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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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bekäme, wenn Sie mir eine heikle Frage stellen.«
    »Genau.«
    Desjardins begann sich anzuziehen. »Warum gehen Sie nicht über den normalen Dienstweg? Das Schuldgefühl würde keinen Mucks machen, wenn ich wüsste, dass die Befehle aus der Chefetage kommen.«
    »Aber Rowan würde aufmucken.«
    »Ach ja, richtig.« Desjardins zog sich das Shirt über den Kopf. »Also, sagen Sie mir, ob ich das richtig verstanden habe: Sie stellen mir ein paar Fragen, und wenn ich sie nicht nach bestem Wissen und Gewissen beantworte, stechen Sie mir diese Nadel ins Ohr. Und wenn ich es tue, dann lassen Sie mich gehen, und wenn ich mich das nächste Mal an die Arbeit mache, heulen mehr Sirenen los, als ich zählen kann. Die nehmen mich Stück für Stück auseinander, um herauszufinden, was schiefgelaufen ist, und wenn ich sehr viel Glück habe, setzen sie mich lediglich als Sicherheitsrisiko auf die Straße. Ist das so weit korrekt?«
    »Nicht ganz«, sagte Lubin.
    »Was dann?«
    »Ich bin nicht die Todesfee«, sagte Lubin. Obwohl ihn vor beinahe zwei Jahren tatsächlich einmal jemand so bezeichnet hatte. »Ich hüpfe nicht fröhlich von Tür zu Tür und bringe ohne jeden Grund Menschen um. Und Sie werden noch wesentlich mehr tun, als mir ein paar Fragen zu beantworten. Sie werden mich an ihren Arbeitsplatz mitnehmen und mir Ihre Dateien zeigen.«
    »Nicht, nachdem …«
    Lubin hielt zwischen Daumen und Zeigefinger ein Pflaster hoch. »Ein Schuldgefühl-Analogon . Es wirkt nur für kurze Zeit und ist relativ inaktiv, aber ein Bluthund kann den Unterschied nicht erkennen. Kleben Sie es sich fünfzehn Minuten, bevor Sie zur Arbeit gehen, unter die Zunge, und Sie werden die Tests bestehen. Wenn Sie kooperieren, wird niemand den Unterschied bemerken.«
    »Bis Sie sich wieder aus dem Staub machen und das Analogon mitnehmen.«
    »Sie vergessen, wie das Schuldgefühl funktioniert, Desjardins. Ihre eigenen Zellen produzieren das Zeug. Das habe ich nicht ausgeschaltet. Ich habe Ihnen nur ein Mittel verabreicht, das das fertige Produkt zersetzt, bevor es Ihre motorischen Nerven erreichen kann. Irgendwann ist es aufgebraucht, und Sie werden wieder ein glücklicher, kleiner Sklave sein.«
    »Wie lange?«
    »Eine Woche oder zehn Tage. Das hängt vom individuellen Stoffwechsel ab. Selbst wenn ich mich aus dem Staub mache, könnten Sie sich immer noch krank melden, bis die Wirkung verflogen ist.«
    »Das geht nicht, und das wissen Sie. Mein Immunsystem wurde optimiert, als ich der Patrouille beigetreten bin. Ich bin sogar gegen Supercoli-Bakterien immun.«
    Lubin zuckte die Achseln. »Dann müssen Sie mir eben einfach vertrauen.«
     
    In Wahrheit war es von Anfang an eine Lüge gewesen.
    Lubin hatte Achilles Desjardins nicht befreit. Er war nur zufällig darüber gestolpert, als sie beide am Boden gelegen hatten, von sich selbst losgelöst und auf seltsame Weise durch eine mechanische Befragungsmaschine miteinander verbunden. Das Pflaster, das er Desjardins gezeigt hatte, war lediglich ein Acetylcholin-Verstärker, eine Gedächtnishilfe, beinahe so harmlos wie ein Bonbon. Er hatte sich die Reaktionen des Gesetzesbrechers während der Ganzfeld-Befragung angesehen und entsprechend improvisiert: Rowan, ja. Eine starke Reaktion. Die Namen der Rifter hatten keinerlei Wirkung gezeigt, doch der Gedanke an Erdbeben, Flutwellen und mysteriöse Feuer hatte Schrecken und Erkennen ausgelöst.
    Desjardins hatte nach der Wahrheit gesucht und war vor ihr zurückgeschreckt. Er hatte noch keine Räder ins Rollen gebracht. Soweit Lubin feststellen konnte, wusste er nicht einmal, wie viele Räder es gab.
    Er hatte auch nicht gewusst, dass er gegen das Schuldgefühl immun war. Das war besonders interessant. Desjardins hatte recht gehabt – es wäre unmöglich, die Stichprobenkontrollen der BRIKS für mehr als ein oder zwei Tage zu umgehen. Wenn man also die relativ unwahrscheinliche Möglichkeit ausschloss, dass Desjardins erst in den letzten paar Stunden immun geworden war, hatte sein Körper viel mehr getan, als sich nur vom Schuldgefühl zu befreien. Es war ihm außerdem gelungen, diese Tatsache vor den Bluthunden zu verbergen.
    Lubin hatte nicht gewusst, dass so etwas machbar war. Doch aus dieser Erkenntnis ergaben sich eine ganze Reihe von Möglichkeiten, über die er bisher noch nicht nachgedacht hatte.

Starficker
    Marq Quammen war gesattelt und gerüstet.
    Die Tornadosaison im Staubgürtel näherte sich ihrem Ende. Drei Monate Windradreparaturen, die den Chip

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