Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Maigret - 26 - Maigret regt sich auf

Titel: Maigret - 26 - Maigret regt sich auf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
Vom Netzwerk:
gescheiter.«
    Maigret baute sich vor einem Stadtplan von Paris und Umgebung auf.
    »Kennst du ein Gaswerk in Ivry, Lucas?«
    »Wenn ich mich recht erinnere, ist das nicht weit vom Bahnhof.«
    Wenige Minuten später saß Maigret in einem offenen Taxi und fuhr den Qualmwolken von Ivry entgegen. Er mußte eine Weile durch die Straßen irren, die tatsächlich ein Gaswerk umgaben, und entdeckte schließlich ein schäbiges Hotel, dessen Erdgeschoß einen dunkelbraunen Anstrich hatte.
    »Soll ich auf Sie warten?« fragte der Chauffeur.
    »Ich glaube, ja.«
    Maigret betrat das Restaurant, wo Arbeiter, fast alle Ausländer, an den Marmortischen saßen und aßen. Ein starker Geruch nach Ragout und einfachem Tafelrotwein stieg ihm in die Nase. Ein kräftiges Mädchen, in Schwarz und Weiß gekleidet, schlängelte sich zwischen den Tischen hindurch und schleppte unglaubliche Mengen kleiner grauer Steingutschüsseln herbei.
    »Suchen Sie den Burschen, der eben telefoniert hat? … Er hat gesagt, Sie sollen in den dritten Stock hinaufkommen. Sie können hier durchgehen.«
    Ein schmaler Flur mit bekritzelten Wänden. Das Treppenhaus war düster und wurde nur durch ein Oberlicht in der zweiten Etage beleuchtet. Sobald er dieses Stockwerk erreicht hatte, sah Maigret erst zwei Füße, dann ein Paar Beine.
    Es war Mimile, der auf der letzten Treppenstufe saß und eine unangezündete Zigarette zwischen den Lippen hielt.
    »Geben Sie mir erst mal Feuer, Chef. Ich habe mir keine Zeit gelassen, unten um Streichhölzer zu bitten, als ich telefonieren war. Seit gestern abend habe ich nicht rauchen können.«
    In seinen hellen Augen schimmerte ein fröhlicher und zugleich verschmitzter Funke.
    »Soll ich Ihnen ein bißchen Platz machen?«
    »Wo ist er?«
    Auf dem Flur erblickte man vier Türen, die mit demselben dunklen Braun gestrichen waren wie die Fassade. Sie trugen die krakelig aufgemalten Nummern: 21, 22, 23, 24.
    »Er ist in der 21. Ich habe die 22.«
    Er sog gierig den Zigarettenrauch ein, stand auf und reckte sich.
    »Wenn Sie mit in meine Bude kommen wollen … Aber ich warne Sie, es riecht da nicht gut, und die Decke ist niedrig. Solange ich allein war, habe ich es vorgezogen, den Durchgang zu versperren, verstehen Sie?«
    »Wie hast du es geschafft, telefonieren zu gehen?«
    »Eben … Seit heute morgen warte ich auf eine Gelegenheit. Denn wir sind schon eine Weile hier. Seit sechs Uhr.«
    Er öffnete Zimmer 22, und Maigret erblickte ein schwarz gestrichenes Eisenbett mit einer häßlichen rötlichen Decke, einen Stuhl mit Strohgeflecht und auf einem Tischchen eine Schüssel ohne Kanne. Die Zimmer in der dritten Etage hatten schräge Wände, so daß man sich von der Mitte des Raumes an bücken mußte.
    »Bleiben wir lieber nicht hier, denn er ist flink wie ein Wiesel. Schon zweimal hat er heute morgen versucht abzuhauen. Einen Moment habe ich mich gefragt, ob er fähig wäre, über die Dächer zu entwischen, aber ich habe mich davon überzeugt, daß das nicht geht.«
    Gegenüber das Gaswerk mit seinen kohleschwarzen Höfen. Mimile hatte die graue Hautfarbe von Leuten, die nicht geschlafen und sich nicht gewaschen haben.
    »Auf der Treppe hält man es noch am ehesten aus, und da riecht es nicht so schlecht. Hier stinkt es nach krankem Fleisch, finden Sie nicht? Wie nach altem Verbandszeug.«
     
    Georges-Henry schlief oder tat wenigstens so, denn wenn man an der Tür horchte, vernahm man keinerlei Geräusch in seinem Zimmer. Die beiden Männer blieben auf der Treppe, und Mimile rauchte, um sich zu erholen, eine Zigarette nach der anderen, während er erklärte:
    »Zunächst, wie ich am Telefon gesagt habe. Ich wollte am Drücker bleiben, wie es bei Ihnen heißt. Und andererseits mußte ich Sie informieren, wie es vereinbart war. In einem bestimmten Augenblick, es war gegen neun, ist eine Frau hinuntergegangen, die von Zimmer 24. Ich wollte sie anfangs bitten, Sie anzurufen oder eine Nachricht zum Quai des Orfèvres zu bringen. Aber hier wäre es wahrscheinlich unklug gewesen, von der Polizei zu sprechen, und ich weiß nicht, ob man mich nicht an die Luft gesetzt hätte. Es war also besser, eine andere Gelegenheit abzuwarten. Mimile, habe ich mir gesagt, das ist nicht der Zeitpunkt, in einen Streit verwickelt zu werden.
    Als ich den Typ gesehen habe, der aus der 23 herauskam, war mir sofort klar, daß er ein Pole sein mußte. Und mit den Polen kenne ich mich aus. Und ihre Sprache kann ich ganz gut radebrechen. Ich habe ihn

Weitere Kostenlose Bücher