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Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Maigret - 29 - Maigret und sein Toter

Titel: Maigret - 29 - Maigret und sein Toter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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hatten.
    Die unbekannten Besucher waren auch hinaufgegangen. Sie hatten alle Schubladen durchwühlt. Wäsche und andere Gegenstände lagen darin wirr durcheinander. Doch hatten sie die Schubladen wieder geschlossen. Das Seltsamste war, dass zwei Bilderrahmen an der Wand des Schlafzimmers, die Fotos enthalten haben mussten, jetzt leer waren.
    Aber es war nicht das Bild des kleinen Albert, das man hatte beseitigen wollen, denn es stand eins auf der Kommode: ein rundes, fröhliches Gesicht, eine Haarlocke tief in der Stirn, das Gesicht eines Komikers, wie schon der Wirt der ›Caves du Beaujolais‹ gesagt hatte.
    Ein Taxi hielt. Auf dem Gehsteig erklangen Schritte. Maigret schob den Riegel zurück.
    »Komm rein«, sagte er zu Moers, der einen ziemlich schweren Koffer trug. »Hast du zu Abend gegessen? Nein? Wie wär’s mit einem kleinen Aperitif?«
    Es wurde einer der sonderbarsten Abende, eine der seltsamsten Nächte in Maigrets Leben. Von Zeit zu Zeit trat er zu Moers und sah ihm bei seiner langwierigen Arbeit zu, die darin bestand, zuerst im Lokal selbst, dann in der Küche, im Schlafzimmer und in allen übrigen Räumen des Hauses jeden auch noch so geringfügigen Fingerabdruck abzunehmen.
    »Der, der diese Flasche als Erster ergriffen hat, hatte Gummihandschuhe an«, konnte er mit Bestimmtheit sagen.
    Er hatte auch einige Sägespäne neben dem besagten Tisch aufgelesen. Und Maigret hatte im Mülleimer Reste von Stockfisch gefunden.
    Noch vor ein paar Stunden hatte der Tote für Maigret keinen Namen gehabt und war für ihn nicht mehr gewesen als ein verschwommenes Bild. Jetzt aber besaß er nicht nur sein Foto, sondern lebte in seinem Haus, mitten unter seinen Möbeln, berührte die Kleidungsstücke, die ihm gehört hatten, und kramte in seinen persönlichen Habseligkeiten. Nicht ohne eine gewisse Befriedigung hatte er Lucas gleich nach ihrer Ankunft auf ein Kleidungsstück aufmerksam gemacht, das an einem der Kleiderhaken im Schlafzimmer hing: Es war ein Sakko aus demselben Stoff wie die Hose des Toten.
    Mit anderen Worten, er hatte recht gehabt. Albert war nach Hause gegangen und hatte sich wie gewöhnlich umgezogen.
    »Wann, glaubst du, mein lieber Moers, ist zuletzt jemand hier gewesen?«
    »So, wie’s aussieht, heute«, antwortete der junge Mann, nachdem er Alkoholspuren auf der Theke untersucht hatte, wo die angebrochene Flasche stand.
    Das war durchaus möglich. Das Haus stand schließlich jedem offen. Nur wussten dies die Vorübergehenden nicht. Wenn man geschlossene Läden sieht, kommt man kaum auf die Idee, am Türknopf zu drehen, um herauszufinden, ob die Tür verschlossen ist oder nicht.
    »Die suchen wohl etwas, wie?«
    »Das meine ich auch.«
    Vielleicht etwas nicht sehr Großes, wahrscheinlich ein Papier, denn man hatte sogar eine winzige Pappschachtel geöffnet, die Ohrringe enthalten hatte.
    Ein seltsames Abendessen war das gewesen, das Maigret und Moers da miteinander in dem Lokal abgehalten hatten. Maigret hatte den Kellner gespielt. Im Anrichteraum hatte er eine Wurst, Dosen mit Ölsardinen und Holländer-Käse entdeckt. Er war in den Keller hinuntergestiegen und hatte aus einem Fass dort einen dickflüssigen, bläulichen Wein abgezapft. Es standen zwar auch abgefüllte Flaschen dort, aber die hatte er nicht angerührt.
    »Bleiben Sie, Chef?«
    »Ja, ich denke schon. Wahrscheinlich wird heute Nacht niemand kommen, aber ich habe keine Lust, nach Hause zu gehen.«
    »Soll ich bei Ihnen bleiben?«
    »Danke, mein lieber Moers. Mir wäre es lieber, wenn du dich sofort an deine Analysen machtest.«
    Moers hatte nichts übersehen, nicht einmal die Frauenhaare in dem Kamm, der auf dem Toilettentisch im ersten Stock lag. Von draußen drangen nur wenige Geräusche herein, höchstens einmal Schritte vereinzelter Passanten oder, vor allem nach Mitternacht, ein paar Lastwagen, die, aus den Vororten kommend und zu den Markthallen fahrend, auf der Straße vorbeirumpelten.
    Maigret hatte seine Frau angerufen.
    »Wirst du dich auch bestimmt nicht wieder erkälten?«
    »Mach dir keine Sorgen. Ich habe Feuer angemacht. Und gleich mache ich mir einen Grog.«
    »Wirst du die ganze Nacht aufbleiben?«
    »Nein. Ich habe die Wahl zwischen einem Bett und einem Diwan.«
    »Sind die Laken sauber?«
    »In dem Wandschrank im Treppenhaus liegen saubere.«
    Fast hätte er wirklich das Bett mit frischen Laken bezogen und sich darin schlafen gelegt. Aber dann entschied er sich doch für den Diwan.
    Moers ging gegen ein Uhr

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