Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Magyria 02 - Die Seele des Schattens

Titel: Magyria 02 - Die Seele des Schattens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lena Klassen
Vom Netzwerk:
unvermittelt stehenblieb und zur Burg hinaufsah.
    Er blickte sich nach dem Sprecher um. Sofort wurden die Wachen noch nervöser, als sie es ohnehin schon waren. Ein Ruck ging durch die Reihen, und die Wächter, die ihm am nächsten waren, hielten die Luft an.
    »Ich kann nicht«, gab er zu. »Ich kann nicht weitergehen.«
    Er dachte an Atschoreks Freund Zoltan, der im Sonnenlicht verglüht war. Es hatte nicht den Anschein gehabt, als ob er gelitten hätte. Weiterzugehen und vom Licht seiner Eltern verschlungen zu werden, war vielleicht der schönste Tod, den er sich aussuchen konnte. Aber um ihn zu wählen, hätte er all seine Hoffnung aufgeben müssen. Und das konnte er nicht. Nicht wenn Hanna dort unten im Verlies auf ihre Strafe wartete.
    Die Gasse, die die Wachen bildeten, führte geradewegs auf das Portal zu. Anscheinend hatten seine Eltern tatsächlich mit ihm reden wollen. Glühende Scham erfüllte ihn, weil er nicht in der Lage war weiterzugehen.
    »Bleib stehen, genau da. Rühr dich nicht vom Fleck.«
    Sie berieten. Er hörte das Wort »Schatten«, immer wieder. Es fühlte sich jedes Mal an wie eine Ohrfeige.
    »Wir bringen dich ins Verlies«, sagte einer der Wachmänner schließlich. Der Befehlshaber. Mattim erkannte jetzt die Stimme. Es war die Aufregung, die sie verzerrt hatte, die kaum zu unterdrückende Furcht.
    »Hauptmann Solta?«, fragte er.
    Sein ehemaliger Vorgesetzter erlaubte sich kein Zeichen des Wiedererkennens, als könnte es ein schlechtes Licht auf ihn werfen, dass er mit einem leibhaftigen Schatten bekannt war.
    »Nicht bewegen!«, befahl er schroff.
    Sie gruppierten die Wachen um. Ein neuer Weg in diesem Labyrinth der Waffen und Laternen entstand. Zu einer in den Boden eingelassenen Falltür.
    Der Zugang zum Hinrichtungsplatz. Direkt von den Verliesen führte ein Gang hierher, sodass man die zum Tode Verurteilten nicht durch die belebten Straßen eskortieren musste. Mattim wandte den Kopf und sah den Galgen hoch aufragen wie einen schwarzen Baum. Ihn schwindelte. Für Hanna? Der Galgen für Hanna?
    »Komm.«
    Sie öffneten die Falltür, und eine steile Treppe wurde sichtbar. Dort unten würde genug Schatten sein, um verschwinden zu können … Aber mit jedem Schritt, so fühlte er, kam er Hanna näher. Wie hätte er fliehen können ohne sie? Gehorsam stieg er die Stufen hinunter in einen breiten Gang, den Fackeln erleuchteten. Hinter Gittern konnte man dunkle Verliese erahnen. Wie sicher war er sich früher gewesen, dass jeder, der hier unten saß, sein Schicksal verdient hatte. Räuber, Mörder, Betrüger …
    Vor ihm stieß jemand eine Gittertür auf. Das Licht der Fackeln auf dem Gang erhellte auch diese Zelle, die leer war bis auf eine schmale Pritsche. Sein Blick fiel auf den nächsten Raum, wo an der Wand ein dunkelhaariges Mädchen saß, die Augen geschlossen, und das Gesicht ins flackernde Licht hielt.
    Niemand sprach. Mit hoch erhobenem Kopf betrat er den Ort der Verdammten.

SIEBZEHN
    Akink, Magyria
    Eine Mauer trennte sie. Nur eine Mauer. Dahinter saß Hanna und wartete. Sie hatte ihn nicht bemerkt. Mattim wollte sie rufen, aber sein Mund war trocken. Er wandte sich zu seiner Zellentür um, wo die Wachen mit steinernen Gesichtern verharrten. Immer noch hatten sie Pfeile auf ihn gerichtet, als könnten sie diese von dort, jenseits des Gitters, tatsächlich abschießen.
    Zu viel Licht. Seine Augen tränten von all dem Licht. Er wollte nicht darüber nachdenken, dass er vielleicht weinte. Vor Wut und Verzweiflung und Erleichterung.
    Die Mauer war hell angestrahlt, die Schatten, die die Gitterstäbe warfen, zu schmal. Er befühlte die Pritsche. Ein schmales Brett auf vier hölzernen Beinen, eine dünne Decke darauf. Wie gütig, dass die Gefangenen nicht auf dem strohbedeckten Boden schlafen mussten. Kalt war es hier unten. Hanna fror bestimmt, also musste er die Decke mitnehmen. Er legte sie sich um die Schultern, dann hob er das wackelige Bett an.
    »Nicht!«, rief einer der Wächter erschrocken.
    Der Prinz stellte es hochkant an die Wand, die ihn von seinem Mädchen trennte. Die Wachen traten sofort an die Gittertür und drohten mit ihren Lanzen.
    Der Schatten, den die Pritsche warf, war schmal, aber ausreichend, um durch die Mauer zu gehen. In der nächsten Zelle trat er wieder ins Licht.
    »Jetzt ist er hier!«, schrie jemand. »Er ist hier, bei ihr!«
    Hanna öffnete die Augen.
    Mattim hörte nicht auf das Geschrei aus dem Gang. »Schatten«, schrien sie, »Schatten!«
    Ein

Weitere Kostenlose Bücher