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Maigret und das Schattenspiel

Maigret und das Schattenspiel

Titel: Maigret und das Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Er war stolz, in seinem Alter noch Vater geworden zu sein.
    »Ich darf Sie bitten, leise zu sprechen, denn ich möchte diese Geschichte vor Madame de Saint-Marc geheimhalten. In ihrem Zustand wäre es bedauerlich, wenn … Aber was wollten Sie mich eigentlich fragen? Ich kannte diesen Couchet kaum … Ich bin ihm zwei- oder dreimal im Hof begegnet. Er gehörte einem jener Klubs an, die ich gelegentlich aufsuche, dem Club Haussmann. Aber offenbar ließ er sich dort nur selten sehen. Ich habe seinen Namen lediglich in dem Mitgliederverzeichnis gefunden, das vor kurzem herausgekommen ist. Ich glaube, er war ziemlich gewöhnlich, nicht wahr?«
    »Er stammte aus einfachen Verhältnissen. Er hatte es nicht leicht, das zu werden, was er geworden ist.«
    »Meine Frau hat mir erzählt, daß er ein Mädchen aus sehr gutem Hause geheiratet hat, eine ihrer früheren Internatsfreundinnen … Das ist ein Grund mehr, warum sie lieber nichts erfahren sollte. Und womit kann ich dienen?«
    Durch die großen Fenster blickte man auf die Place des Vosges, die ein leichter Sonnenstrahl belebte. In der Mitte des Platzes besprengten Gartenarbeiter den Rasen und die Blumenbeete. Lastwagen ratterten vorbei, von schwerfälligen Pferden gezogen.
    »Eine bloße Routinefrage … Ich weiß, daß Sie mehrfach, in Erwartung der Dinge, unruhig im Hof hin und her gegangen sind, was nur zu verständlich ist. Sind Sie dort jemandem begegnet? Haben Sie niemanden zum Büro hinten im Hof gehen sehen?«
    Monsieur de Saint-Marc dachte nach, während er mit einem Brieföffner spielte.
    »Warten Sie … Nein, ich glaube nicht. Ich muß gestehen, daß ich andere Dinge im Kopf hatte. Die Concierge dürfte eher in der Lage sein …«
    »Die Concierge weiß nichts …«
    »Und ich … nein! Oder doch … Aber das dürfte völlig bedeutungslos sein …«
    »Erzählen Sie es trotzdem.«
    »Irgendwann hörte ich Geräusche in der Nähe der Müllkästen. Ich hatte nichts Besseres zu tun. Ich ging hin und sah eine Mieterin aus dem zweiten Stock …«
    »Madame Martin?«
    »Ich glaube, so heißt sie, ja. Ich muß gestehen, daß ich meine Nachbarn kaum kenne … Sie wühlte in einem der Zinkbehälter … Ich weiß noch, daß sie zu mir sagte:
    ›Ein silberner Löffel ist aus Versehen in den Abfall gefallen.‹
    Ich fragte sie:
    ›Haben Sie ihn wiedergefunden?‹
    Und sie hat sogleich geantwortet:
    ›Ja! Ja!‹«
    »Was hat sie dann gemacht?« fragte Maigret.
    »Sie ist wieder in ihre Wohnung hinaufgegangen, mit eiligen Schritten. Sie ist eine kleine, nervöse Person, die es immer eilig zu haben scheint … Wenn ich mich daran so genau erinnere, so deshalb, weil wir einmal auf die gleiche Weise einen wertvollen Ring verloren hatten. Und das schönste war, daß ein Lumpensammler ihn bei der Concierge abgegeben hat. Er hatte ihn entdeckt, als er mit seinem Stocherhaken den Müll durchwühlte …«
    »Sie können mir nicht angeben, um wieviel Uhr dieser Vorfall war?«
    »Das wird schwierig sein … Warten Sie … Ich hatte nichts essen wollen. Aber um halb neun beschwor mich Albert, mein Kammerdiener, etwas zu mir zu nehmen … Und da ich mich weigerte, mich zu Tisch zu setzen, hat er mir im Salon einige Häppchen mit Anschovis serviert … Das war vor …«
    »Vor halb neun?«
    »Ja. So daß der Vorfall, wie Sie es nennen, sich kurz nach acht abgespielt haben dürfte … Aber ich glaube nicht, daß er irgendeine Bedeutung haben könnte. Welche Meinung haben Sie eigentlich über den Fall? Ich für meinen Teil kann einfach nicht glauben, was gerüchtweise erzählt wird, nämlich daß das Verbrechen von jemandem hier aus dem Haus begangen worden sein soll … Vergessen Sie nicht, daß jeder in den Hof hineinkommen kann … Ich werde den Hauseigentümer übrigens auffordern, dafür zu sorgen, daß das Eingangstor schon bei Anbruch der Dunkelheit geschlossen wird.«
    Maigret hatte sich erhoben.
    »Ich habe noch keine Meinung!« sagte er.
    Die Concierge brachte die Post, und da die Tür des Vorraums offengeblieben war, bemerkte sie plötzlich den Kommissar im Gespräch mit Monsieur de Saint-Marc.
    Arme Madame Bourcier! Sie war ganz erschüttert. Ihr Blick verriet tausend Ängste.
    Sollte Maigret sich erlauben wollen, die Saint-Marcs zu verdächtigen? Oder sie auch nur mit seinen Fragen zu belästigen?
    »Ich danke Ihnen, Monsieur … Und ich bitte Sie, die Störung zu entschuldigen.«
    »Eine Zigarre?«
    Monsieur de Saint-Marc hatte etwas von einem Grandseigneur an sich, mit

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