Mahlstrom
eingeprügelt, aber sie hat es einfach weggesteckt. Als wäre es das Natürlichste von der Welt. Oder als würde es sie anturnen oder so.
Na, jedenfalls schlingt sie die Arme um diesen großen muskulösen Antikörper und gibt ihm einen kräftigen Schubser, und die beiden fliegen zusammen über die Kante. Die Sterilampen gehen an, als sie auf der Wasseroberfläche aufschlagen – irgendwie verrückt, dass diese Dinger immer noch funktionieren, schließlich findet in dem Hafen seit Jahren kein Schiffsverkehr mehr statt –, und das Wasser leuchtet in diesem kalten Radiumlicht. Ein Plätschern ist zu hören und plötzlich dieses laute Wumm , und dann steigt eine riesige Blase aus Blut und Eingeweiden an die Oberfläche, und das Wasser verfärbt sich rostrot.
Sie ist so eine Art Amphibie, einer von diesen Riftercyborgs. Wir haben sie hinterher getroffen. Sie kam zurück, um ihre Schwimmflossen zu holen, als alles wieder ruhig war. Fragt mich nicht, was sie hier mitten in der Nacht zu suchen hatte. Hat nicht viel geredet, und wir haben auch nicht danach gefragt. Wir haben ihr etwas zu essen und ein paar Vorräte gegeben – sie hat sich von den Cyclern in der Zone ernährt, ob ihr's glaubt oder nicht. Tough genug war sie trotzdem. Ich habe ihr meine Uhr gegeben. Sie hatte noch nicht einmal von der Ausgangssperre gehört. Ich musste ihr zeigen, wie man das Zeitschloss umgeht. Ist sicher nicht leicht, auf dem neuesten Stand zu bleiben, wenn man die ganze Zeit auf dem Meeresboden herumhängt. Nicht dass ihr das viel ausgemacht hätte. Ihr hättet das Arschloch sehen sollen. Sie haben ihn wie einen alten Lumpen aus dem Wasser gefischt. Ich hätte alles dafür gegeben, sein Gesicht sehen zu können!
Ich habe versucht, mehr über sie in Erfahrung zu bringen, aber Lenie Clarke ist nicht gerade ein seltener Name. Hat mehr Treffer als jeder Holocaust. Ich glaube, sie hat ihre Heimatstadt erwähnt, aber die konnte ich auch nicht finden. Hat jemand von euch schon einmal etwas von einem Ort namens Beebe gehört?
Na, jedenfalls, soweit ich weiß, ist sie immer noch auf freiem Fuß. Les beus suchen wahrscheinlich nach ihr, aber ich wette fünfzig Quédollar, dass die nicht einmal wissen, wie sie unter all der Ausrüstung überhaupt aussieht, ganz zu schweigen davon, wer sie ist. Selbst uns erwischen sie so gut wie nie, und sie wissen alles, was es über uns zu wissen gibt. Na ja, fast alles. Habe ich recht, m …
AUSSCHNITT ENDE
RUFE ßehemoth
Lenie Clarke/Beebe BESTÄTIGT.
FÜGE SUCHBEGRIFFE HINZU: Amphibie/n, Ritter, Cyborg/s
ÜBERSCHREIBE DOKUMENTENVORLAGE. ORDNE TEXT NEU AN.
KOPIERE. VERSCHICKE DOKUMENT.
VERBREITE DIE NACHRICHT.
Dritte Person, Singular
Perreault hätte Amitavs Einverständnis eigentlich nicht gebraucht. Sie hätte die Mechfliegen trotzdem darauf programmieren können, ihn zu erkennen, und darüber hinaus eine Wolke von Moskitos losschicken können – kleine fliegende Sensoren, die kaum größer waren als ein Reiskorn. Sie besaßen keinerlei Gehirn, aber das brauchten sie auch nicht, denn sie schickten nur Telemetriedaten an die Mechfliegen, die diese dann analysieren konnten. Dadurch wurde die Reichweite der Sensoren um einiges erhöht, zumindest so lange, bis die Batterien der Moskitos leer waren.
Trotzdem war es eher Glückssache. Eine Mechfliege oder ein Moskito mussten schon in Sichtweite zu Amitav sein, wenn sie den Befehl gab, und es musste genug von ihm sichtbar sein, um ihn identifizieren zu können – was bei der Menschenmenge in der Zone ein schwieriges Unterfangen war. Es wäre für den Knochenmann ein Leichtes gewesen, sich zu verstecken, wenn er das wollte.
Dennoch, eine geringe Wahrscheinlichkeit war immer noch besser als gar keine.
Sie beendete das späte Abendessen mit ihrem Mann, der ihr am Tisch gegenübersaß, und bemerkte im Vorbeigehen seinen prüfenden Blick. Sie wusste, dass sich Marty die größte Mühe gab – er ließ ihr Raum, gab ihr seine ganze Unterstützung. Und wartete auf den unvermeidlichen Augenblick, wenn der Schock nachließ, ihre Abwehr in sich zusammenbrach und sie Hilfe brauchte, um ihr Leben wieder in den Griff zu bekommen. Hin und wieder horchte Perreault in sich hinein, auf der Suche nach Anzeichen für den bevorstehenden Zusammenbruch. Doch da war nichts. Die Antidepressiva zeigten natürlich immer noch Wirkung, obwohl ihr System durch den Schock teilweise immun dagegen geworden war. Aber das allein hätte eigentlich nicht ausreichen dürfen.
Weitere Kostenlose Bücher