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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Augenkappen verborgen. Direkt hinter ihm befand sich das einzige Möbelstück im Raum: ein Stuhl, an den ein Mann gefesselt war. Er schien lediglich bewusstlos zu sein.
    »Sie hätten nicht hierherkommen sollen«, sagte Lubin.
    »Wo hätte ich sonst hingehen sollen?«
    Lubin schüttelte den Kopf. Er wirkte plötzlich sehr aufgewühlt. »Das war ein schlechter Schachzug. Leicht vorherzusehen. Das müssen Sie doch gewusst ha ben.«
    »Wo hätte ich sonst hin gekonnt?«, sagte sie noch einmal.
    »Das hier ist nicht einmal, was Sie glauben. Nicht das, woran Sie sich erinnern.«
    »Ich weiß«, sagte Clarke.
    Lubin betrachtete sie mit gerunzelter Stirn.
    »Die haben mich angeschissen, Ken. Ich weiß das. Ich denke, ich habe es von dem Moment an gewusst, als ich diese … Visionen bekommen habe. Allerdings hat es eine Weile gedauert, bis ich …«
    »Warum sind Sie dann hierhergekommen?« Von Ken Lubin war weit und breit nichts zu sehen. Dieses Ding, das seinen Platz eingenommen hatte, schien beinahe menschlich zu sein.
    »Irgendwo muss ich eine echte Kindheit verbracht haben«, sagte Clarke nach einer Weile. »Sie können nicht alles gefälscht haben. Und dies hier schien mir der beste Ort zu sein, um mit der Suche zu beginnen.«
    »Und Sie glauben, dass die Sie einfach gewähren lassen? Dass ich Sie gewähren lassen kann?«
    Sie sah ihn an. Seine ausdruckslosen, leeren Augen blickten sie aus einem Gesicht an, das überraschend gequält aussah.
    »Wahrscheinlich nicht«, sagte sie schließlich mit einem Seufzen. »Aber wissen Sie was, Ken? Das war es beinahe wert. Nur … um so viel herauszufinden. Gewissheit über das zu erlangen, was sie mir angetan haben …«
    Der Mann auf dem Stuhl hinter Lubin regte sich.
     
    »Also, wie geht es jetzt weiter?«, fragte Clarke. »Bringen Sie mich um, weil ich Typhus-Mary gespielt habe? Brauchen die mich als Laborratte?«
    »Ich weiß nicht, ob das überhaupt noch eine Rolle spielt. Inzwischen ist das Ding überall.«
    »Was ist das eigentlich für eine Seuche?« Ein wenig überrascht stellte sie fest, dass sich ihre Neugierde in Grenzen hielt. »Ich meine, es ist schon fast ein Jahr vergangen, und ich bin immer noch nicht tot. Ich leide nicht einmal unter irgendwelchen Symptomen …«
    »Bei den Riftern dauert es länger«, sagte Lubin. »Und genau genommen ist es auch keine Krankheit. Eher so etwas wie ein Nano-Bodenbakterium. Es bindet Sulfate an sich oder so.«
    »Das ist alles?« Clarke schüttelte den Kopf. »Ich hab mich von all diesen Versagern vögeln lassen, und sie werden nicht einmal davon sterben?«
    »So ziemlich alle werden sterben«, sagte Lubin leise. »Es wird nur eine Weile dauern.«
    »Oh.«
    Sie versuchte, irgendeine Reaktion auf diese Neuigkeiten zu empfinden. Irgendein Bauchgefühl, das dem Ausmaß der Katastrophe angemessen wäre. Sie war immer noch damit beschäftigt, als Lubin sagte: »Jedenfalls haben Sie uns eine anständige Verfolgungsjagd geliefert. Niemand kann glauben, dass Sie überhaupt so weit gekommen sind.«
    »Ich hatte Unterstützung«, sagte Clarke.
    »Sie haben davon gehört?«
    »Ich habe eine Menge Dinge gehört«, erwiderte Clarke. »Ich weiß nur nicht, was ich davon glauben soll.«
    »Ich schon«, sagte der Mann auf dem Stuhl.
    »Es tut mir leid, Lenie«, sagte der Mann. »Ich habe versucht ihn aufzuhalten.«
    Ich kenne Sie nicht. Clarke blickte Lubin an. »Hat er das tatsächlich?«
    Lubin nickte.
    »Aber er ist noch am Leben.«
    »Ich habe ihm nicht einmal etwas gebrochen.«
    »Wow!« Sie sah wieder zu dem gefesselten Mann hinüber. »Also, wer ist das?«
    »Ein Typ namens Achilles Desjardins«, sagte Lubin. »Ein Gesetzesbrecher von der Entropie-Patrouille. Er ist ein großer Fan von Ihnen.«
    »Ach ja? Und warum ist er gefesselt?«
    »Zum Wohle der Allgemeinheit.«
    Sie überlegte einen kurzen Moment, ob sie weiter nachbohren sollte. Stattdessen drehte sie sich zu Desjardins um und ging vor ihm in die Hocke. »Sie haben tatsächlich versucht, ihn aufzuhalten?«
    Desjardins nickte.
    »Mir zuliebe?«
    »Im Prinzip schon. Aber nicht nur«, sagte er. »Es ist … ein wenig schwer zu erklären.« Er zerrte an den elastischen Fasern, die ihn an den Stuhl fesselten, worauf diese sich sichtlich enger zusammenzogen. »Denken Sie, Sie könnten mich vielleicht losschneiden?«
    Sie warf einen Blick über die Schulter. Lubin, der nur aus grauen Schattierungen bestand, starrte zurück. »Ich glaube nicht«, sagte sie. »Jedenfalls noch nicht.« Und

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