Magyria 01 - Das Herz des Schattens
ist der süßeste Budapester Junge, den es gibt. Nicht unbedingt der Netteste, dafür geht er ohne mich nirgendwohin.«
Was sollte er davon halten? War sie etwa nicht frei?
»Willst du nicht mitkommen? Ich mache euch miteinander bekannt.«
In ihren Augen blitzte es. Sie unterdrückte ein Lachen. Da war irgendetwas, was sie ihm verschwieg.
Er konnte sie unmöglich gehen lassen. Es war, als würde er seinem Herzen erlauben, ohne ihn durch die Stadt zu reisen.
»Den will ich sehen«, sagte er grimmig, nur um noch einmal dieses entzückende Grinsen auf ihr Gesicht zu zaubern, »diesen Attila.«
ZWEIUNDZWANZIG
BUDAPEST, UNGARN
»Komm, die Treppe hoch.« Sie huschten die Stufen hinauf, kichernd und auf leisen Sohlen. Mattim hatte Hanna angerufen, sobald Kunun aus dem Haus war - einer der anderen Vampire, die hier schon länger lebten, hatte ihm erklärt, wie man ein Handy benutzte -, und nun war sie hier, und ihr Herz schrie vor Glück, als er ihr die Tür unter den Löwen öffnete und sie ihm nach oben in seine Wohnung folgte.
»Werden sie dich nicht verraten?«, fragte sie, als er die Wohnungstür hinter ihnen zudrückte. Mattims Lächeln erinnerte sie unglaublich an Attila, wenn er etwas Verbotenes tat. »Die anderen, die hier wohnen?«
Hanna hatte keine Vampire gesehen, aber dieses Haus war von ihrer Gegenwart durchdrungen. Sie wusste nicht, ob sie sich das einbildete oder wirklich fühlte. Ein Kribbeln, das ihr über den Rücken lief und sie dazu brachte, sich ständig umzusehen. Gefahr! Gefahr!
Mattim lachte nur. »Wir sollten uns nicht hier treffen«, stimmte er ihr zu, ohne dass die Freude aus seinem Blick wich. Es war, als hätte jemand einen Dimmer betätigt und den Glanz seiner Augen verstärkt. Sobald er Hanna betrachtete, war es, als würde etwas in ihm aufleuchten, etwas, das unter einem dichten Überzug verborgen war, unter einer Schicht aus Dunkelheit und Verzweiflung, und dennoch bereit dazu, aus allen Poren zu strahlen.
Sie merkte, dass sie ihn anstarrte, und drehte sich hastig um. Als sie ihre Jacke auszog, legte er ihr etwas Weiches um die Schultern.
»Was ist das? Ein - Schal?«
»Ich habe dir einen neuen gekauft«, verkündete er. »Damit ich deinen behalten kann. Was ist, gefällt er dir?« Seine Augen leuchteten erwartungsvoll.
»Er ist wunderschön.« Sie schmiegte die Wange an den weichen Stoff. Dabei fiel ihr Blick auf seine Schulbücher. »Sind das wirklich deine? Ich habe mich schon gewundert.«
»Ich dachte, wir könnten zusammen lernen.« Dass er dieses Grinsen nicht aus dem Gesicht bekam! »Schließlich musst du noch an deiner Grammatik feilen.«
»Ach, muss ich das?«
Hannas gespielten Ärger konnte er nicht widerstehen.
Bei diesem Kuss, so sanft und süß, verspürte er nicht das geringste Verlangen, sie zu beißen. Er war so gesättigt von seinem Glück, dass es sich fast wie eigenes Leben anfühlte. Ja, es genügte, Hanna im Arm zu halten und zu hören, wie sie atmete.
»Wenn ich gewusst hätte, dass es dich gibt in dieser Welt, ich wäre schon früher gekommen«, flüsterte er in ihr Haar.
»Wie war es?«, fragte sie. »Das erste Mal herzukommen?«
»Atschorek hat mich hergebracht«, sagte er. »Sie nahm die Fackeln von den Wänden, öffnete Wilders Käfig und ließ ihn zurück in den Wald … Wilder ist unser Bruder … Sie fragte mich, ob ich gemerkt hätte, dass ich aus dem Käfig gestiegen war, ohne ihn zu öffnen, einfach durch den Schatten hindurch. Das hatte ich nicht, deshalb erschrak ich, und es fühlte sich an, als würde mein Herz stehen bleiben. Ich spürte die Leere in meiner Brust sehr deutlich. So leer und leicht war ich, dass ich mit ihr durch den Schatten gehen konnte, mitten durch den Fels … in den Keller eines Hauses in einer Stadt, die von steinernen Löwen bewacht wird. In dem einen Augenblick stand ich in einer Höhle,
die nach Blut roch und nach Angst und Wolf, im nächsten war ich hier und fing an zu glauben, dass ich wirklich tot bin. Du weißt überhaupt nicht, wovon ich rede, nicht wahr?«
Hanna wollte nichts sagen, sondern nur zuhören, seiner Stimme, die klang, als würde sie ein Lied aus einer anderen Welt singen, ein uraltes Lied, das man nicht verstehen musste, um seine Schönheit zu begreifen. Er erzählte von Akink und dem Kampf gegen die Schatten, als hätte er sein ganzes Leben lang nichts anderes getan, als bei ihr zu sein und über die Dinge zu reden, die geschahen und geschehen waren und die noch geschehen würden,
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