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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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Kontinent.«
    Vielleicht doch , dachte er.
    Die Geräusche der Dekontamination waren an dieser Stelle lauter, aber nicht viel. Selbst die Stimmen, die gelegentlich zu hören waren, klangen gedämpft. Als wäre die Gegend immer noch voller ahnungsloser Menschen. Als würden sich die Mannschaften vor schlafenden Bürgern fürchten, die jeden Moment aufwachen und sie auf frischer Tat ertappen könnten …
    »Sie haben meine Frage von vorhin nicht beantwortet, Ken.« Lenie Clarke stieg die erste Treppenstufe hinab. »Ob Sie mich töten werden.«
    Sie wird nicht davonlaufen , sagte er sich. Du kennst sie. Sie hat bereits alles versucht. Sie wird nicht …
    Du musst sie nicht …
    »Nun. Ich nehme an, wir werden es herausfinden«, sagte sie. Und begann ruhig, die Treppe hinunterzusteigen.
    »Lenie.«
    Sie schaute nicht zurück. Er folgte ihr nach unten. Sie glaubte doch nicht etwa, dass sie ihm entkommen könnte, oder?
    »Sie wissen, dass ich Sie nicht gehen lassen kann«, sagte er hinter ihr.
    Natürlich weiß sie es. Du weißt, was sie vorhat.
    Sie war am Fuß der Treppe angelangt. Die offene Tür gähnte fünf Meter vor ihr.
    Plötzlich gab etwas in seinem Innern nach. Es fühlte sich fast wie das Schuldgefühl an, aber …
    Sie hatte die Tür beinahe erreicht. Etwas mit Halogenaugen besprühte den Bürgersteig davor.
    Lubin reagierte, ohne nachzudenken. Von einer Sekunde zur nächsten hatte er den Durchgang versperrt, die Tür geschlossen und verriegelt und das Haus damit in eine Dunkelheit getaucht, die selbst die Augen eines Rifters nicht durchdringen konnten.
    »He«, beschwerte sich Desjardins aus dem Wohnzimmer.
    Ein paar Photonen schlichen sich durch den Türrahmen herein. In dem schwachen Licht war Lenie Clarke nur noch eine verschwommene Silhouette. Lubin spürte, wie sich seine Fäuste ballten und wieder öffneten. Er konnte sie nicht daran hindern, ganz egal, wie sehr er sich auch bemühte.
    »Hören Sie«, presste er hervor. »Ich habe einfach keine andere Wahl.«
    »Ich weiß, Ken«, sagte sie leise. »Das ist schon in Ordnung.«
    »Wirklich nicht«, sagte er noch einmal, beinahe flehentlich.
    »Klar haben Sie eine Wahl«, dröhnte eine fremde Stimme in seinem Ohr.
     
    Was war …
    »Alice?«, rief Desjardins um die Ecke herum.
    »Sie sind jetzt Ihr eigener Herr, Kenny, mein Guter«, fuhr die Stimme fort. »Sie müssen gar nichts tun, wenn Sie es nicht wollen. Das können Sie mir glauben.«
    Lubin tippte gegen den Knopf in seinem Ohr. »Identifizieren Sie sich.«
    »Alice Jovellanos, Gesetzesbrecherin der obersten Stufe, Filiale Sudbury. Stets zu Diensten.«
    »Ich glaub's nicht«, war aus dem Wohnzimmer zu hören.
    Lubin tippte erneut gegen den Knopf in seinem Ohr: »Wir haben eine Sicherheitslücke in der Kommunikationsverbindung. Jemand mit Namen Alice Jovellanos …«
    »Die wissen längst Bescheid, Schlauberger. Schließlich haben sie mich zu Ihnen durchgestellt. Ich habe ihnen für den Rest der Nacht freigegeben.«
    Lenie Clarke trat einen Schritt von Lubin zurück und wandte sich in Richtung des dunklen Wohnzimmers. »Was …«
    »Dies ist ein geheimer Kanal«, sagte Lubin. »Verschwinden Sie.«
    »Das können Sie vergessen. Ich bin Ihre Vorgesetzte.«
    »Ich nehme an, Sie sind noch nicht lange dabei.«
    »Lange genug. Killjoy, ist Lenie Clarke bei euch?«
    »Ja«, sagte Desjardins. »Alice, was …«
    »Hat sie eine Armbanduhr? Ich habe Lubins Kanal und deine Inlays – Mann, ich kann's kaum erwarten, bis sie mir ein paar von denen in den Kopf einsetzen –, aber keine Verbindung zu Lenie …«
    »Lenie«, sagte Desjardins, »halten Sie Ihre Armbanduhr von Ihrem Körper weg.«
    »Ich habe keine«, sagte die dunkle Gestalt.
    »Pech gehabt«, sagte Jovellanos. »Lubin, das war kein Scherz. Sie sind ein freier Mann.«
    »Ich glaube Ihnen nicht«, sagte Lubin.
    »Killjoy ist frei. Warum nicht auch Sie?«
    »Wir sind uns nie begegnet. Sie hatten keine Gelegenheit.« Doch plötzlich befand er sich wieder unter den Wellen des Lake Michigan und verschonte Lenie Clarkes Leben. Und dann bei der Einsatzbesprechung hinterher, wo er so tat, als hätte er sie nicht gefunden.
    »Es handelt sich um eine Infektion«, sagte Jovellanos. »Ziemlich subversiv. Wir haben dafür gesorgt, dass sie über die Atemluft übertragen wird, haben sie in der Hülle eines Enzephalitis-Erregers verpackt. Obwohl Sie wahrscheinlich erleichtert sein werden zu erfahren, dass der Inhalt nicht ganz so tödlich ist. Im Augenblick

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