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Mahlstrom

Titel: Mahlstrom Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter Watts
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verbreitet sie sich in der gesamten BRIKS.«
    Er musste lediglich die Tür öffnen. Selbst wenn es stimmte, dass diese Jovellanos der Mannschaft befohlen hatte abzurücken, hätten sie noch nicht genügend Zeit gehabt, alles zusammenzupacken. Irgendjemand könnte immer noch ein Icon antippen, und Alice Jovellanos' Kanal wäre blockiert. Ein weiteres Icon, und ihre Spur würde zurückverfolgt werden. Die Situation war noch längst nicht außer Kontrolle geraten.
    Er konnte es sich leisten, noch einen Moment zu warten …
    »Seit Sie mit Killjoy dieselbe Luft eingeatmet haben, wird das Schuldgefühl in Ihnen immer schwächer«, sagte Jovellanos. »Sie sind jetzt Ihr eigener Herr, Ken. Dadurch ändert sich so einiges, nicht wahr?«
    »Alice, bist du vollkommen …« Desjardins klang, als sei er den Tränen nahe. »Das war die einzige Leine, die ihn überhaupt noch zurückgehalten hat.«
    »Das stimmt nicht. Ken Lubin ist einer der anständigsten Menschen, denen du je begegnet bist.«
    »Verdammt noch mal, Alice – ich bin hier an einen verfluchten Stuhl gefesselt, mit lädiertem Gesicht …«
    »Vertrau mir. Ich habe seine Krankenakte vor mir. Kein Serotonin- oder Tryptophan-Mangel, keine TPH-Polymorphismen. Er mag kein besonders angenehmer Zeitgenosse sein, aber er ist kein Triebmörder. Was nicht heißen soll, dass Sie nicht ein paar Probleme hätten, Ken. Habe ich recht?«
    »Wie haben Sie …« Aber natürlich hatte sie Zugang zu seinen Akten! Ein normaler Gesetzesbrecher könnte einen solchen Zugriff nur gegenüber dem Schuldgefühl nicht rechtfertigen, jedenfalls nicht während eines Routineauftrags.
    Sie hat es tatsächlich irgendwie geschafft. Sie hat mich befreit …
    Er glaubte, sich jeden Moment übergeben zu müssen.
    »Was war das all die Jahre für ein Gefühl, Ken?«, säuselte Jovellanos ihm ins Ohr. »Zu wissen, dass sie ungestraft davongekommen ist? All die hübschen Kindheitserinnerungen, die Sie für diesen Job so gut geeignet gemacht haben. Natürlich haben Sie über Rache nachgedacht. Ihr ganzes Leben lang haben Sie Rachefantasien gehegt, nicht wahr? Jeder hätte das getan.«
    Was soll ich tun?
    »Sie sagen, es handelt sich um eine Infektion«, sagte er in dem Versuch, sie abzulenken.
    »Aber Sie haben sie nie in die Tat umgesetzt, oder, Ken? Weil Sie ein anständiger Mensch sind und wissen, dass das falsch wäre.«
    »Wie funktioniert das Ganze?« Geh nicht darauf ein! Lass dich von ihr nicht manipulieren! Behalte das Ziel im Auge!
    »Und als die Pannen begannen, nun ja, das waren einfach nur Fehler, nicht wahr? Versehentlich aufgetretene, kleine Sicherheitslücken, die geschlossen werden mussten. Damals haben Sie natürlich getötet, aber Sie hatten schließlich keine andere Wahl. Sie haben sich stets an die Regeln gehalten. Und es war nicht Ihre Schuld, richtig? Das Schuldgefühl hat Sie dazu gebracht.«
    »Antworten Sie mir.« Nein, nein … Ganz ruhig. Beherrsch dich.
    Lass sie es nicht hören …
    »Nur dass es bald ziemlich häufig vorkam. Und die Leute mussten sich fragen, ob Sie nicht einen Weg gefunden haben, auf zwei Hochzeiten gleichzeitig zu tanzen. Deshalb haben sie Sie an einen Ort geschickt, wo es keine Sicherheitsprobleme oder Einsatzprioritäten gab, die Ihnen einen neuen Anlass hätten bieten können. Sie wollten Ihnen keine Wahl lassen, also haben sie Sie an einen Ort geschickt, wo Sie keine Entschuldigung finden konnten.«
    Sein Atem ging viel zu schnell. Er konzentrierte sich darauf, ihn wieder zu beruhigen. Clarkes Silhouette in ein paar Schritten Entfernung wirkte gefährlich wachsam.
    »Sie sind immer noch ein anständiger Mensch, Ken«, sagte Jovellanos. »Sie halten sich an die Regeln. Sie werden nicht töten, es sei denn, Sie haben keine andere Wahl. Und ich sage Ihnen, dass Sie die Wahl haben.«
    »Diese Infektion, von der Sie sprechen«, sagte er mit rauer Stimme. »Was bewirkt sie?«
    »Sie befreit Sklaven.«
    Eine nichtssagende Antwort. Aber zumindest war sie nun nicht mehr in seinem Kopf.
    »Wie?«, presste er hervor.
    »Sie verwandelt das Schuldgefühl in eine komplexere, inaktive Form, die sich an die Minsky-Rezeptoren anlagert. Sie befällt nur Leute, die bereits das Schuldgefühl im Blut haben.«
    »Und was ist mit den Nebenwirkungen?«, fragte er.
    »Nebenwirkungen?«
    »Das natürliche Schuldgefühl, zum Beispiel«, sagte Lubin.
    Desjardins stöhnte auf. »Oh, verdammt. Natürlich, natürlich.«
    »Was geht hier vor sich?«, fragte Clarke. »Wovon reden

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