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Magyria 01 - Das Herz des Schattens

Titel: Magyria 01 - Das Herz des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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neidisch.« Seine Schwester beschäftigte sich weiterhin ausgiebig mit Hannas Haaren.
    In den Spiegel durfte ihr Opfer noch nicht blicken. An Attilas großen Augen, der selbst auf dem Klo sitzend nicht mit dem Starren aufhören konnte, versuchte Hanna zu erkennen, ob Rékas Bemühungen erfolgreich waren.
    »Was hast du mit mir veranstaltet?«, fragte sie zweifelnd.
    »Ich werde Kosmetikerin«, sagte Réka. »Also mach dir keine Sorgen.«
    »Wirklich?«
    »Ganz bestimmt werde ich keine Ärztin. Auch keine Anwältin. Oder Architektin.« Das klang alles nach Berufen, mit denen ihre Eltern einverstanden sein könnten.
    »Sie würden sich die Haare ausreißen, wenn du Kosmetikerin wirst, wie?«
    »Oder Friseurin. Ja, das könnte mir auch gefallen.«
    Réka holte eine Flasche aus dem Badschrank und hüllte
Hanna in eine Wolke aus Haarspray. Attila prustete und ergriff die Flucht.
    »Spülen!«, rief seine Schwester ihm nach.
    »Nee! Du willst uns alle vergiften!«
    »Und du erst!«
    Nach dem kurzen geschwisterlichen Schlagabtausch kehrte wieder Ruhe ein. Zufrieden betrachtete die Kleine ihr Werk.
    »Darf ich es jetzt sehen?«
    »Nein! Erst ziehst du dich um. Was hattest du bei der Begegnung am Fluss an? Jeans. Du trägst immer Jeans.«
    »Ich hab gar nichts anderes mit.«
    »Du brauchst einen Rock. Dazu schöne Stiefel. Und einen Mantel.«
    »Deine Sachen sind mir zu klein.« Hanna war schlank, aber in die engen Sachen des ungarischen Teenagers hätte sie sich auch nach ein paar Wochen Hungern nicht zwängen können, abgesehen davon, dass das Mädchen mindestens zehn Zentimeter kleiner war.
    »Dann soll Mária dir was mitbringen. Die hat ungefähr deine Größe.«
    »Du willst noch mal bei ihr anrufen? Bestimmt ist sie schon unterwegs.«
    »Die nicht. Sie trödelt immer so lange. Wenn Mama und Papa sie engagieren, kommt sie jedes Mal so spät, dass die beiden ihre Termine verpassen. Warte hier, ich bin gleich wieder da.«
    Hanna konnte nicht widerstehen. Sobald Réka aus dem Zimmer war, stand sie von dem Stuhl auf, an den das Mädchen sie am liebsten gefesselt hätte, und huschte zum Spiegel.
     
    Selbst Mária ließ sich von der verschwörerischen Stimmung anstecken. Sie wartete ebenso gespannt darauf, dass Hanna sich umzog, wie Réka, die nervös mit den Füßen scharrte.

    »Jetzt siehst du endlich aus wie ein Mädchen«, stellte sie fest, als eine verwandelte Hanna aus dem Bad kam.
    »Ach, und wie habe ich vorher ausgesehen? Etwa wie ein Junge?«
    »Wie ein sehr hübscher Mann mit sehr langen Haaren. Soll ich dich so schminken, wenn du Weihnachten nach Hause fährst?«
    »Untersteh dich!« Sie lachten alle drei. Ja, Heiligabend war nicht mehr weit. Draußen hatten sich die schmutzigen, nassen Straßen in ein Meer aus Lichtern verwandelt, und die Pester Innenstadt glitzerte wie ein Weihnachtsbaum. Heimweh überfiel Hanna jedes Mal, wenn sie dort war und die überwältigend geschmückten Schaufenster betrachtete.
    Nein , dachte sie, nach Hause möchte ich gerne als ich selbst.
    » Etwas weniger Kajal hätte es auch getan«, meinte Mária und unterdrückte ein Kichern. »Na, dann mal los mit euch beiden. Vergesst nicht, zwei Stunden. Danach bin ich weg, klar?«
    »Klar.« Réka steckte ihr unauffällig ein Bündel Scheine zu.
    Hanna fragte nicht nach, woher das Mädchen das Geld hatte, wo es doch so wenig Taschengeld bekam. Mária schien jedenfalls zufrieden zu sein.
    »Komm.«
    Hanna bemühte sich, in den ungewohnt hochhackigen Stiefeln hinterherzueilen. Die Schuhe saßen nicht richtig. Sie hatte das Gefühl, dass nichts richtig saß, weder der viel zu kurze Rock noch das paillettenbesetzte Top. Irgendwie passte alles nicht richtig zu ihr. Es passte ihrer Meinung nach auch nicht zur Jahreszeit. Draußen war es kalt, und höchstwahrscheinlich würde es an diesem Abend auch noch regnen. Als sie selbst wäre sie so nie auf die Straße gegangen, aber ihre Lust an der Schauspielerei war erwacht. Sie fühlte sich wie eine Detektivin mit einem wichtigen Auftrag.

    »Was, wenn er uns zusammen sieht?«
    »Das ist egal«, beruhigte Réka sie. »Als wir uns kennengelernt haben, war ich mit Mária unterwegs, und davon hat er sich auch nicht stören lassen. Hier, mein Handy. Du machst so viele Fotos, wie du nur kannst, ja?«
    »Wohin gehen wir eigentlich?«
    Réka hakte sich bei ihr unter. »In ein Bistro. Mit Klavierbegleitung. Wird dir gefallen.«
    »Wenn du es sagst.«
    Das Mädchen lachte. »Sei doch nicht immer so

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