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Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Maigret - 43 - Hier irrt Maigret

Titel: Maigret - 43 - Hier irrt Maigret Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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gewartet hatte, eingetreten war.«
    »Haben Sie das Zimmer betreten, wo er sich hingelegt hatte?«
    »Ja.«
    »War er angekleidet?«
    »Wenn er sich im Krankenhaus hinlegt, behält er gewöhnlich die Kleider an. Er hatte nur seinen Rock ausgezogen und die Krawatte gelockert.«
    »Sie sind also zwischen halb neun und elf Uhr die ganze Zeit über am Bett des Kranken gewesen. So daß also Ihr Chef die Möglichkeit gehabt hätte, die Treppe hinunterzugehen und das Krankenhaus zu verlassen, ohne daß Sie es wußten?«
    Sie mußte das erwartet haben, denn er hatte dieselbe Frage schon im Krankenhaus Cochin gestellt und man hatte es ihr wahrscheinlich erzählt. Trotzdem sah er, wie sich ihre Brust erregt hob und senkte. Hatte sie schon eine Antwort parat?
    »Das ist ausgeschlossen, denn um Viertel nach zehn bin ich oben gewesen, um mich zu vergewissern, daß er nichts brauchte.«
    Maigret sah ihr in die Augen und sagte so schonend wie möglich:
    »Sie lügen, nicht wahr?«
    »Warum sagen Sie das?«
    »Weil ich fühle, daß Sie lügen. Hören Sie zu, Mademoiselle Decaux. Ich kann noch heute abend mit Leichtigkeit Ihr Tun und Treiben im Krankenhaus rekonstruieren. Sogar wenn Sie dem Personal dort eingeschärft haben, was es aussagen soll – irgend jemand wird bestimmt aus der Rolle fallen und mit der Wahrheit herausrücken. Sie sind nicht vor elf Uhr hinaufgegangen.«
    »Der Professor hat das Krankenhaus nicht verlassen.«
    »Woher wissen Sie das?«
    »Weil ich ihn besser kenne als irgend jemand sonst.«
    Sie deutete auf die Abendzeitung, die auf einem Tischchen lag.
    »Ich habe sie in Neuilly auf einem Tisch liegen sehen und gelesen. Warum haben Sie den Jungen wieder freigelassen?«
    Sie meinte Pierrot. Obwohl die Zeitung verkehrt lag, konnte Maigret von seinem Platz aus den Namen lesen.
    »Sind Sie so überzeugt, daß nicht er der Mörder ist?«
    »Ich bin von gar nichts überzeugt.«
    »Aber Sie haben den Professor im Verdacht, das Mädchen ermordet zu haben?«
    Statt einer Antwort fragte er:
    »Kannten Sie sie?«
    »Sie vergessen, daß ich Gouins Assistentin bin. Ich war dabei, als er sie operiert hat.«
    »Sie mochten sie nicht?«
    »Warum hätte ich sie hassen sollen?«
    Sie sah, daß er seine Pfeife in der Hand hielt, und sagte:
    »Sie können ruhig rauchen; es stört mich nicht.«
    »Stimmt es, daß zwischen Ihnen und dem Professor außer den beruflichen auch noch andere, intimere Beziehungen bestanden?«
    »Das hat man Ihnen also auch erzählt?«
    Sie lächelte ein wenig herablassend.
    »Sind Sie so bürgerlich, Monsieur Maigret?«
    »Das hängt davon ab, was Sie unter bürgerlich verstehen.«
    »Ich meine, ob Sie in Fragen der Moral sehr konventionell denken.«
    »Ich bin seit fast fünfunddreißig Jahren bei der Polizei, Verehrteste.«
    »Dann sprechen Sie bitte nicht von intimen Beziehungen. Wir hatten eine intime Beziehung, ja, und zwar war das unsere Zusammenarbeit. Alles übrige ist unwichtig.«
    »Das heißt also, daß Sie einander nicht lieben?«
    »Bestimmt nicht in dem Sinn, in dem Sie es verstehen. Es gibt keinen Menschen auf der Welt, den ich so bewundere wie Professor Gouin. Ich bemühe mich nach Kräften, ihm behilflich zu sein. Zehn, zwölf Stunden am Tag, oft noch mehr, weiche ich nicht von seiner Seite. Manchmal merkt er es gar nicht, so selbstverständlich ist es für uns beide geworden. Oft bleiben wir die ganze Nacht am Bett eines Kranken, um das Auftreten gewisser Symptome abzuwarten. Wenn er irgendwo in der Provinz oder im Ausland operieren muß, begleite ich ihn. Ich bezahle das Taxi, ich erinnere ihn an seine Verabredungen, und ich verständige seine Frau, wenn er nicht nach Hause kommen kann.
    Vor langer Zeit, ganz am Anfang, ist auch das geschehen, was normalerweise geschieht, wenn ein Mann und eine Frau dauernd zusammen sind.
    Er hat es nicht wichtig genommen. Mit den Krankenschwestern und mit vielen anderen Frauen hat er es genauso gemacht.«
    »Und Sie? Haben Sie es auch nicht wichtig genommen?«
    »Nicht im geringsten.«
    Sie sah ihm dabei fest in die Augen, als wollte sie ihn zum Widerspruch herausfordern.
    »Sind Sie nie verliebt gewesen?«
    »In wen?«
    »In irgendeinen Mann. In den Professor zum Beispiel.«
    »Nicht in dem Sinn, in dem Sie das verstehen.«
    »Aber Sie haben ihm Ihr ganzes Leben geopfert?«
    »Ja.«
    »Hat er Sie zu seiner Assistentin erwählt, als Sie Ihren Doktor gemacht hatten?«
    »Ich habe mich darum beworben. Ich hatte es mir von dem Augenblick an vorgenommen,

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