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Maigret und das Verbrechen in Holland

Maigret und das Verbrechen in Holland

Titel: Maigret und das Verbrechen in Holland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Kleider zu ändern. Und vor allem sollte ich andere Bücher als Romane lesen! Aber sie ahnte nichts. Sie war es, die zu Conrad sagte, er solle mich nach Hause bringen!«
    Ein seltsames Lächeln huschte über Maigrets Gesicht.
    »Any ist ganz anders! Sie haben sie ja gesehen! Sie ist häßlich! Sie hat schiefe Zähne! Nie hat ihr ein Mann den Hof gemacht! Sie weiß es genau! Sie weiß, daß sie als alte Jungfer sterben wird. Und deshalb hat sie st u diert, wollte sie einen Beruf erlernen. Sie tut so, als ob sie die Männer haßt! Sie ist in Feministenvereinen!«
    Beetje wurde wieder lebhaft. Man spürte, wie endlich der alte Groll aus ihr herausbrach.
    »Also strich sie dauernd im Haus herum, um Co n rad zu überwachen. Weil sie dazu verurteilt ist, t u gendhaft zu bleiben, muß es jeder sein, verstehen Sie? Sie hat es geahnt, da bin ich sicher. Sie hat bestimmt versucht, ihren Schwager von mir abzubringen. Und auch Cornelius! Sie merkte genau, daß alle Männer mich ansahen, auch Wienands, der nie gewagt hat, mich anzuspr e chen, aber immer ganz rot wird, wenn ich mit ihm tanze. Se i ne Frau haßt mich deswegen auch! Vielleicht hat Any ihrer Schwester nichts gesagt, vielleicht doch. Vie l leicht war sogar sie es, die meine Briefe gefunden hat.«
    »Und wer war der Mörder?« fragte Maigret brutal.
    Sie stotterte.
    »Ich schwöre, ich weiß es nicht … Das habe ich d a mit nicht gesagt, aber Any ist ein boshaftes Frauenzi m mer! Ist es meine Schuld, wenn sie häßlich ist?«
    »Wissen Sie bestimmt, daß sie nie einen Liebhaber gehabt hat?«
    Ach! Das Lächeln, vielmehr das leise Lächeln Beetjes, dieses instinktiv triumphierende Lächeln einer bege h renswerten Frau, die eine häßliche Person aussticht.
    Man hätte glauben können, es handelte sich um kle i ne Pensionatsmädchen, die sich um irgendeine Lappalie stritten!
    »Jedenfalls nicht in Delfzijl!«
    »Haßte sie auch ihren Schwager?«
    »Ich weiß nicht … Das ist etwas anderes! Er gehörte zur Familie. Und gehörte ihr nicht die ganze Familie ein bißchen? Also mußte er überwacht und behütet we r den.«
    »Aber nicht getötet werden?«
    »Was denken Sie? Sie reden immer nur davon!«
    »Ich denke nichts! Antworten Sie! Wußte Oosting von Ihren Beziehungen zu Popinga?«
    »Hat man Ihnen das auch gesagt?«
    »Sie fuhren zusammen an Bord seines Schiffes zu den Sandbänken nach Workum. Ließ er Sie allein?«
    »Ja. Er saß am Steuer, an Deck.«
    »Und überließ Ihnen die Kajüte?«
    »Natürlich. Draußen war es frisch.«
    »Haben Sie ihn seitdem nicht wiedergesehen, seit Conrads Tod?«
    »Nein! Ich schwöre es.«
    »Hat er Ihnen nie den Hof gemacht?«
    Sie lachte gezwungen.
    »Er?«
    Und doch wollte sie beinahe schon wieder weinen vor Erregung. Madame Van Hasselt, die ein Geräusch g e hört hatte, steckte ihren Kopf durch den Türspalt, stammelte irgendwelche Entschuldigungen und ging wieder an ihre Kasse. Es herrschte Schweigen.
    »Glauben Sie wirklich, daß Ihr Vater imstande wäre, Sie zu töten?«
    »Ja. Er würde es tun.«
    »Also wäre er auch imstande gewesen, Ihren Liebh a ber zu töten …«
    Sie riß entsetzt die Augen auf und protestierte sofort:
    »Nein! Das ist nicht wahr! Papa hat nicht …«
    »Immerhin war er nicht da, als Sie am Abend des Verbrechens nach Hause kamen.«
    »Woher wissen Sie …?«
    »Er ist kurz nach Ihnen nach Hause gekommen, nicht wahr?«
    »Gleich danach. Aber …«
    »In Ihren letzten Briefen äußern Sie Ihre Ungeduld. Sie spürten, daß Conrad Ihnen entglitt, daß er vor dem Abenteuer zurückzuschrecken begann, daß er jedenfalls sein Heim niemals aufgeben würde, um mit Ihnen ins Ausland zu gehen.«
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Nichts! Ich habe nur etwas klargestellt. Ihr Vater wird sicher bald hier sein.«
    Sie schaute ängstlich um sich. Sie schien einen Fluch t weg zu suchen.
    »Sie brauchen keine Angst zu haben. Ich brauche Sie heute abend.«
    »Heute abend?«
    »Ja! Wir wollen das, was jeder am Abend des Verbr e chens getan hat, genau rekonstruieren.«
    »Er wird mich umbringen!«
    »Wer?«
    »Mein Vater!«
    »Ich bin da. Sie brauchen keine Angst zu haben.«
    »Aber …«
    Die Tür ging auf. Jean Duclos kam herein, machte sie heftig hinter sich zu, drehte den Schlüssel herum und kam mit geschäftiger Miene näher.
    »Vorsicht! Der Bauer ist hier! Er …«
    »Bringen Sie sie auf Ihr Zimmer.«
    »Auf mein …«
    »Auf meins, wenn Ihnen das lieber ist!«
    Man hörte Schritte auf dem Gang. In der Nähe des

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