Mahlstrom

hatte sich gegen ein ganzes Arsenal immunisieren lassen.
    »Eigentlich bin ich … ich gehe nicht so oft aus.«
    »Ach, Unsinn. Jetzt komm schon.« Gwen legte ihm fordernd eine Hand auf den Arm.
    »Ich bin mir sicher, dass Killjoy hier dir eine Abfuhr erteilen wird«, sagte eine weibliche Stimme in Desjardins' Rücken. »Und zwar aus zwei Gründen. Nimm's nicht persönlich.«
    Desjardins schloss kurz die Augen. »Ich dachte, du machst dir nichts aus Bars.«
    Eine ein Meter siebzig große, magere Filipina tauchte neben ihm auf, die nichts als Ärger bedeutete. »Ich bin Alice«, sagte sie zu Gwen. »Gwen«, sagte Gwen an Alice gewandt. »Grund Nummer eins«, fuhr Jovellanos fort, »ist, dass er gerade zur Arbeit gerufen wurde.«
    »Du machst Witze«, sagte Desjardins. »Ich habe eben erst Feierabend gemacht.«
    »Tut mir leid. Sie wollen dich sehen, seit … warte mal«, Jovellanos warf einen Blick auf ihr Handgelenk, »… seit sieben Minuten. Irgendein hohes Tier ist extra von N'AmPaz hierher geflogen, um dich persönlich zu treffen. Du kannst dir ihre Enttäuschung vorstellen, als sie feststellen mussten, dass du deine Armbanduhr ausgeschaltet hast.«
    »Die Sperrstunde ist bereits vorbei. Schließlich bin ich ein gesetzestreuer Bürger.« Was natürlich vollkommener Mist war, denn als Gesetzesbrecher war man von solchen Beschränkungen ausgenommen. Manchmal wollte Desjardins einfach nur nicht gefunden werden.
    Offenbar vergebliche Mühe. Er schob seinen Stuhl von der Bar zurück, stand auf und breitete in einer Geste der Kapitulation die Hände aus. »Tut mir leid. Aber es war nett, dich kennenzulernen.«
    »Und der zweite Grund?«, fragte Gwen Jovellanos, ohne auf ihn zu achten.
    »Ach ja. Killjoy vögelt keine echten Menschen. Er hält das für unhöflich.« Jovellanos neigte den Kopf in Desjardins' Richtung und verbeugte sich leicht. »Nicht dass er nicht die entsprechenden Instinkte besitzen würde. Ich möchte wetten, dass er von dem Moment an, als du dich gesetzt hast, Stereobildaufnahmen von dir gemacht hat.«
    Gwen warf Desjardins einen belustigten und herausfordernden Blick zu.
    Dieser zuckte die Achseln. »Ich lösche sie wieder, wenn du etwas dagegen hast. Ich wollte sowieso um Erlaubnis fragen.«
    Sie schüttelte den Kopf. Das verführerische Halblächeln erschien wieder auf ihrem Gesicht. »Viel Spaß damit. Vielleicht bekommst du irgendwann ja doch noch Lust auf das Original.«
    »Das wollen wir lieber nicht hoffen«, warf Jovellanos ein. »Höchstwahrscheinlich würde dir das, worauf er abfährt, nicht gefallen.«
    Behörde zur Regulierung der Instabilität komplexer Systeme – der leuchtende Schriftzug hing im hinteren Teil des Eingangsbereichs an der Wand, eitel, bürokratisch und respektheischend. Natürlich machte sich niemand die Mühe, diesen Namen ganz auszusprechen. Selbst die Abkürzung, BRIKS, wurde kaum benutzt, womit die Bürokraten schon zufrieden gewesen wären. Nein. Die Entropie-Patrouille. Das war der Name, der sich eingebürgert hatte. Man konnte beinahe die Raumkadetten-Uniformen vor sich sehen. Desjardins hatte immer geglaubt, dass einer Behörde, die ständig die Welt rettete, mehr Achtung entgegengebracht werden würde.
    »Warum bist du heute eigentlich so ein enculé «, grummelte er, als sie in den Fahrstuhl stiegen. Jovellanos blinzelte. »Wie bitte?«
    »Die ganze Szene eben.«
    »Glaubst du etwa nicht an die Macht der Wahrheit? Meistens machst du aus deinen Vorlieben doch kein Hehl.«
    »Allerdings würde ich die Verbreitungsrate dieser Information gerne ein wenig unter Kontrolle halten. Verdammt.« Er drückte Verwaltungsebene 6 . »Dein Timing war echt beschissen.«
    »Mein Timing war hervorragend. Sie wollen dich unverzüglich in der Chefetage sehen, Killjoy. Ich kann mich nicht erinnern, dass Lertzman schon einmal auf irgendetwas so versessen gewesen wäre. Wenn ich gewartet hätte, bis du dein kleines Nichtpaarungs-Ritual beendet hast, wären in der Zwischenzeit die Polkappen wieder zugefroren. Außerdem kannst du einfach nicht Nein sagen. Womöglich hättest du es am Ende doch noch mit ihr getrieben, nur um ihre Gefühle nicht zu verletzen.«
    »Ich glaube nicht, dass ihre Gefühle so verletzlich sind.«
    »Na und? Aber deine sind es.«
    Die Türen gingen auf. Desjardins trat hindurch. Jovellanos blieb zurück.
    Er warf ihr einen leicht ungeduldigen Blick zu. »Ich dachte, wir hätten es eilig.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Du hast es eilig. Ich bin für dieses