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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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würdest.«
    Ein Becher mit Hannas Blut …
    » Ich weiß, dass du heute rüberwillst«, sagte sie. »Aber du brauchst jemanden auf dieser Seite. Jemanden, der dafür sorgt, dass du Kunun nicht geradewegs in die Arme läufst, wenn du zurückkehrst. Mattim, ich hab dir ein Handy besorgt. Lass es unten im Keller, verstecke es dort irgendwo. Sobald du durch die Pforte zurückkommst, rufst du mich hier oben an. Ich werde dir sagen, ob die Luft rein ist, und den Fahrstuhl zu dir nach unten schicken.«
    Er schaute in ihr Gesicht. Es war ein Anblick, von dem man trinken konnte, der ihm Kraft gab, immer wieder.
    »Ich weiß genau, worum es geht«, sagte Hanna leise. »Geh nur. Bereite alles vor. Sprich mit deinen Eltern. Wenn du wiederkommst, werde ich hier sein.«
    »Kunun hat die Eigenschaft, stets in den unpassendsten Momenten aufzutauchen«, meinte er.
    »Eben.« Sie nickte ihm zu. »Lass die Schatten glauben, wir wären zusammen hier. Sie werden es ihm sagen, und er wird keinen Verdacht schöpfen.«
    »Aber ich kann dich unmöglich hier lassen.« Es rührte
ihn zutiefst, dass sie sich so viele Gedanken gemacht hatte, dass sie hergekommen war, um ihm zu helfen. »Wie könnte ich dich in diesem Haus allein lassen?«
    »Prinz Mattim«, flüsterte sie. »Gerade eben hatte ich den Eindruck, das zählt hier etwas. Ich wurde zu dir geführt, als wäre das hier dein Palast. Nicht nur Kununs, sondern auch deiner. Niemand wird mir etwas antun. Nicht, solange sie glauben, dass du auf der Seite deines Bruders stehst. Also lass mich dir dabei helfen, sie in diesem Glauben zu lassen.«
    Der Junge verzog gequält das Gesicht. Er wollte das nicht. Das konnte er nicht zulassen. In diesem Haus wäre sie immer in Gefahr … Aber Hanna hatte Recht. Er durfte nicht riskieren, Kunun in die Arme zu laufen und dessen Wut zu entfesseln. Außerdem sah Hanna ganz und gar nicht danach aus, als würde sie von ihrem Plan abzubringen sein.
    »Na gut.«
    Das Mädchen strahlte und verschränkte die Hände hinter seinem Nacken. Auf einmal kam es ihm sehr schwierig vor, überhaupt irgendwohin zu gehen. So verlockend war die Möglichkeit, einfach hierzubleiben. Nur noch ein Kuss … nur noch ein bisschen mehr …
    Schließlich löste sich Hanna aus seiner Umarmung.
    »Geh«, sagte sie. »Am besten jetzt gleich.« Sie lachte leise. Aber ihren Augen sah er an, dass sie genauso gut hätte weinen können. Sie bemühte sich, es nicht zu zeigen, und auf einmal fürchtete er sich vor dem, was er sich vorgenommen hatte. Sie beide wussten, es war gut möglich, dass Hanna hier umsonst wachte. Dass das Telefon nicht läutete, um ihr seine Rückkehr anzukündigen.
    Noch einmal berührte er ganz sacht ihre Lippen. »Bis bald. Versprochen.«
    Im Flur war keiner der anderen Schatten zu sehen. Der Prinz blickte über den Hof hinweg zu den anderen Stockwerken.
Der Fahrstuhl wartete immer noch auf ihn. So viel Glas. Man wusste nie, von wem man beobachtet wurde. Nie konnte man sicher sein, wie viele Augen aus verborgenen Winkeln spähten. Die Luft schien rein; absolute Sicherheit gab es nicht.
    Eins Fünf Null Zwei.
    Die dunkelblauen Gitter glitten an ihm vorbei, als der Lift hinunter in die Tiefe sank.

DREIUNDDREISSIG
    IM WALD, MAGYRIA
    Schnee. Diesmal war es keine Überraschung. Die dicke weiße Schicht unter den Bäumen war noch angewachsen; mit großen Schritten stapfte Mattim hindurch. Im fahlen Dämmerlicht wirkten die Stämme schwarz und griffen mit weiß überzuckerten Zweigen in den Abend hinaus.
    Ein Becher voller Blut …
    Er zwang den Gedanken zurück, auch wenn ihn die Sorge am liebsten sofort wieder in die Höhle getrieben hätte. Nein, sie würden es nicht wagen, Hanna etwas anzutun. Nicht einmal Atschorek. Sie hatte das Schwert niedergelegt, als Kunun es befohlen hatte. Und er hatte seinem Bruder keinen Anlass gegeben, etwas anderes anzuordnen.
    Die süße Luft Magyrias füllte seine Lungen. Er atmete tief ein, um den Duft zu genießen. Nach Schnee und Nacht und Zuhause. Ihm war, als könnte er selbst das Licht riechen, dort hinten in Akink. Die Stadt, eingehüllt in eine Wolke aus Licht …
    Von der Nachtpatrouille war nichts zu sehen. Er fand den Käfig, leer. Keine Spuren. Sie waren wohl schon länger nicht mehr hier gewesen, die Wächter und die Wölfe. Vielleicht bereitete Akink sich bereits auf den Angriff vor? Allerdings würde der König die Patrouille nicht in der Stadt zurückhalten, wenn es hier auf dieser Seite noch kleine Kämpfe auszufechten

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