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Magnus Jonson 02 - Wut

Magnus Jonson 02 - Wut

Titel: Magnus Jonson 02 - Wut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Ridpath
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der ganzen Sache. Es war meine Tante, die mich überzeugte, dass etwas dahintersteckte.«
    »Deine Tante?«
    »Ja. Die Frau meines Onkels. Sie war Benedikts ältere Schwester. Damals lebte sie auf Hraun.«
    »Und sie bestätigte die Geschichte?«
    »Nein«, sagte Unnur. »Sie sagte nichts dazu. Sie lächelte nur so wissend.«
    »Kanntest du Benedikt persönlich?«
    »Nur flüchtig. Wir trafen uns ein- oder zweimal auf den größeren Familienfeiern. Ein netter Mann, sehr klug, eher zurückhaltend.
Seine Mutter hatte den Hof verkauft und war in den Ort gezogen. Sie hatte früher das Textilgeschäft. Ich kann mich noch dunkel dran erinnern. Sie starb irgendwann in den Sechzigern. Aber du sagst, du hast noch eine andere Geschichte gefunden?«
    »Ja. Ingileif fiel sie wieder ein. Hast du auch die Kurzgeschichtensammlung?«
    »Nein«, sagte Unnur.
    »Also, es gibt eine Geschichte, die heißt Der Ausrutscher «, erklärte Ingileif. Sie fasste den Inhalt für Unnur zusammen, die aufmerksam lauschte.
    »Aha«, sagte sie. »Ich meine mich zu erinnern, dass Gunnar von irgendeiner Klippe stürzte, oder?«
    »Ja«, sagte Magnus. »Von Búlandshöfði. Er war auf dem Pferd unterwegs. Das hat mir mein Großvater erzählt.«
    »Willst du damit sagen, dass er gestoßen wurde? Von Benedikt?«
    »Möglich. Im Buch nimmt der Junge Rache für die Vergewaltigung seiner Schwester. In diesem Fall wäre es für den Mord an seinem Vater.«
    Unnur dachte darüber nach. »Möglich ist es schon. Ich kann mir nur nicht vorstellen, dass Benedikt jemanden umbringt. Jetzt ist das alles Geschichte, oder?«
    »Vielleicht noch nicht ganz«, meinte Magnus. »Vergiss nicht, dass Benedikt selbst umgebracht wurde. 1985.«
    »Aber das war ein Einbruch«, wandte Unnur ein.
    Die drei saßen schweigend da und ließen sich alles durch den Kopf gehen.
    Unnur schauderte. »Das ist gruselig. Drei Todesfälle. Im Laufe von … wie viel? Fünfzig Jahren? Von den Dreißigern bis zu den Achtzigern.«
    »Lebt deine Tante noch?«, wollte Ingileif wissen.
    »Ja. Aber ich bezweifle, dass sie euch etwas erzählen würde.«
    »Bei alten Leuten weiß man nie«, sagte Ingileif. »Manchmal reden sie nur zu gern, wenn es um Menschen geht, die nicht mehr unter uns sind.«

    »Es ist wichtig«, sagte Magnus.
    »Ja, das kann ich mir vorstellen«, entgegnete Unnur. »Na, wir können sie ja besuchen gehen. Sie wohnt direkt um die Ecke.«
    Die drei verließen das Restaurant und bogen in eine kleine Straße ein, die hinter der Fischfabrik bergan stieg. Sie gelangten an ein kleines Haus, das aussah wie eine Zeichnung aus einem Kinderbuch. Es war mit Wellblech verkleidet und grellgrün gestrichen, das Dach leuchtete rot. Die Fenster waren mit Elfen in allen Formen geschmückt. Unnur drückte auf die Klingel. Über der Tür war ein weißes Schild, auf das sorgfältig in Schwarz das Jahr 1903 gemalt war. Rosa Blumen wanden sich um die Ziffern.
    Unnurs Tante Hildur war eine kleine Frau mit krummem Rücken, strahlend blauen Augen und einem flinken Verstand. Ihr Gesicht hellte sich auf, als sie ihre Nichte erblickte. Sie führte die Gäste in ein überheiztes, zugestelltes Esszimmer mit Landschaftsbildern an den Wänden und kleinen isländischen Flaggen, die auf jeder verfügbaren Fläche neben Elfen, Robbenbabys, Trollen und Vögeln emporragten. Unnur wurde in die Küche geschickt, um Kaffee zu holen.
    Hildur griff zu ihrem Strickzeug. »Das ist für meinen Urgroßenkel«, sagte sie. »Nächste Woche wird er zwei, er soll den Pulli zum Geburtstag bekommen. Ich hoffe, es stört euch nicht, wenn ich daran arbeite.«
    Sie zeigte ihnen einen fast fertigen kleinen Lopi -Pulli mit einem komplizierten blau-weißen Muster, das sich kreisförmig über Brust und Schultern zog.
    »Der ist wunderschön«, sagte Ingileif begeistert.
    Die alte Dame brummte etwas, freute sich aber erkennbar über das Lob.
    Unnur kam mit dem Kaffee. »Das ist Magnús Ragnarsson, Tante Hildur. Hallgríms Enkel.«
    Sofort hefteten sich Hildurs blaue Augen auf Magnus. Statt Wärme verrieten sie nun Argwohn.
    »Als ich klein war, habe ich vier Jahre bei meinen Großeltern
auf Bjarnarhöfn gelebt«, sagte Magnus. »Es war keine glückliche Zeit.«
    »Das kann ich mir vorstellen«, sagte die alte Frau.
    »Du kennst meinen Großvater, nehme ich an?«
    »Sicher«, sagte Hildur. »Wir waren Nachbarn, bis ich ungefähr zwanzig war. Wir wohnten auf Hraun. Seitdem gehe ich ihm lieber aus dem Weg.«
    »Du magst ihn nicht?«
    »Nein.

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