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Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
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zu Hanna, um sich seine Ration Blut abzuholen, ein ausgehungertes Raubtier, das mit knurrendem Magen heranschlich.
    Dann blieb er lieber hier – allein mit sich und seinem unstillbaren Hunger.
    Da er nichts getrunken hatte, musste er die Vorhänge so sorgfältig zuziehen, dass am Tag kein Lichtstrahl hindurchdringen konnte. Mattim lag auf seinem Bett und horchte auf die Stimmen. Hatte Atschorek wieder einen Gast mitgebracht? In all den Wochen, die er hier nun schon lebte, hatte er kein einziges Mal erlebt, dass sie sich mit jemandem stritt.
    »Nein!«, rief sie gerade. »Nein, nein, nein! Das ist verrückt! Das lasse ich nicht zu!«
    Mattim sprang auf und öffnete vorsichtig die Tür. Die andere Stimme hatte er längst erkannt. Leiser, seidiger, ohne sich zu Wutausbrüchen hinreißen zu lassen.
    »Ich habe es entschieden«, sagte Kunun. »Du kannst mich unterstützen oder mir Schwierigkeiten machen, ganz wie es dir beliebt. Es ändert nichts.«
    »Diese Idee haben wir schon vor vielen Jahren fallenlassen«, wandte Atschorek erneut ein. »Aus gutem Grund. Ich habe nicht gedacht, dass du noch einmal damit ankommst. Beim Licht, Kunun, es ist Wahnsinn! Er wird durchdrehen, und du wirst ihn töten müssen. Deinen eigenen Bruder!«
    »Es gibt keine andere Möglichkeit«, sagte Kunun ungerührt.
    Atschorek atmete tief durch. »Wen willst du nehmen? Bela oder Wilder?«
    »Bela«, sagte Kunun sofort. »Auf Wilder war noch nie Verlass. Vielleicht ist Bela sogar stark genug, um wenigstens einen Rest seines Verstands zu behalten.«
    »Bela soll verlässlicher sein? Da habe ich etwas ganz anderes erlebt. Im Ernst, Kunun, wenn du schon einen Wolf herbringen willst, nimm irgendeinen, aber nicht unsere Brüder. Jeder Schattenwolf kann das für uns tun. Es gibt keinen Grund, das Leben eines der Prinzen zu riskieren.«
    »Jeder andere Wolf wird noch weniger Widerstand gegen den Irrsinn leisten können.«
    »Warum? Woher willst du das wissen? Du hast doch nicht – du hast es versucht? Kunun!«
    »Es war schlimmer als mit Runia«, sagte Kunun. »Viel schlimmer.«
    »Na und? Sperr irgendeinen Schattenwolf in den Käfig. Bring ihn hierher in die Stadt. Soll er toben und geifern, egal. Wir brauchen ihn nur für diesen einen Biss, danach bringen wir ihn wieder zurück.«
    Der Schattenprinz hob den Kopf und sah Mattim oben am Geländer stehen. Er musterte ihn eine Weile, dann meinte er schroff: »Hatte ich dir nicht verboten, mir unter die Augen zu kommen, Mattim? Verzieh dich.«
    »Was hast du mit Bela vor?«
    Bela. Ihr Wolfsbruder, ein riesiger, schwarzgrauer Schattenwolf, der mit seinem Biss einen Menschen in einen Schatten verwandeln konnte, der Wolf, an dessen Seite Mattim durch den verschneiten Wald von Magyria gestreift war. Eine innige Zuneigung verband Mattim seitdem mit seinem Bruder. Er hatte nicht vor, sich zurückzuziehen, bevor er nicht wusste, was Kunun plante. Wenn sogar Atschorek dagegen war, konnte es nichts Gutes sein.
    »Das geht dich nichts an.« Der dunkle Blick des Vampirkönigs hätte jeden zum Erzittern gebracht, aber Mattim rührte sich nicht von der Stelle.
    »Ich will es wissen. Sag es mir.«
    »Kunun möchte ihn herbringen«, antwortete Atschorek. Mattim hatte sie noch nie so aufgebracht erlebt. »Was sich harmlos anhört, es aber nicht ist. Er hat das schon einmal gemacht. Mit Runia.«
    »Sei still, Atschorek«, befahl Kunun. »Das letzte Mal wussten wir beide nicht, was passieren würde.«
    »Wie kannst du es dann noch mal probieren? Wenn du es doch nun weißt?« Ihre Stimme schraubte sich höher.
    »Sei still und gehorche«, fuhr er sie an, und Atschorek sank auf einem der großen Sessel zusammen und bedeckte ihr Gesicht mit den Händen. »Auch Bela wird sich fügen müssen. Ich bringe ihn im Käfig durch die Pforte. Wenn er sich beruhigt hat, werde ich ihn hierhertransportieren.«
    »In mein Haus?«, japste die Schattenfrau.
    »In dein Haus«, wiederholte Kunun unerbittlich. »Ich erwarte von dir, dass du alles vorbereitest. Such als Opfer jemanden aus, der nicht gleich durchdreht und zur Polizei rennt. Kriegst du das hin, Schwesterherz?«
    Sie ließ die Hände wieder sinken und begegnete seinem Blick mit einem trotzigen Funkeln. »Ja, Hoheit.«
    Kunun nickte. Dann schaute er wieder nach oben, wo Mattim immer noch an der Brüstung stand, die Hände um die hölzernen Stäbe gekrallt. »Hast du vor, mich wütend zu machen, kleiner Bruder? Ich sagte, geh mir aus den Augen.«
    »Wenn du zu Bela willst, komme

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