Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
hier oben antraf, stockte ihr der Atem. Sie war nahe daran, umzukehren. Sich einfach umzudrehen und Hals über Kopf wieder zurückzulaufen, ohne ihn anzusprechen. Eine Weile stand sie da, bewegungslos, unfähig, auch nur einen Schritt zu tun. Sein blondes Haar. Diesmal trug er keine Kappe. Die alte hatte sie verdorben - allein beim Gedanken daran wurde sie glühend rot -, aber er hätte sich ja eine neue kaufen können. War ihm denn nicht kalt? Er trug seine dunkle
Jacke und darüber etwas Helleres … Sie ging unwillkürlich näher. Es war ihr Schal.
    Das Glück wallte in ihr auf, eine Woge schier unerträglicher Freude - die gleich darauf vom Zweifel gedämpft wurde. Hanna stand jetzt vielleicht zwei Meter hinter ihm, doch er bemerkte sie nicht. Hätte er nicht spüren müssen, dass sie da war, wenn sie einander wirklich so verbunden waren, wie es ihr vorkam? Als teilten wir uns eine Seele, hatte Réka gesagt.
    »Mattim?« Es war nicht einmal ein Flüstern. Sie konnte nicht sprechen, nur ihre Lippen bewegten sich. Schließlich gab sie es auf, irgendetwas sagen zu wollen. Sie trat einfach neben ihn an die Mauer und legte die Hände auf die Brüstung.
    Mattim wandte den Kopf und musterte sie.
    Hanna hatte ihn so schrecklich lange nicht gesehen. Es war nicht nur eine Woche, es schien ihr, als wären sie unendlich lange getrennt gewesen. Sie musste sich jedes Detail seines Gesichts einprägen. Die grauen Augen, der leichte Schwung seiner Lippen … Die Laternen leuchteten den Platz aus, und dennoch wirkte er in ihrem Licht ferner und geheimnisvoller als unter der erbarmungslosen Neonröhre im Fahrstuhl. In diesem Moment glaubte sie ausnahmslos alles, was er zu ihr gesagt hatte, selbst dass er ein Prinz aus wer weiß wo war.
    Er lächelte nicht. Sie starrten einander an, aber er sagte kein Wort. Langsam, als koste es ihn unendlich viel Kraft, wandte er sich wieder der leuchtenden Stadt zu.
    »Mattim«, sagte sie kläglich.
    »Du weißt, wer ich bin?« In seinen Augen flackerte etwas auf.
    »Ich weiß alles. Frag mich bitte nicht, warum.« Sie fühlte sich so erbärmlich unsicher, dass ihr die Knie wackelten. Als er ihre Hand nahm, durchzuckte es sie wie ein elektrischer Schlag.

    »Du kannst es nicht wissen«, beharrte er. »Dass du mich finden würdest, das haben sie mir gesagt. Es ist - es hat nichts zu bedeuten.« Er ließ ihre Hand wieder los.
    »Es hat nichts zu bedeuten?« Ihre Augen füllten sich mit Tränen.
    »Beim Licht«, murmelte er. »Die ganze Zeit habe ich darüber nachgedacht, was ich tun soll, wenn du vor mir stehst. Hör zu, es ist nicht leicht zu erklären. Du suchst nicht wirklich mich.«
    Sie lehnte sich mit dem Rücken gegen die Mauer und schloss die Augen. Sie war nicht hergekommen, um mit ihm zu diskutieren. So sehr hatte sie sich auf diesen Moment gefreut, mehr, als sie ihm jemals würde erklären können. Und nun war er ein Fremder, der überhaupt nicht begriff, worum es ging. Der nicht dasselbe fühlte wie sie, der nie irgendetwas für sie empfunden hatte. Nur ein paar Stunden im Fahrstuhl, mehr hatten sie nicht gemeinsam.
    Sie öffnete die Augen wieder und schaute ihn an. Letztendlich konnte sie nicht darauf verzichten, ihn zu sehen, seine Stimme zu hören. Sie musste sich jede Geste, jedes Wort einprägen, damit sie davon träumen konnte. Später. Denn vergessen würde sie ihn nicht, das wusste sie. Auch wenn es ein Fehler gewesen war, herzukommen.
    »Mattim«, sagte sie leise. »Du bist der letzte Prinz des Lichts aus der Stadt Akink. Jeden Abend kommst du hierher und siehst auf die Donau hinab.«
    »Woher weißt du das?«, flüsterte er. »Ich habe dir das alles weggenommen.«
    »Ich habe es mir wiedergeholt.« Wie sollte sie ihm das erklären: dass es sein Gesicht war und sein Name und das Gefühl seiner Arme um ihre Schultern? Dass er etwas in ihr berührt hatte und dass das Gefühl dieser Berührung an ihr haften geblieben war, stärker als alles, was ihr jemals begegnet war, wie ein Feuer, das immer wieder aufflammen würde, sooft man auch versuchte, es zu löschen?

    »Du weißt, was ich getan habe? Du weißt es und bist trotzdem hier?«
    »Kunun hat behauptet, ich würde dir nicht verzeihen«, sagte sie. »Aber ich tue es.«
    Er legte beide Arme um sie, und sie lehnte sich an ihn. An diese Brust, in der kein Herz schlug. Seine Jacke roch vertraut. Wie er sie festhielt, auch das war so vertraut, als wäre es schon immer so gewesen.
    »Hanna«, wisperte er in ihr Haar.
    Sie hob den

Weitere Kostenlose Bücher