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Maigret und das Schattenspiel

Maigret und das Schattenspiel

Titel: Maigret und das Schattenspiel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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einer Spur herablassender Leutseligkeit, die mehr den Politiker als den Diplomaten verriet.
    »Ich stehe zu Ihrer vollen Verfügung.«
    Der Diener schloß die Tür. Maigret ging langsam die Treppe hinab und fand sich im Hof wieder, wo der Lieferbote eines Warenhauses vergeblich nach der Concierge suchte.
    In der Portiersloge waren nur ein Hund, eine Katze und die beiden Kinder, die damit beschäftigt waren, sich mit Milchsuppe zu beschmieren.
    »Ist eure Mama nicht hier?«
    »Sie kommt gleich zurück, Monsieur! Sie ist eben hochgegangen, um die Post zu verteilen.«
    In der unansehnlichsten Ecke des Hofes, in der Nähe der Loge, standen vier Zinkbehälter, in die die Mieter nach Anbruch der Dunkelheit einer nach dem anderen ihre Abfälle warfen.
    Morgens um sechs öffnete die Concierge das Eingangstor, und die Männer von der Müllabfuhr kippten den Inhalt der Behälter auf ihre Lastwagen.
    Diese Ecke war abends nicht beleuchtet. Die einzige Lampe im Hof befand sich auf der anderen Seite, über dem Treppenaufgang.
    Was hatte Madame Martin dort gesucht, ungefähr zur gleichen Zeit, als Couchet ermordet wurde?
    Hatte auch sie sich in den Kopf gesetzt, den Handschuh ihres Mannes wiederzufinden?
    »Nein!« knurrte Maigret, dem plötzlich etwas einfiel. »Martin hat den Abfall erst viel später heruntergebracht!«
    Was also hatte dies alles zu bedeuten? Die Sache mit dem verlorenen Löffel konnte nicht stimmen. Denn tagsüber waren die Mieter nicht berechtigt, irgend etwas in die leeren Behälter zu werfen!
    Was war es also, was die beiden gesucht hatten, einer nach dem andern?
    Madame Martin hatte sogar im Abfall herumgewühlt! Monsieur Martin war um die Behälter herumgestrichen und hatte dabei Streichhölzer angezündet!
    Und der Handschuh war am nächsten Morgen wieder aufgetaucht!
    »Haben Sie das Kind gesehen?« fragte eine Stimme hinter Maigret.
    Es war die Concierge, die von dem Sprößling der Saint-Marcs mit mehr Anteilnahme sprach als von ihren eigenen Kindern.
    »Sie haben Madame doch nichts gesagt? Sie darf auf keinen Fall erfahren …«
    »Ich weiß, ich weiß!«
    »Was den Kranz anbetrifft, ich meine den Kranz von den Mietern … Ich frage mich, ob man ihn heute an das Trauerhaus schicken soll, oder ob es üblich ist, ihn erst bei der Beerdigung niederzulegen … Die Angestellten waren auch sehr großzügig. Sie haben etwas über dreihundert Francs gesammelt.«
    Und zu dem Lieferboten gewandt:
    »Was gibt’s denn?«
    »Saint-Marc!«
    »Rechte Treppe. Erster Stock, gleich gegenüber. Aber läuten Sie leise!«
    Dann zu Maigret:
    »Sie ahnen nicht, wieviel Blumen sie geschickt bekommt! Sie wissen schon gar nicht mehr, wo sie sie hinstellen sollen. Den größten Teil hat man in die Zimmer der Dienstboten hinauftragen müssen … Wollen Sie nicht hereinkommen? Jojo, wirst du deine Schwester wohl in Ruhe lassen?«
    Der Kommissar sah immer noch zu den Müllkästen hinüber. Was, zum Teufel, konnten die Martins darin gesucht haben?
    »Stellen Sie sie morgens wie üblich auf den Bürgersteig?«
    »Nein! Seit mein Mann gestorben ist, geht das nicht mehr. Oder aber ich hätte jemanden anstellen müssen, denn die Kästen sind viel zu schwer für mich. Aber die Leute von der Müllabfuhr sind sehr freundlich. Ich biete ihnen von Zeit zu Zeit ein Gläschen Weißen an, und sie holen mir die Kästen aus dem Hof …«
    »So daß die Lumpensammler sie also nicht durchwühlen können!«
    »Das glauben Sie! Die kommen auch in den Hof. Manchmal sind sie zu dritt oder zu viert und veranstalten eine Mordsschweinerei.«
    »Vielen Dank!«
    Maigret ging wie geistesabwesend hinaus und vergaß, oder hielt es nicht mehr für nötig, die Büros der Firma Clouchet noch einmal aufzusuchen, wie er es sich heute morgen vorgenommen hatte.
    Als er am Quai des Orfèvres ankam, teilte man ihm mit:
    »Jemand hat Sie am Telefon verlangt. Ein Oberst …«
    Aber er hing noch immer seinen Gedanken nach. Er öffnete die Tür zum Inspektorenzimmer und rief:
    »Lucas! Mach dich gleich auf den Weg. Frage alle Lumpensammler aus, die gewöhnlich in der Umgebung der Place des Vosges zu finden sind. Wenn nötig, fährst du bis Saint-Denis, wo die Abfälle verbrannt werden …«
    »Aber …«
    »Ich möchte wissen, ob ihnen vorgestern in der Frühe irgend etwas Ungewöhnliches in den Müllkästen an der Place des Vosges Nr. 61 aufgefallen ist.«
    Er ließ sich in seinen Sessel fallen, und ein Wort klang ihm noch im Ohr: Oberst …
    Welcher Oberst? Er kannte

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