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Maigret und das Verbrechen in Holland

Maigret und das Verbrechen in Holland

Titel: Maigret und das Verbrechen in Holland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georges Simenon
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Podiums führte eine Tür hinaus zum Dienstbotenei n gang. Dort gingen beide hinaus. Maigret drehte den Schlüssel herum und stand direkt vor dem Bauer Li e wens, der ihm über die Schulter schaute.
    »Beetje?«
    Wieder waren die Sprachschwierigkeiten im Spiel. Sie konnten sich nicht verständigen. Maigret konnte nichts anderes tun, als mit seinem breiten Körper den Bauern zurückhalten, Zeit gewinnen und vermeiden, daß sein Gegenüber in Wut geriet.
    Kurz darauf kam Jean Duclos wieder herunter und setzte eine gelassene Miene auf.
    »Sagen Sie ihm, daß er seine Tochter heute abend wiederbekommt, daß wir auch ihn für die Rekonstru k tion des Verbrechens brauchen.«
    »Muß das sein?«
    »Verflucht nochmal, übersetzen Sie, wenn ich es I h nen sage!«
    Duclos tat es mit süßlicher Stimme. Der Bauer scha u te beide an.
    »Sagen Sie ihm auch noch, der Mörder säße heute abend hinter Schloß und Riegel.«
    Auch das wurde übersetzt. Und dann konnte Maigret gerade noch aufspringen und Liewens überwältigen, der nach einem Revolver gegriffen und versucht hatte, ihn gegen seine Schläfe zu richten.
    Der Kampf war kurz. Maigret war so schwer, daß er seinen Gegner sofort bewegungsunfähig gemacht und entwaffnet hatte; dabei fiel ein Stapel Stühle, an den die beiden gestoßen waren, polternd um und verletzte den Kommissar an der Stirn.
    »Schließen Sie die Tür ab«, rief Maigret Duclos zu. »Es braucht niemand hereinzukommen.«
    Und schwer atmend stand er auf.
    9
    Der Lokaltermin
    D ie Wienands kamen als erste, genau um halb acht. In diesem Augenblick warteten im Festsaal des Hotels Van Hasselt nur drei Männer; jeder stand für sich und redete nicht mit den anderen: Jean Duclos, der ne r vös im Raum auf und ab ging; der Bauer Liewens, der griesgrämig und regungslos auf einem Stuhl saß; und Ma i gret, der mit der Pfeife im Mund am Klavier lehnte.
    Niemand hatte daran gedacht, die Lampen anzukni p sen. Eine einzige große Birne hing sehr hoch und ve r breitete ein trübes Licht. Die Stühle im Hintergrund waren aufeinandergestapelt außer der ersten Reihe, die Maigret wieder hatte aufstellen lassen.
    Auf dem kleinen leeren Podium ein Tisch mit einer grünen Decke und ein Stuhl.
    Die Wienands waren in Sonntagskleidung. Sie waren den brieflichen Anweisungen, die ihnen gegeben worden waren, gefolgt und hatten beide Kinder mitgebracht. Man spürte, daß sie in Eile zu Abend gegessen und das Eßzimmer unaufgeräumt zurückgelassen hatten, um pünktlich zu sein.
    Wienands nahm beim Hereinkommen den Hut ab, suchte jemand, den er begrüßen konnte, zog aber, nach einer Bewegung in Richtung auf den Professor, seine F a milie in eine Ecke und wartete schweigend. Sein Stehkr a gen war zu hoch, seine Krawatte schlecht gebu n den.
    Cornelius Barens kam ganz kurz darauf, so blaß und nervös, als ob er beim geringsten Anlaß wegrennen wol l te. Auch er suchte jemand, dem er sich anschließen oder zu dem er sich gesellen konnte, aber er traute sich nicht, zu jemandem hinzugehen, und lehnte sich an den Stapel Stühle.
    Inspektor Pijpekamp brachte Oosting mit, der Ma i gret anstarrte. Und dann kamen die letzten: Madame Popinga und Any, die schnell hereinkamen, eine Seku n de stehenblieben und zu der ersten Stuhlreihe gingen.
    »Lassen Sie Beetje herunterkommen!« sagte Maigret zum Inspektor. »Einer Ihrer Polizisten soll Liewens und Oosting bewachen. Sie waren am Abend des Dramas nicht hier. Wir brauchen sie erst nachher. Sie können hinten im Saal bleiben …«
    Als Beetje hereinkam, zuerst verwirrt, dann, beim Anblick von Madame Popinga und Any, sich in einer Aufwallung von Stolz unwillkürlich straffend, schienen alle einen Augenblick den Atem anzuhalten.
    Nicht weil es dramatisch war. Das war es nicht. Im Gegenteil, es war erbärmlich – diese Handvoll Me n schen in diesem großen leeren Saal, den eine einzige Lampe e r hellte!
    Nur mit Mühe konnte man sich vorstellen, daß ein paar Tage zuvor Leute, die Honoratioren von Delfzijl, dafür bezahlt hatten, sich auf einen dieser aufgestapelten Stühle setzen zu können, daß sie sich beim Herei n kommen für die hinteren Ränge in Pose gesetzt, sich z u gelächelt und Hände geschüttelt hatten und sich dann in Sonntagskleidung vor das Podium gesetzt und Jean Duclos’ Erscheinen beklatscht hatten.
    Es war genauso, als würde man sich dasselbe Scha u spiel plötzlich durch das entgegengesetzte Ende des Fernrohrs anschauen!
    Durch das Warten und die Ungewißheit über das

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