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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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worden war.
    »Was darf ich Ihnen bringen, Chef?«
    Maigret zog es vor, sich selbst zu bedienen. Es war übrigens das erste Mal in seinem Leben, dass er sich hinter der Theke eines Lokals Rum eingoss. Unvermittelt begann er zu lachen.
    »Ich denke gerade an Richter Coméliau«, sagte er.
    Er versuchte sich den Richter vorzustellen, wie er das ›Petit Albert‹ betrat und den Kommissar mit einem seiner Inspektoren hinter der Theke stehen sah.
    Und doch: Es war das einzige Mittel, etwas herauszufinden. Würden die Mörder des Wirts nicht beunruhigt sein, wenn das Lokal wie gewöhnlich geöffnet war?
    Und Nine, falls es Nine überhaupt noch gab?
    Gegen neun Uhr ging die alte Hellseherin ein paarmal vor dem Lokal auf und ab, presste sogar das Gesicht an die Scheibe und entfernte sich schließlich, ein Einkaufsnetz in der Hand, wobei sie leise vor sich hin brummelte.
    Madame Maigret hatte gerade angerufen, um zu hören, wie es ihrem Mann ging:
    »Kann ich dir etwas vorbeibringen? Deine Zahnbürste zum Beispiel?«
    »Nein, danke. Ich habe mir eine besorgen lassen.«
    »Der Richter hat angerufen.«
    »Du hast ihm doch hoffentlich nicht meine Nummer gegeben!«
    »Nein. Ich habe ihm nur gesagt, dass du seit gestern Nachmittag fort seist.«
    Chevriers Frau stieg aus einem Taxi und schleppte ganze Kisten voller Gemüse und eine Unzahl Pakete ins Haus. Als Maigret sie mit »Madame« anredete, antwortete sie:
    »Nennen Sie mich Irma. Sie werden sehen, die Gäste werden mich auch gleich so nennen. Nicht wahr, Emile, der Kommissar darf doch?«
    Es kam kaum jemand. Gerade mal drei Maurer, die auf einer Baustelle in der Nachbarstraße arbeiteten, die während ihrer Pause vorbeikamen. Sie hatten Brot und Wurst bei sich und bestellten zwei Liter Rotwein.
    »Ein Glück, dass hier wieder offen ist! Zehn Minuten musste man laufen, um was zu trinken zu kriegen.«
    Sie wunderten sich nicht über die neuen Gesichter.
    »Hat sich der alte Wirt zur Ruhe gesetzt?«
    Und einer sagte:
    »Das war ein guter Kumpel!«
    »Kannten Sie ihn schon lange?«
    »Erst die vierzehn Tage, seit wir hier auf der Baustelle sind. Wir wechseln ständig das Lokal, wissen Sie.«
    Es beunruhigte sie jedoch ein wenig, Maigret überall herumstreichen zu sehen.
    »Wer ist denn das? Er scheint nicht zum Haus zu gehören.«
    Chevrier antwortete mit gespieltem Entsetzen:
    »Psst! Mein Schwiegervater …«
    Auf dem Küchenherd köchelte das Mittagessen vor sich hin. Das Haus erwachte zum Leben. Ein paar grelle Sonnenstrahlen fielen durch die breiten Scheiben des Lokals. Chevrier hatte die Hemdsärmel hochgekrempelt und mit Gummiband befestigt und die Sägespäne zusammengekehrt.
    Das Telefon klingelte.
    »Für Sie, Chef. Moers.«
    Der arme Moers hatte die ganze Nacht nicht geschlafen. Mit den Fingerabdrücken hatte er nicht viel Glück gehabt. Er hatte zwar alle möglichen Abdrücke gefunden, sowohl auf den Flaschen als auch auf den Möbeln, aber die waren zum Großteil schon alt und überlagerten sich kreuz und quer. Die am besten erhaltenen hatte er zum Erkennungsdienst gebracht, aber sie stimmten mit keinem der registrierten Abdrücke überein.
    »Die haben so ziemlich überall im Haus mit Gummihandschuhen gearbeitet. Nur etwas hat ein Resultat ergeben: nämlich die Sägespäne. Die Analyse hat Blutspuren ergeben.«
    »Menschenblut?«
    »Das werde ich erst in einer Stunde wissen. Aber ich bin jetzt schon fast sicher.«
    Lucas, der an diesem Morgen ebenfalls eine Menge Arbeit gehabt hatte, erschien gegen elf Uhr frisch und munter, und Maigret bemerkte, dass er eine helle Krawatte trug.
    »Einen Cassis!«, rief er seinem Kollegen Chevrier augenzwinkernd zu.
    Irma hatte an der Tür eine Tafel angebracht, auf die sie unter das Wort »Tagesgericht« mit Kreide »Kalbsbraten an Sauerampfersauce« geschrieben hatte. Man hörte sie geschäftig hin und her gehen, und bestimmt hätte sie an diesem Tag für nichts auf der Welt mit jemand anderem getauscht.
    »Gehen wir hinauf«, sagte Maigret zu Lucas.
    Sie setzten sich im Schlafzimmer ans Fenster, das sie öffnen konnten, so mild war es draußen. Der Kran am Flussufer war in Betrieb, er holte Fässer aus dem Bauch eines Schleppkahns heraus. Man hörte Pfiffe, das Klirren von Ketten und immer wieder auf dem spiegelglatten Wasser das Keuchen und Stampfen hin und her fahrender Schlepper.
    »Er heißt Albert Rochain. Ich war bei der Gewerbepolizei. Er hat vor vier Jahren die Konzession bekommen.«
    »Hast du den Namen seiner Frau

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