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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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aber es war ein Fehler, ihn zu berühren, jetzt, da sie gemeinsam nach einem Weg in den Keller suchen wollten. Ihre Hand auf seiner Schulter. Ihr warmer Atem an seiner Wange. Er schnappte nach Luft, als die Sehnsucht wie eine Woge über ihm zusammenschlug. Nach einem Kuss. Nach ihr. Nach viel mehr. Nach ihrem Leben. Ihrem Blut. Nach allem, was sie war.
    Aufstöhnend wandte er sich von ihr ab und schlug die Hände vors Gesicht. »Geh«, sagte er heiser. »Geh einfach.«

    »Mattim …«
    »Geh, Hanna, bitte.«
    Sie konnte sich unmöglich einfach so fortschicken lassen. Zusehen, wie er sich quälte, wie er litt, als müsste er unerträgliche Schmerzen erdulden.
    »Mattim.«
    Der Prinz machte eine heftige Bewegung, als wollte er die Hand abschütteln, die sie ihm wieder auf die Schulter gelegt hatte. Dann hielt er still, als wüsste er, dass er, wenn er sich umdrehte, sich auf sie stürzen und seine Zähne in ihren Hals schlagen würde. Er hielt so still, dass sie, als sie ihn umfasste, spüren konnte, dass er tatsächlich nicht atmete. Dass seine Brust sich nicht bewegte und sein Herz nicht schlug. Aus seinem Inneren kam ein Laut, der sie bis ins Mark traf, ein Hilfeschrei, den er nicht unterdrücken konnte.
    Hanna lehnte die Wange an seinen Rücken und hielt ihn fest. Und wartete. Wartete, bis er wieder atmete, so als hätte sie es tatsächlich fertiggebracht, ihn aus dem Meer von Dunkelheit wieder an die Oberfläche zu ziehen.
    Dann berührte sie mit den Fingerspitzen sein Gesicht, zart wie warmer Regen. Sie zog seine Hände fort, hinter denen er sich versteckte, und berührte seinen Mund.
    »Trink«, sagte sie.
    »Du darfst dich nicht für mich opfern. Das kann ich nicht zulassen. Du …«
    Sacht legte sie die Finger an seine Lippen, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Es ist Vormittag«, sagte sie. »Draußen scheint die Sonne. Wenn der Schutz nachlässt, musst du ihn erneuern. Trink, Mattim. Danach suchen wir die verdammte Pforte in diesem verdammten Keller.«
    Er strich ihr eine Haarsträhne aus der Stirn, so behutsam, als würde er einen Schmetterling von einer Blüte heben. »Du fluchst erbärmlich«, meinte er. »Du fluchst wie eine Ausländerin.«

    Sie hielt ihm ihren Arm hin.
    »Du bist verrückt«, flüsterte er. »Es gibt keinen Grund, das zu tun.«
    Sie sagte nichts. Nur ihr Herz schlug, schlug heftig, als er ihr mit den Fingern über den Unterarm fuhr, über die blauen Fäden ihrer Adern. Ihr Herz schlug, schlug wie eine Welle über ihnen beiden zusammen.
     
    »Du kannst dich nicht erinnern«, sagte Mattim.
    Hanna stand vor ihm und zog ihren Arm zurück, den sie ausgestreckt hatte, als wollte sie ihn zum Tanz auffordern. Sie blinzelte, und das Blut rauschte in ihren Ohren. Es fühlte sich nicht an, als müsste sie gleich in Ohnmacht fallen, daher erwiderte sie seinen besorgten Blick mit einem aufmunternden Lächeln.
    »Der Keller. Ich weiß genau, was wir vorhaben.« Sie unterdrückte den Impuls, die kleine Wunde zu untersuchen. »Komm. Ich habe nicht mehr viel Zeit, ich muss bald Attila abholen.«
    Er sagte nichts. Er musterte sie nur, und sie wünschte sich mehr als alles andere, sie könnte ihm die Gewissensbisse nehmen und ihn von dem Schmerz befreien, dass er ihr wehgetan hatte.
    Leise zog der Prinz die Tür auf, und Hanna spähte an ihm vorbei in den Flur. Der Innenhof lag ruhig unter ihnen, auf keinem der umliegenden Flure regte sich etwas.
    »Wo sind sie eigentlich alle hin? Beute machen? Sich neue Opfer suchen?«
    Mattim gab so etwas wie ein Knurren von sich, und sie verwünschte sich, ihn daran erinnert zu haben, dass seine Beute freiwillig zu ihm kam.
    »Du bist keine Beute«, flüsterte er, »und kein Opfer. Du bist mein Herz.«
    »Wenn man im Hof steht«, sagte sie laut, um seinen Blicken und seinen Worten zu entgehen, »und der Fahrstuhl
ist oben, dann müsste man doch durch die Glasscheibe in den Keller sehen können?«
    »Ja, aber die vordere Tür lässt sich nicht öffnen, wenn der Aufzug nicht im Erdgeschoss ist.«
    »Kann man sie aufbrechen?« Sie musterte die Metalltür im oberen Stockwerk. »Die unterste meine ich natürlich. Und dann mit einer Leiter nach unten klettern?«
    »Die Tür aufbrechen? Ich wüsste nicht wie. Kunun darf nicht das Geringste ahnen, verstehst du? Ich weiß nicht, wie lange ich brauche, um herauszufinden, wie man die Pforte nach Magyria öffnet und schließt. Bestimmt werde ich öfter hinuntergehen müssen.«
    »Wenn dein Bruder nichts merken soll … Er hat

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