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Maigret 17

Maigret 17

Titel: Maigret 17 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simenon
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Minuten vor sieben hielt davor ein schwarzer Leichenwagen. Inmitten all der Blumen und des Gemüses sah er recht merkwürdig aus. Maigret erschien fast gleichzeitig und sah Boutigues herbeieilen. Er war erst vor einer Viertelstunde aufgestanden und hatte vergessen, seine Weste zuzuknöpfen.
    »Wir können noch was trinken, es ist noch keiner da.«
    Er stieß die Tür zu einer kleinen Bar auf und bestellte sich einen Cognac.
    »Ich muß Ihnen sagen, daß das Ganze ziemlich schwierig war. Der Sohn hat uns keinen Preis genannt, den er für den Sarg ausgeben wollte. Gestern abend hab ich ihn noch angerufen. Er hat gesagt, es sei ihm egal, es müßte nur gute Qualität sein. Aber in ganz Antibes gab es keinen einzigen Sarg mehr aus massiver Eiche. Um elf Uhr abends wurde aus Cannes einer hergebracht. Dann mußte ich mich mit der Zeremonie befassen. War ein kirchliches Begräbnis gefragt oder nicht? Ich habe noch mal im Hotel angerufen, aber man hat mir ausrichten lassen, daß Brown schon schlafengegangen sei. Ich hab getan, was ich konnte … Sehen Sie mal!«
    Er zeigte über den Marktplatz auf das hundert Meter entfernte Kirchenportal. Es war schwarz verhängt.
    Maigret äußerte sich nicht dazu. Seiner Ansicht nach sah Browns Sohn jedoch eher nach einem Protestanten aus als nach einem Katholiken.
    Die Bar lag an der Ecke zu einer schmalen Gasse und hatte auf beiden Seiten einen Eingang. Als Maigret und Boutigues zur einen Tür herauskamen, ging ein Mann zur anderen hinein, und der Kommissar begegnete seinem Blick.
    Es war Joseph, der Kellner aus dem Casino in Cannes. Er überlegte, ob er grüßen sollte oder nicht, und entschied sich für eine flüchtige Geste.
    Vermutlich hatte Joseph Jaja und Sylvie nach Antibes begleitet. So war es auch. Sie gingen vor ihm her zum Leichenwagen. Jaja war ganz außer Atem, denn Sylvie zog sie hinter sich her, als würde sie fürchten, zu spät zu kommen.
    Sylvie trug ihr kleines blaues Schneiderkostüm, in dem sie wie ein artiges Mädchen aussah. Jaja war das Laufen offenbar nicht mehr gewohnt. Vielleicht lag es aber auch an ihren empfindlichen Füßen oder den geschwollenen Beinen. Sie war in auffallend glänzende schwarze Seide gekleidet.
    Wahrscheinlich waren die beiden um halb sechs Uhr morgens aufgestanden und hatten den ersten Bus genommen. Für die Liberty Bar sicher ein einzigartiges Ereignis.
    »Wer ist das?« fragte Boutigues.
    »Weiß ich nicht«, entgegnete Maigret ausweichend.
    Aber im selben Augenblick blieben die beiden Frauen, die beim Leichenwagen angekommen waren, stehen und drehten sich um, und als Jaja den Kommissar erblickte, lief sie sofort zu ihm.
    »Wir kommen doch nicht zu spät? Wo ist er?«
    Sylvie hatte dunkle Ringe unter den Augen und Maigret gegenüber immer noch ihre abweisende Reserviertheit.
    »Joseph hat Sie herbegleitet?«
    Sie hätte fast gelogen.
    »Wer hat Ihnen das gesagt?«
    Boutigues hielt sich abseits. Maigret sah, wie ein Taxi an einer Straßenecke hielt, da es nicht durch die Menge kam, die den Markt bevölkerte.
    Die zwei Frauen, die ihm entstiegen, erregten aller Aufmerksamkeit. Sie gingen in großer Trauer mit Kreppschleiern, die fast bis zum Boden reichten.
    In der hellen Sonne und dem fröhlich lärmenden Treiben wirkte das verblüffend. Maigret sagte leise zu Jaja:
    »Entschuldigen Sie …«
    Boutigues wurde langsam nervös. Er bat die Träger, die den Sarg holen wollten, sich noch ein wenig zu gedulden.
    »Wir sind doch nicht zu spät?« fragte die Alte. »Das Taxi ist ewig nicht gekommen.«
    Ihr Blick fiel sofort auf Jaja und Sylvie.
    »Wer ist das?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Ich hoffe doch, daß die nicht auch …«
    Es kam noch ein Taxi angefahren. Die Wagentür sprang auf, noch bevor es hielt, und Harry Brown stieg heraus, makellos gekleidet, ganz in Schwarz, mit glattgekämmtem blondem Haar und frischem Teint. Sein Sekretär begleitete ihn, auch er war schwarz gekleidet, und er trug einen Kranz aus Blumen.
    Gerade in diesem Augenblick bemerkte Maigret, daß Sylvie verschwunden war. Er entdeckte sie zwischen den Marktbuden bei den Körben eines Blumenhändlers, und als sie zurückkam, trug sie ein großes Veilchenbukett.
    Das brachte die beiden Frauen in großer Trauer ebenfalls auf die Idee zu verschwinden. Man konnte sehen, wie sie sich unterhielten, als sie zu dem Blumenhändler gingen. Die Alte zählte Geldstücke, und die Junge suchte Mimosen aus.
    Inzwischen war Brown einige Meter vor dem Leichenwagen stehengeblieben,

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