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Maigret und das Verbrechen in Holland

Maigret und das Verbrechen in Holland

Titel: Maigret und das Verbrechen in Holland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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peinlich es ihm war, einen einflußreichen Mann zu ve r dächtigen, der Rinder züchtete, die bis nach Australien exportiert wurden.
    »Wenn er gesehen hat, nicht wahr …«
    Maigret gab nicht nach.
    »Wenn er was gesehen hat?«
    »Hinter dem Holzhaufen … Beetje und der Lehrer …«
    »Ach so! Ja.«
    »Es ist ganz vertraulich …«
    »Natürlich! Aber Barens?«
    »Vielleicht hat er es auch gesehen. Er war vielleicht e i fersüchtig. Doch war er fünf Minuten nach dem Mord auf dem Schiff … Das verstehe ich nicht.«
    »Kurz«, sagte der Kommissar mit demselben Ernst, mit dem er bei Jean Duclos geredet hatte, »Sie verdäc h tigen Beetjes Vater und Cornelius, der in sie verliebt ist.«
    Verlegenes Schweigen.
    »Dann verdächtigen Sie Oosting, dessen Mütze in der Badewanne gefunden wurde.«
    Pijpekamp machte eine mutlose Handbewegung.
    »Dann natürlich den Mann, der im Eßzimmer eine Manila zurückgelassen hat … Wieviel Zigarrenläden gibt es in Delfzijl?«
    »Fünfzehn.«
    »Das erleichtert die Sache nicht gerade. Schließlich verdächtigen Sie Duclos …«
    »Wegen des Revolvers in seiner Hand. Ich kann ihn nicht abreisen lassen, verstehen Sie?«
    »Und ob ich verstehe!«
    Sie gingen ungefähr fünfzig Meter schweigend weiter.
    »Was meinen Sie?« murmelte schließlich der Groni n ger Polizeibeamte.
    »Das ist die Frage! Und da liegt genau der Unte r schied zwischen uns beiden! Sie, Sie meinen etwas! Sie meinen eine Menge Dinge! Während ich noch gar nichts meine.«
    Und plötzlich fragte er:
    »Kannte Beetje Liewens den Baes?«
    »Ich weiß nicht. Ich glaube nicht.«
    »Kannte Cornelius ihn?«
    Pijpekamp fuhr sich mit der Hand über die Stirn.
    »Vielleicht. Vielleicht auch nicht. Eher nicht. Ich kann es aber herausbekommen.«
    »Tun Sie das! Versuchen Sie herauszubekommen, ob sie vor der Tat irgendwelche Kontakte hatten.«
    »Sie meinen …?«
    »Ich meine überhaupt nichts! Noch eine Frage: Gibt es auf der Insel Workum Rundfunk?«
    »Das weiß ich nicht.«
    »Stellen Sie das fest.«
    Man hätte nicht sagen können, wie es dazu geko m men war, aber es existierte jetzt eine Art Hierarchie zw i schen Maigret und seinem Begleiter. Dieser betrachtete ihn ungefähr so, wie er einen Vorgesetzten betrachtet hätte.
    »Untersuchen Sie diese beiden Punkte! Ich muß noch einen Besuch machen.«
    Pijpekamp war zu höflich, um zu fragen bei wem, aber sein Blick verriet, daß er es zu gern gewußt hätte.
    »Bei Mademoiselle Beetje!« sagte Maigret. »Welches ist der kürzeste Weg?«
    »Entlang dem Amsteldiep.«
    Man konnte sehen, wie das Lotsenschiff von Delfzijl, ein schönes Schiff von fünfhundert Tonnen, eine Kurve auf der Ems beschrieb, bevor es in den Hafen einlief. Und wie der Baes langsam, mit schweren Schritten und kaum verborgener Unruhe auf Deck seines Schiffes hin und her ging, hundert Meter von den Kairatten en t fernt, die von der Sonne schläfrig waren.
    6
    Die Briefe
    E s war Zufall, daß Maigret nicht am Amsteldiep en t langging, sondern den Weg über die Felder ei n schlug.
    Der Bauernhof lag in der späten Vormittagssonne, und Maigret erinnerte sich an seine ersten Schritte auf holländischem Boden, an das junge Mädchen in seinen glänzenden Stiefeln in dem modernen Stall, an das gu t bürgerliche Wohnzimmer und die Teekanne unter dem Teewärmer.
    Es herrschte dieselbe Stille. Ganz in der Ferne, fast am Ende des unendlich weiten Horizonts schwebte ein gr o ßes rötliches Segel über die Wiesen und sah aus wie ein Geisterschiff, das über einen Rasenozean fuhr.
    Wie beim ersten Mal bellte der Hund. Es vergingen gut fünf Minuten, bis die Tür aufging, aber nur ein paar Zentimeter, gerade genug, daß Maigret das rote Gesicht und die karierte Schürze des Dienstmädchens erkennen konnte.
    Sie war drauf und dran, die Tür zu schließen, bevor er überhaupt den Mund aufgemacht hatte.
    »Mademoiselle Liewens?« sagte er.
    Der Garten lag zwischen ihnen. Die Alte blieb auf der Schwelle stehen, und der Kommissar stand hinter dem Zaun. Zwischen ihnen der Hund, der den Eindringling zähnefletschend beobachtete.
    Das Dienstmädchen schüttelte den Kopf.
    »Ist sie nicht da? Niet hier? «
    Maigret hatte ein paar Brocken Holländisch aufg e schnappt.
    Wieder Kopfschütteln.
    »Und Monsieur? Mijnheer? «
    Ein letztes Kopfschütteln, und die Tür schloß sich wieder. Aber da der Kommissar nicht gleich ging, ging die Tür wieder auf, diesmal nur ein paar Millimeter, und Maigret vermutete, daß die Alte ihn

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