich auch«, erwiderte Benedikt. »Ich auch.«
Sonntag, 20. September 2009
Magnus stellte die Kaffeetasse wenige Zentimeter neben Ingileifs Kopf auf dem Nachttisch ab und stieg zu ihr ins Bett. Während er aus seinem eigenen Becher trank, betrachtete er ihren Rücken. Ihr helles Haar war über das Kopfkissen gebreitet, ihre Schultern bewegten sich in sanfter Regelmäßigkeit auf und ab. Über einem Schulterblatt hatte sie verblasste Sommersprossen in der Form eines Halbmonds. Sie waren ihm noch nie aufgefallen. Magnus verspürte das Bedürfnis, sich vorzubeugen und mit der Hand über Ingileifs Wirbelsäule zu fahren, aber er wollte sie nicht wecken.
Er lächelte. Er hatte Glück, neben jemandem wie ihr aufwachen zu können.
Als hätte sie seinen Blick gespürt, spannte sich Ingileifs Körper an. Sie brummte und drehte sich blinzelnd um.
»Wie spät ist es?«, fragte sie.
»Kurz nach
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